Baufertigstellungen: „Tropfen auf den heißen Stein“

Die Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft bemängeln den Anstieg der Baufertigstellungen im vergangenen Jahr als unzureichend. Um dem Wohnungsmangel nachhaltig entgegen zu wirken, müssten dringend eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt werden, so die Branchenvertreter.

Nach aktueller Mitteilung des Statistischen Bundesamtes wurden in Deutschland im Jahr 2017 insgesamt 284.800 Wohnungen fertig gestellt. Im Vergleich zum Vorjahr seien dies 2,6 Prozent beziehungsweise 7.100 fertig gestellte Wohnungen mehr. Eine höhere Zahl an fertig gestellten Wohnungen habe es zuletzt im Jahr 2002 gegeben (289.600 Einhheiten).

„Der Anstieg der Baufertigstellungen ist leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, kommentiert Dr. Andreas Mattner, Präsident des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss. „Das Niveau bleibt insgesamt weit unter den Zahlen, die notwendig sind, um das Problem der angespannten Immobilienmärkte in den Griff zu bekommen. Die Situation kann nur verbessert werden, wenn Genehmigungsprozesse verschlankt und beschleunigt werden.“ Kreative und technologisch gestützte Maßnahmen wie etwa digitale Baugenehmigungen seien gefordert. Darüber hinaus müssten die Maßnahmen zur Baukostensenkung vorangetrieben und das Personal in den Bauabteilungen der Kommunen erhöht werden.

Neubauziele in weiter Ferne

„Die Bilanz beim Wohnungsbau erlaubt keine Entwarnung“, unterstreicht auch Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW. „Das Ziel, den Neubaubedarf von 400.000 Wohnungen jährlich insbesondere in den Ballungsräumen zu decken, rückt in immer weitere Ferne. Die Politik muss endlich den Neubaumotor anwerfen. Dazu müssen die stetig steigende Auflagenflut beendet und die dringend notwendigen Anreize für mehr bezahlbaren Wohnraum endlich geschaffen werden. Alle von der Baukostensenkungskommission bereits identifizierten Maßnahmen müssen jetzt dringender denn je umgesetzt werden, damit die Neubaumieten wieder für alle bezahlbar werden.“

BFW: Fertigstellungen werden wieder zurückgehen

„Der geringe Anstieg der Baufertigstellungszahlen zeigt, dass ein Ende der Wohnungsknappheit nicht absehbar ist. Zudem zeigen mehrere Indikatoren: Der Anstieg ist voraussichtlich nur noch von kurzer Dauer“, kommentiert BFW-Präsident Andreas Ibel die Baufertigstellungszahlen des Jahres 2017.

Ibel verweist auf den zeitlichen Verzug von zwei bis drei Jahren, mit denen die Baufertigstellungszahlen der Entwicklung der Baugenehmigungen folgen. Diese zeitliche Differenz entspreche der Bauzeit der genehmigten Gebäude. „Da die Baugenehmigungen des Jahres 2017 um 7,3 Prozent gesunken sind, werden auch die Baufertigstellungszahlen zwangsläufig wieder zurückgehen“, so Ibel.

Dieser Rückgang werde sich voraussichtlich in wenigen Jahren abbilden, wenn der derzeitige Überhang an genehmigten, aber noch nicht fertig gebauten Projekten abgearbeitet sei. Der Überhang sei auch durch Vorzieheffekte durch die Einführung der EnEV 2016 bedingt, die zu einem starken Anstieg der Baugenehmigungszahlen beim Jahreswechsel 2015/16 geführt habe.

Positive Signale aus dem Bauministerium

Ein weiterer Indikator sei die aktuelle Umfrage unter den BFW-Mitgliedsunternehmen, die für rund 50 Prozent des Wohnungsneubaus in Deutschland zuständig seien. „60 Prozent der BFW-Unternehmen haben festgestellt, dass sich die Rahmenbedingungen für den Neubau im vergangenen Jahr verschlechtert haben. Auf dieser Datenbasis lautet die Prognose des BFW-Neubauradars, dass der Anstieg der Baufertigstellungen nur noch von kurzer Dauer ist.“ Das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel von jährlich 375.000 neuen Wohnungen werde demnach nicht annähernd erreicht.

Ibel verweist jedoch auch auf positive Signale aus dem Bundesbauministerium: „Die Einführung des Baukindergeldes und der Sonderabschreibung sind wichtige Schritte, um den Neubau anzukurbeln. Vor allem aber hat Bundesbauminister Horst Seehofer signalisiert, die Empfehlungen der Baukostensenkungskommission anzupacken. Nur so kann Bauen wieder einfacher, schneller und kostengünstiger werden.“ Das seien die zentralen Voraussetzungen für eine nachhaltige Trendwende. (bk)

Foto: Shutterstock

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