Prozess gegen Ex-HRE-Chef Funke beginnt

Einige Folgen der letzten weltweiten Finanzkrise sind auch in Europa immer noch nicht überwunden. In München steht nun derjenige Banker vor Gericht, der in Deutschland als „Gesicht der Krise“ galt.

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Der Prozess gegen Georg Funke, den Vorstandschef der Immobilienbank Hypo Real Estate hat heute am Landgericht München begonnen.

Am Landgericht München hat der Strafprozess gegen den früheren Vorstandschef der Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE), Georg Funke, begonnen.

Die HRE war in der globalen Finanzkrise 2008/2009 beinahe zusammengebrochen und musste mit staatlichem Geld gerettet werden. Das Verfahren gegen Funke wegen dessen Rolle im größten deutschen Schadenfall der damaligen Krise hatte sich jahrelang verzögert.

Nun eröffnete die fünfte Strafkammer des Münchner Landgerichts den Prozess. Ebenfalls angeklagt ist der ehemalige HRE-Finanzvorstand Markus Fell.

Prozess dauert mindestens sechs Monate

Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden Managern vor, Bilanzen geschönt zu haben. Funkes Anwalt will für einen Freispruch kämpfen, mögliche Höchststrafe für seinen Mandanten sind drei Jahre Gefängnis. Fell steht zudem wegen mutmaßlicher Marktmanipulation vor Gericht. Der Prozess wird voraussichtlich mindestens ein halbes Jahr dauern, es wurden bereits Prozesstage bis in den Herbst terminiert.

Die HRE war 2008 in Schieflage geraten. Da die Bank wegen ihrer Größe und weitreichenden Verzweigung als „systemrelevant“ galt, sprang der Bund bis 2010 mit 9,8 Milliarden Euro an Finanzhilfen und weiteren 124 Milliarden Euro an Bürgschaften ein.

Expansion in Krisenzeit

Entscheidender Faktor bei dem Beinahe-Kollaps war eine große Expansion zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt. Im Herbst 2007 – mehrere Monate nach den ersten Anzeichen der Finanzkrise – hatte die HRE für mehr als fünf Milliarden Euro die in Irland ansässige Pfandbriefbank Depfa gekauft.

Die Depfa verlieh sehr langfristig Geld an ihre Kunden, refinanzierte sich jedoch mit kurzfristigen Krediten. Als die US-Investmentbank Lehman Brothers dann im Herbst 2008 kollabierte, kam die wechselseitige Kreditvergabe der Banken zum Erliegen – der HRE ging quasi über Nacht das Geld aus. Später geriet auch ihr ursprüngliches Immobiliengeschäft in Schwierigkeiten.

2009 wurde die HRE notverstaatlicht und anschließend zerschlagen. Die eigens dafür gegründete staatliche „Bad Bank“ FMS übernahm einen Berg fauler Wertpapiere. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums beliefen sich die Forderungen und Verbindlichkeiten der FMS im vergangenen Sommer immer noch auf 183 Milliarden Euro. Die Abwicklung könnte Jahrzehnte dauern.

Funke sieht sich als Opfer

Funke bestreitet den Vorwurf, Bilanzen frisiert zu haben. Er sieht sich selbst als Opfer. Der Banker war nach seinem Sturz zunächst nach Mallorca umgesiedelt, um die Öffentlichkeit in Deutschland zu meiden.

Sowohl die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft als auch die Zulassung der Anklage dauerten Jahre. Zuerst war wegen Untreuverdachts ermittelt worden. Das hätte bedeutet, dass Funke der von ihm geleiteten Bank absichtlich geschadet hätte. Diesen Vorwurf hat die Staatsanwaltschaft aber nicht aufrecht erhalten. Sechs weitere ehemalige HRE-Manager sind gegen die Zahlung von Geldauflagen bereits vergleichsweise glimpflich davongekommen. (dpa-AFX)

Foto: Shutterstock

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