Bafin beantwortet 3 Fragen zur EU-Offenlegungsverordnung

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Die Bafin widmet sich in einem Papier den Unklarheiten der EU-Offenlegungsverordnung.

Bislang hatte die Bafin in einem Papier bereits die Frage geklärt, ob 34f-Vermittler Adressat der Offenlegungsverordnung sind. Jetzt hat die Bafin Antworten zu drei weiteren Fragen zu der Verordnung hinzugefügt.

Die Bafin bemüht sich offenbar Klarheit in die Auslegung der EU-Offenlegungsverordnung zu bringen, die mit März 2021 gilt. Bereits im April 2021 hatte die Bafin in einem Papier klargestellt, dass Finanzanlagevermittler gemäß Paragraf 34 Absatz 1 GewO kein Finanzdienstleistungsinstitut sind und mithin auch kein Wertpapierdienstleistungsunternehmen/keine Wertpapierfirma. „Somit sind sie nicht Adressat der OffenlegungsVO“, so die Behörde.

Jetzt hat die Bafin dieses Papier um drei weitere Fragen und Antworten ergänzt. Es geht um die Auslegung des Begriffs „promote“, um die Frage, ob jede Investition auf Konformität geprüft werden muss und zudem: Was passiert mit Bestandsverträgen?

Frage 2:

Die Europäische Kommission erläuterte in ihren Fragen und Antworten vom Juli 2021 (Seite 8) ihr Verständnis von „promote“ des Artikels 8 Offenlegungsverordnung der englischen Sprachfassung. Wie passt dieses Verständnis mit dem in der deutschen Sprachfassung verwendeten Wort „bewerben“ überein?

Antwort 2:

Die Europäische Kommission hat in ihrer Frage und Antwort vom Juli 2021 (Seite 8) zum Verständnis des Begriffs „promotion“ erklärt:

Aufgrund dessen kann „bewerben“ nicht mehr im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs „Werbung betreiben“ ausgelegt werden. Das Verständnis der Europäischen Kommission geht deutlich darüber hinaus.

Die BaFin legt „bewerben“ als „fördern“ aus, was zum einen eine alternative Übersetzung für das englische Wort „promote“ ist und zum anderen im Einklang mit dem Verständnis dieser Tatbestandsvoraussetzung des Artikel 8 Offenlegungsverordnung der Europäischen Kommission steht.

Diese Auslegung führt dazu, dass es für ein „promote“ nicht erforderlich ist, dass für ein Finanzprodukt Werbung betrieben wird, zum Beispiel in Form von Marketingmitteilungen oder Fernsehwerbung. Auch die Erfüllung gesetzlich vorgeschriebener Informationspflichten kann zu einem „promote“ führen. Dafür ist es aber nicht ausreichend, wenn ausschließlich Angaben zur Art und Weise getätigt werden, wie Nachhaltigkeitsrisiken im Sinne des Artikels 2 Nr. 22 Offenlegungsverordnung bei Investitionsentscheidungen einbezogen werden (vergleiche Artikel 6 Abs. 1 Offenlegungsverordnung sowie die oben genannte Frage und Antwort der Europäischen Kommission).

Das „Fördern“ muss zielgerichtet erfolgen und nach außen kommuniziert werden. Dem Fördern können aktive oder passive Anlagestrategien zugrunde liegen. Ein „Fördern“ liegt grundsätzlich jedoch nicht bereits bei einem reinen „Investiert sein“ in z.B. (ökologisch) nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten vor.page3image746191920page3image745558960

Frage 3:

Muss jede einem Finanzprodukt zugrundeliegende Investition zwingend auf Taxonomie- Konformität geprüft werden? Wie ist die Frage und Antwort der Europäischen Kommission vom Mai 20222 (ab Seite 9, insbesondere Seite 10) zur Angabepflicht einer Taxonomie-Quote nach Artikel 6 Taxonomieverordnung diesbezüglich zu verstehen?

Antwort 3:

Nach Einschätzung der Bafin ergibt sich aus der Antwort der Europäischen Kommission keine Pflicht, jede einem Finanzprodukt zugrundeliegende Investition auf „Taxonomie-Konformität“ hin zu prüfen und entsprechende Daten sammeln zu müssen. Klargestellt hat die Europäische Kommission zwar, dass für ein Finanzprodukt, das unter Artikel 8 Offenlegungsverordnung fällt und ökologische Merkmale fördert, stets die Publizitätspflichten nach Artikel 6 in Verbindung mit Artikel 5 Taxonomieverordnung zu erfüllen sind – und damit auch die Taxonomie-Quote – anzugeben ist. Diese Pflicht besteht auch unabhängig davon, ob dieses Produkt eine Verpflichtung zu einem Mindestanteil nachhaltiger Investitionen im Sinne des Artikel 2 Nr. 17 Offenlegungsverordnung umfasst. Dieser Ausweis der Taxonomie-Quote kann nach Ansicht der Bafin aber auch regelmäßig den Wert „Null“ haben.

Bei der Formulierung der EU-Kommission dazu bleibt aus Sicht der Bafin unklar, ob eine Investition mit „Null“ im Zähler der Taxonomie-Quote anzusetzen ist, wenn entweder gar keine Daten erhoben werden (Alternative 1) oder wenn die zumutbaren Anstrengungen zur Datenermittlung teilweise oder vollständig erfolglos waren (Alternative 2).

Die Bafin hält die Alternative 1 („keine Daten erhoben“) für grundsätzlich vertretbar. Durch dieses Verständnis wird den Finanzmarktteilnehmern, vor allem, wenn sie sich mit einem Finanzprodukt nicht zu ökologisch nachhaltigen Investitionen im Sinne des Artikels 2 Nr. 1 Taxonomieverordnung verpflichtet haben, die Entscheidungsfreiheit belassen, welchen Aufwand sie für die Angabe einer höheren Taxonomie-Quote betreiben wollen. Entsprechendes sollte bei einer Selbstverpflichtung für eine Mindestquote gelten, sofern diese erreicht ist. Durch diese Vorgehensweise wird eine gegebenenfalls geringere Taxonomie-Quote ausgewiesen als tatsächlich vorhanden. Daher sieht die BaFin hier auch keine Gefahr eines Greenwashings.

Frage 4:

Die Europäische Kommission hat mit der Frage und Antwort zu Bestandsverträgen vom Mai 2023 (Seite 6) zur Behandlung von Finanzprodukten, deren Vertrieb vor dem 10.03.2021 eingestellt wurde, klargestellt, dass für diese Bestandsverträge die Transparenzpflichten der Artikel 10 und 11 Offenlegungsverordnung zu erfüllen sind.

a) Die Antwort der Europäischen Kommission bezieht sich auf eine Frage, die nicht auf die zusätzlichen Offenlegungspflichten der Artikel 8 und 9 Offenlegungsverordnung eingeht. Bedeutet die Antwort der Europäischen Kommission, dass für alle Bestandsverträge die Offenlegungspflichten der Artikel 10 und 11 Offenlegungsverordnung gelten?

b) Viele Finanzmarktteilnehmer haben keine Vorbereitungen für eine Offenlegung der Bestandsverträge getroffen, deren Vertrieb vor dem 10.03.2021 eingestellt wurde, da sie im Einklang mit dem reinen Wortlaut davon ausgegangen sind, dass die produktbezogenen Offenlegungspflichten nicht für diese Bestandsverträge gelten. Sieht die BaFin Raum für eine generelle Umsetzungsfrist?

c) Sind für Bestandsverträge – unabhängig davon, wann deren Vertrieb eingestellt wurde – die vorvertraglichen Offenlegungspflichten der Artikel 6 und 7 und gegebenenfalls Artikel 8 oder 9 Offenlegungsverordnung nachträglich zu erfüllen?

Antwort 4:

a) Die Europäische Kommission geht in ihrer Antwort nicht auf die Tatbestandsvoraussetzungen der Artikel 10 und 11 Offenlegungsverordnung ein. Daraus und aus dem fehlenden Bezug auf Artikel 8 und 9 Offenlegungsverordnung der Frage, die die Europäische Kommission beantwortet, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass für alle Bestandsverträge, deren Vertrieb vor dem 10.03.2021 eingestellt wurde, die Artikel 10 und 11 Offenlegungsverordnung zu erfüllen sind. Diese Verpflichtung betrifft nach Auslegung der Europäischen Kommission zu den Bestandsverträgen nur diejenigen, die die Tatbestandsvoraussetzungen des Artikel 8 oder 9 Offenlegungsverordnung erfüllen. Maßgeblicher Zeitpunkt für diese Beurteilung sind die Umstände zum Zeitpunkt der Vertriebsphase.

b) Auch wenn nur für die Bestandsverträge mit Angaben zur Nachhaltigkeitswirkung im Sinne von Artikel 8 oder 9 Offenlegungsverordnung, deren Vertrieb vor dem 10.03.2021 eingestellt wurde, die Offenlegungspflichten nach Artikel 10 und 11 Offenlegungsverordnung zu erfüllen sind, muss grundsätzlich bei allen Bestandsverträgen, auf die sich die Frage bezieht, untersucht werden, ob in der Vertriebsphase Angaben zur Nachhaltigkeitswirkung gegenüber dem Kunden, zum Beispiel auf der Homepage, in Vertragsbedingungen, in vorvertraglichen Informationen oder mit klassischen Werbemitteln, getätigt wurden. Für diese Analyse müssten Finanzmarktteilnehmer die archivierten Unterlagen „verfügbar machen“, durchlesen und bestimmen bzw. entscheiden, ob eventuelle damalige Angaben mit ESG-Bezug heute die Tatbestandsvoraussetzungen der Artikel 8 oder 9 Offenlegungsverordnung erfüllen.

Es erscheint sachgerecht, wenn Finanzmarktteilnehmer für Bestandsverträge, die seit mehr als zehn Jahren vor dem Erstanwendungszeitpunkt der Offenlegungsverordnung, also seit dem 10.03.2011, nicht mehr vertrieben wurden, pauschalierte Annahmen ihrer Analyse zugrunde legen, sofern ihnen keine gegenteiligen Erkenntnisse bekannt sind.

Vor dem Hintergrund der fehlenden Vorbereitung infolge einer für die Branche überraschenden Auslegung der Europäischen Kommission wird die BaFin den Umsetzungsaufwand und den damit verbundenen Zeitbedarf im Einzelfall bei ihrer aufsichtlichen Beurteilung angemessen berücksichtigen.

c) Nach Ansicht der BaFin bestehen bei Finanzprodukten, die nicht mehr vertrieben werden, nach der Offenlegungsverordnung – unbeschadet anderer Rechtsvorschriften – keine vorvertraglichen Offenlegungspflichten. Bei nicht mehr vertriebenen Finanzprodukten – unabhängig davon, wann deren Vertrieb eingestellt wurde – besteht keine vorvertragliche Aufklärungssituation mehr, in der (aktualisierte) vorvertragliche Nachhaltigkeitsangaben den potentiellen Endanleger erreichen. Die BaFin geht davon aus, dass dies für die Europäische Kommission offensichtlich ist und sich die Antwort dementsprechend auf die zu erfüllenden Pflichten konzentriert.

Hinweis:

Die Antworten der BaFin stehen insbesondere unter dem Vorbehalt einer künftigen, eventuell anders ausfallenden Auslegung durch die Europäische Kommission oder durch den Gemeinsamen Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden.

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