„China hat viele Möglichkeiten gegenzusteuern“

Die Börsenplätze weltweit werden durch die Entwicklung in China in Mitleidenschaft gezogen. Wie wichtig ist China tatsächlich für die Weltwirtschaft, sodass die gegenwärtigen nachvollziehbar werden?

Die chinesischen Aktienmärkte selbst sind von vergleichsweise geringer Bedeutung. Allerdings hat die Korrektur am chinesischen Aktienmarkt zu heftigen Reaktionen auch an anderen Börsen geführt. In der Folge wurden Risikokontrollen ausgelöst und Positionen abgebaut, so dass sich die Korrektur zum Teil selbst verstärkte. Fundamentaldaten können in einer solchen Phase an Bedeutung verlieren. China ist ein bedeutender Wachstumsmarkt, das dortige verarbeitende Gewerbe hat allerdings schon länger mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Dass die gesamtwirtschaftlichen Wachstumsraten nach Jahren des Booms zurückgehen, war zu erwarten. Für einzelne Branchen auch in Europa wie Automobile ergeben sich wegen der Bedeutung Chinas als Absatzmarkt aber durchaus negative Effekte. Unterdessen haben sich die zugrundeliegenden Daten in anderen wichtigen Regionen kaum verändert. Die Konsumentennachfrage in den USA wird von einem robusten Arbeitsmarkt, geringer Inflation und einem sich verbessernden Immobilienmarkt gestützt. Die Wirtschaft in der Eurozone wird durch eine Kombination von günstigem Öl und einer aggressiven expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank unterstützt.

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Voraussichtlich wird uns China noch längere Zeit beschäftigen. Wie sollten sich Anleger in Bezug auf ihre Aktien- und Anleihenengagements in den kommenden Monaten positionieren?

Der Kurssturz erinnert daran, wie wichtig ein gut diversifiziertes globales Portfolio ist. Vor dem Hintergrund des immer noch positiven gesamtwirtschaftlichen Umfeldes sollten risikoreiche Anlagen wie Aktien das Jahr höher beenden. Wir bevorzugen aus Bewertungsüberlegungen und wegen der erwarteten Steigerungen der Unternehmensgewinne insbesondere die Aktien der Eurozone aber auch Japan. Die USA sehen wir neutral. Emerging Markets gewichten wir unter. Dort gibt es zum Teil länderspezifische Probleme, aber auch die Dollarstärke und die schwachen Rohstoffpreise machen diesen Ländern zu schaffen. Anleger sollten sich auch auf die zu erwartende Zinserhöhung in den USA einrichten. Auf der Anleihenseite bevorzugen wir wegen der höheren Renditen und des Spreadeinengungspotenzials High Yield- und Unternehmensanleihen gegenüber Staatsanleihen. Letztere haben allerdings als Diversifikationsinstrument im Portfoliokontext ihre Berechtigung.

Interview: Frank O. Milewski

Foto: UBS

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