„Ewiges Widerrufsrecht“: BGH präzisiert Anforderungen an Kreditverträge

Eine Widerrufsbelehrung zu einem Immobiliendarlehen ist nicht schon deshalb unwirksam, weil sie den Beginn der Frist für den Widerruf von der Mitteilung bestimmter Angaben abhängig macht. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag im schriftlichen Verfahren entschieden, wie in Karlsruhe mitgeteilt wurde.

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Derzeit laufen verschiedene Gerichtsverfahren, in denen es um die vorzeitige Kündigung von Immobiliendarlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrungen geht.

Der BGH hat heute darüber entschieden, unter welchen Voraussetzungen der Darlehensgeber einen Verbraucher als Darlehensnehmer klar und verständlich über den Beginn der Widerrufsfrist informiert.

Die Kläger schlossen als Verbraucher im August 2010 mit der beklagten Sparkasse einen Immobiliardarlehensvertrag mit einer Laufzeit bis zum 30. November 2026, die Verzinsung wurde für zehn Jahre festgeschrieben. Die Sparkasse erteilte unter Nummer 14 des Darlehensvertrags eine Widerrufsinformation, die unter anderem folgenden Satz enthielt:

„Die Frist [gemeint: die Widerrufsfrist] beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach Paragraf 492 Abs. 2 BGB (z.B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, Angabe der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat“.

Mit Schreiben vom 29. August 2013 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.

BGH verweist zurück an das Berufungsgericht

Ihre Klage auf Feststellung, dass sie der Sparkasse „aus dem widerrufenen Darlehensvertrag“ nicht die volle Darlehenssumme schulden sowie auf Leistung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten wies das Landgericht ab. Die dagegen gerichtete Berufung wurde vom Berufungsgericht zurückgewiesen.

Der XI. Zivilsenat des BGH hat nun das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Dabei waren laut BGH im Wesentlichen folgende Überlegungen leitend:

+ In Übereinstimmung mit einem Senatsurteil vom Februar 2016, das dasselbe Formular des Deutschen Sparkassenverlags betraf, habe das Berufungsgericht geurteilt, die äußere Gestaltung der Widerrufsinformation habe den gesetzlichen Anforderungen genügt.

+ Im Ergebnis zu Recht sei das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, die Widerrufsinformation sei inhaltlich klar und verständlich gewesen. Die Wendung, die Widerrufsfrist beginne „nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach Paragraf 492 Abs. 2 BGB erhalten hat“, informiere für sich klar und verständlich über den Beginn der Widerrufsfrist.

+ Die von der beklagten Sparkasse zur Erläuterung des Verweises auf Paragraf  492 Abs. 2 BGB in einem Klammerzusatz angefügten Beispiele entsprächen nicht den gesetzlichen Vorgaben. Sie benannten“Pflichtangaben“ zum Verfahren bei der Kündigung des Vertrags und der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde, die für den Immobiliardarlehensvertrag der Kläger nicht zutrafen.

+ In der Angabe dieser beiden zusätzlichen Pflichtangaben lag indessen das von den Klägern angenommene vertragliche Angebot der Beklagten, das Anlaufen der Widerrufsfrist von der zusätzlichen Erteilung dieser beiden Angaben im Immobiliardarlehensvertrag abhängig zu machen.

Das Berufungsurteil habe gleichwohl keinen Bestand, weil die Sparkasse im Immobiliardarlehensvertrag keine Angaben zu der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde gemacht und damit nicht sämtliche Bedingungen erfüllt habe, von denen sie selbst das Anlaufen der Widerrufsfrist abhängig gemacht habe.

Das Berufungsgericht wird laut BGH nach Zurückverweisung der Sache nunmehr der Frage nachzugehen haben, ob sich die Kläger im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerrufsrechts rechtmissbräuchlich verhalten haben und welche Rechtsfolgen der Widerruf der Kläger – seine Wirksamkeit unterstellt – hat. (dpa-AFX/BGH/kl)

Foto: Shutterstock

 

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