Der Multiplikator ist nicht alles

In dynamischen Wohnimmobilienmärkten setzen professionelle Investoren beim Objekterwerb immer weniger auf den Multiplikator, der anzeigt, zum Wievielfachen der Jahresmiete eine Immobilie ge- beziehungsweise verkauft wird, sondern zunehmend auf mögliche Mietsteigerungs- und Lageentwicklungspotenziale

Gastkommentar: Jürgen Michael Schick, IVD.

Jürgen Michael Schick, IVD
Jürgen Michael Schick, IVD

Ein wichtiger Indikator beim Erwerb einer Immobilie ist der sogenannte Multiplikator. Ähnlich wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei Aktien gilt der Vervielfältiger als wichtiger Hinweis dafür, ob eine Immobilie teuer oder günstig ist. Zunehmend ist jedoch in manchen Märkten für Wohnimmobilien – beispielsweise in Berlin – zu beobachten, dass professionelle Investoren weniger auf diesen Multiplikator achten als auf mögliche Mietsteigerungs- und Lageentwicklungspotenziale.

Ein einfaches Zahlenbeispiel soll verdeutlichen, warum der Multiplikator insbesondere in dynamischen Mietmärkten nur eine beschränkte Aussagekraft hat und als Kriterium beim Erwerb einer Immobilie nicht überbewertet werden sollte: Ein Zinshaus in Berlin-Neukölln wurde kürzlich zum 16-fachen verkauft, was auf den ersten Blick teuer erscheint, da solche Multiplikatoren nicht für einfache, sondern eher für gute Lagen charakteristisch sind.

Der Käufer war sich dessen durchaus bewusst, erwarb das Zinshaus aber dennoch, weil die Ist-Miete mit 4,50 Euro deutlich unter der mittelfristig bei Neuvermietung erzielbaren Miete von etwa sechs Euro lag. Die Immobilie kostete 1,6 Millionen Euro bei 100.000 Euro Mieteinnahmen. Gelingt es künftig tatsächlich, die Miete von 4,50 auf sechs Euro anzuheben, dann bedeutet das eine Mietsteigerung von 33 Prozent, es kann dann also eine Jahresmiete von 133.000 Euro erzielt werden. Der Multiplikator läge dann bei zwölf, was für ein Haus in dieser Lage beim derzeitigen Marktniveau durchaus günstig ist.

Umgekehrt gilt: Hätte der Investor ein Haus in ähnlicher Lage zum 14-fachen erworben – scheinbar also viel „günstiger“ – und betrüge die Miete jedoch in diesem Fall bereits sechs Euro, dann hätte er in Wahrheit teurer gekauft als derjenige Erwerber, der das 16-fache bezahlte.

Seite 2: Hoher Multiplikator heißt nicht gleich „teuer“

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