„Wir werden demnächst die ersten AIFs in der Blockchain sehen“

Foto: xpecto
Harald Elsperger, xpecto: "Der AIF wird aktuell noch zu 80 Prozent auf Papier gezeichnet, auch in Zeiten der Pandemie. Aus unserer Sicht ist das völlig unnötig und wird häufig durch einen bunten Mix an – oft konträren und internen – Rechtsmeinungen blockiert."

Digitalisierung ist nach wie vor ein Schwachpunkt vieler Sachwertanbieter. Die Pandemie hat den Druck erhöht, hier voranzukommen. Cash. fragte Harald Elsperger, Vorstand des IT-Dienstleisters Xpecto, nach Entwicklung und Fortschritten.

Inwieweit und in welchen Bereichen hat Corona die Digitalisierung der Sachwertbranche beschleunigt?

Elsperger: In den ersten Tagen der Pandemie ist der Auftragseingang bei uns stark angestiegen: Viele Häuser haben zuerst Themen aufgegriffen, die im Homeoffice funktionieren. Das waren die oft vernachlässigten Nebenthemen wie Meldeverfahren, Risikomanagement und Organisationsvereinfachungen.

Der „digitale Weg“ in der Verwaltung ist aus unserer Sicht nun ein „must have“. Verteiltes und transparentes Arbeiten ist mit Papier und Medienbrüchen nur schwer zu organisieren. Viele Firmen nutzen begeistert Microsoft Teams und auch vermeintliche Blockierer bekommen so Lust auf mehr Digitalisierung. Die Frage ist also nicht mehr, ob digitalisiert wird, sondern wie und wann.

Wie hat sich das Thema der elektronischen Zeichnung bei den alternativen Investmentfonds (AIFs) entwickelt?

Elsperger: Der AIF wird aktuell noch zu 80 Prozent auf Papier gezeichnet, auch in Zeiten der Pandemie. Aus unserer Sicht ist das völlig unnötig und wird häufig durch einen bunten Mix an – oft konträren und internen – Rechtsmeinungen blockiert.

Für die Bedenkenträger führen wir jetzt die „qualifizierte elektronische Signatur“ als neue Option ein. Damit ist die Onlinezeichnung auch rechtlich auf einer Ebene mit den Papieranträgen. Mit dieser Technik könnten auch Notare arbeiten, falls sich diese irgendwann der Digitalisierung stellen.

Das Platzierungsvolumen der Sachwertbranche ist 2020 im Publikumsgeschäft gegenüber dem Vorjahr um gut 20 Prozent gesunken. Inwieweit ist das nach Ihrer Einschätzung auch auf die vielfach noch immer nicht medienbruchfreie Zeichnung zurückzuführen?

Elsperger: Ich kann den Rückgang bei unseren Kunden aktuell nicht bestätigen, ein Großteil der Emittenten mit aktiven Produkten sind Kunden von uns. Wir sehen in den letzten Monaten wieder rege Produktplanung. Bei den neuen Produkten dominieren nachhaltige Themen und es gibt auch den Trend zu geringeren Renditen, aber auch geringeren Gebühren. Viele der neuen Produkte kann man ab wenigen Euro zeichnen. Einige Produkte legen zusätzlich ihr Anlegerregister in die Blockchain.

Die neuen Angebote richten sich häufig auch an jüngere Anleger. Für diese Zielgruppe muss es aber zwingend digital, frisch und nachhaltig sein. Wir haben zuletzt ein Pilotprojekt komplett für Mobiltelefone entwickelt. Wir sehen aktuell 40 Prozent Zugriffe von Mobiltelefonen, vor zwölf Monaten waren es erst 25 Prozent.

Im selben Zeitraum sind die Zugriffe insgesamt um 20 Prozent gestiegen. Das zeigt aus unserer Sicht zwei Dinge: Mehr Leute surfen mit dem Handy und mehr Leute interessieren sich für Sachwerte.

Welcher Rolle spielt die neue FinVermV, vor allem das „Taping“?

Elsperger: Wir begreifen Regulierung grundsätzlich als Chance. Das ist für einen Systemanbieter natürlich nicht verwunderlich. Taping kann man als Organisation eigentlich sehr gut integrieren: Es beginnt bei ganz einfachen Diensten, die mit Konferenzschaltungen arbeiten bis zu großen Lösungen, die in Telefonanlagen integriert werden.

Wichtig ist aus unserer Sicht die Zusammenfassung aller Informationen an einer Stelle und damit sind Schnittstellen für die Datenübertragung aus den Systemen Pflicht. Von der planerischen Seite ist die strengere FinVermV kein Problem. Die Anforderungen des Paragraf 32 KWG haben wir voll umgesetzt, solange die Regulierung nicht wesentlich über dieses Niveau hinausgeht, haben wir alles auf Lager.

Der extremste Bereich der Regulierung dürfte der neue ELTIF sein. Wir haben einen der ersten ELTIF jetzt voll elektronisch zeichenbar gemacht. Für diese Zeichnungsstrecke haben wir zusammen mit dem Kunden viele Themen neu gedacht und auch erfolgreich umgesetzt. Digital geht! Und zwar immer.

In dem geplanten Gesetz für elektronische Wertpapiere sind Publikums-AIFs bislang nicht vorgesehen. Welche Bedeutung hat die Blockchain-Technik trotzdem für das AIF-Geschäft?

Elsperger: Die Blockchain ist gekommen und wird bleiben. Natürlich ist die neue Technik nicht ohne Probleme und unerwünschte Begleiterscheinungen. Die Handelbarkeit ist dabei aber nur ein Aspekt. Schon die Transparenz des Anlegerregisters ist für alle Beteiligten ein großer Vorteil. Ich kann mir den Platzierungsstand und auch den Eigenanteil des Emittenten selbst einfach online ansehen. Jede Anteilsübertragung kann ich nachvollziehen und zwar immer.

Ich bin mir sicher, wir werden demnächst die ersten AIFs in der Blockchain sehen. Das Anlegerregister in der Blockchain ist für Xpecto-Kunden eine weitere Option in der Verwaltung. Die schnelle Handelbarkeit und damit die Einstufung als Wertpapier ist bei AIFs etwas komplexer, der Weg zur Transparenz steht aber allen Anlageprodukten offen.

Die Fragen stellte Stefan Löwer, Cash.

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