Fidelity: Grexit bis 2020 wahrscheinlich

Griechenland wird bis 2020 die Eurozone verlassen haben. Das prognostiziert Anna Stupnytska, Volkswirtin bei Fidelity Worldwide Investment, Kronberg im Taunus, anlässlich des anstehenden Treffens der Euro-Finanzminister in Riga.

Anna Stupnytska, Fidelity

Dort soll über weitere Griechenland-Hilfen diskutiert werden. Die Bedenken der Fidelity-Expertin: „Strukturelle Reformen und harter Sparkurs werden für Griechenland langfristig zu teuer.“ Dagegen dürfte ein Austritt aus dem Euro die griechische Wettbewerbsfähigkeit verbessern, so Stupnytska. Die Ansteckungsgefahr für andere Länder sei außerdem geringer als noch 2012.

Reformen politsch kaum durchsetzbar

„Meiner Einschätzung nach ist die Wahrscheinlichkeit eines Grexit in den vergangenen Wochen eindeutig gestiegen. Ich glaube nicht, dass es in diesem Jahr dazu kommen wird, aber ich gehe davon aus, dass ein Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone in den nächsten drei bis fünf Jahren sehr wahrscheinlich ist. Irgendwann dürften die starken strukturellen Reformen und der harte Sparkurs politisch wie sozial zu kostspielig werden“, lautet die Einschätzung.

Um die Wettbewerbsfähigkeit signifikant zu verbessern, dürfte es für Griechenland leichter sein, aus dem Euro auszusteigen und eine Währungsabwertung vorzunehmen, sagt Stupnytska: „Das wird voraussichtlich in den nächsten Jahren geschehen. Momentan ist der politische Wille noch stark ausgeprägt, Griechenland in der Währungsunion zu halten – besonders in Deutschland. Aber gleichzeitig wurde in den vergangenen Jahren eine Art Schutzwall um Griechenland herum gebaut. Deshalb reagieren die Märkte nicht so stark auf die anhaltenden Spannungen. Ich denke, dass die Institutionen eine ausgeprägte Verhandlungsmacht haben und nicht die ersten sein werden, die reagieren werden – das wird die griechische Regierung sein.“

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Ein Grexit bringt laut der Fidelity-Analystin natürlich eine gewisse Ansteckungsgefahr für andere Länder mit sich. Dieses Risiko sei allerdings geringer als es noch 2012 bei der letzten großen Krise war. „Denn es gibt Schutzmaßnahmen, vor allem das Quantitative Easing der Europäischen Zentralbank EZB ist in diesem Zusammenhang sehr wichtig. Die Märkte werden auf den Grexit reagieren, und es wird zu vorübergehenden Turbulenzen kommen, aber im Endeffekt wird dies für Griechenland mit weitaus höheren Kosten verbunden sein als für alle anderen Marktteilnehmer“, erklärt Stupnytska.

Und weiter: „Ich gehe davon aus, dass ein Austritt Griechenlands aus dem Euro langfristig gut für das Wirtschaftswachstum des Landes sein könnte, ebenso für das Wachstum der Eurozone – trotz des anfänglichen Schocks. Aber das ist kein Thema für dieses Jahr.“ (mr)

Foto: Shutterstock

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