„Isolierte Banken-Schelte ist zu kurz gesprungen“

Die deutsche Wirtschaft wird für dieses und das kommende Jahr mit positiven Vorzeichen versehen und auch Europa scheint auf Konsolidierungskurs. Cash. sprach mit Professor Dr. Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, über Konjunktur, Banken und das Dilemma der Niedrigzinsphase.

„In Europa sehen wir ein Herausrobben – gesamtwirtschaftlich zumindest – aus den schwierigen Jahren zuvor.“

Cash.: Das IW hat jüngst ein Wachstum von 1,75 für 2014 und zwei Prozent im kommenden Jahr für Deutschland prognostiziert, gleichzeitig aber auch auf unkalkulierbare Gefahren hingewiesen. Wo liegen diese?

Hüther: Wir haben in der Konjunkturanalyse versucht deutlich zu machen, dass wir auf der einen Seite ein Unbestimmtheitsgefühl haben. So sind die Vorlaufindikatoren, die Einschätzungen der deutschen Wirtschaft und auch für Europa sehr günstig und das Tal der Jahre 2011/2012 sowie 2012/2013 wurde deutlich hinter uns gelassen.

Doch obgleich der Blick nach oben gerichtet ist, bleibt es relativ unklar, was eigentlich Basis eines nachhaltigen Aufschwungs ist. Denn es bleibt offen, was die Treiber des Wachstums sind oder welche technischen Veränderungen es gibt. Der Konjunkturaufschwung aus sich heraus weist doch eine deutliche Instabilität auf.

Darüber hinaus gibt es Risiken, die wir im Land selbst verursachen. Zu nennen ist hier vor allem die wenig sachdienliche Wirtschaftspolitik, die an einer Verbesserungen der Rahmenbedingungen im negativen Sinne weiter arbeitet. Hinzu kommt als Teilaspekt das Energiethema, mit seiner zentralen Rolle für die Industrieökonomie. Es wurde zwar ein Beschluss gefasst, dieser ändert jedoch nichts Grundlegendes, was in diesem System an Fehlsteuerungen enthalten ist.

Welche außenpolitischen Einflussfaktoren gibt es?

Hier ist natürlich die Verunsicherung im Rahmen der Ukraine-Krise zu nennen. Allerdings ist es schwierig, als Ökonom eine Prognose über Ereignisse zu geben, die politisch oder diplomatisch motiviert sind. Dennoch wirkt hier zweifellos ein Verunsicherungsmomentum. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Wirtschaftspolitik im eigenen Lande umso mehr aufgefordert ist, eine Erwartungsstabilisierung im Positiven zu betreiben.

Wie weit sind wir von einem selbsttragenden Aufschwung entfernt?

Neben der bereits erwähnten innenpolitischen Komponente gibt es aber auch eine globale. Wir sehen schon, dass in den Industrieländern überall die Zeichen nach oben gerichtet sind. Beispielsweise scheint die amerikanische Volkswirtschaft wieder auf einen etwas stabileren Wachstumstrend um drei Prozent einzuschwenken, was für die Weltwirtschaft eine ganz zentrale Botschaft ist.

Und auch in Europa sehen wir ein Herausrobben – gesamtwirtschaftlich zumindest – aus den schwierigen Jahren zuvor. Die Emerging Markets hingegen treten etwas in den Hintergrund.

Seite zwei: „China bleibt das große Thema“

1 2Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments