Laransa: Vorwärts immer – rückwärts nimmer!

Björn Siegismund, Chief Investment Officer der Laransa PWM GmbH, kommentiert den EZB-Entscheid und seine langfristigen Folgen für die Kapitalmärkte.

Björn Siegismund, Laransa PWM

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat vor zwei Wochen auf dem Frankfurter European Banking Congress angedeutet, sein Ankaufprogramm für Staatsanleihen und andere Wertpapiere noch weiter auszuweiten. Daraus wurde erst mal nichts. Auf der gestrigen Sitzung der EZB wurden lediglich kleine Schritte bekannt gegeben. So sinkt der Einlagenzins um minus 0,10 auf minus 0,30 Prozent und das voraussichtliche Ende des Anleihenkaufprogramms wurde von September 2016 auf März 2017 verschoben. Die Finanzmärkte hatten deutlich mehr erwartet und reagierten entsprechend verschnupft, da das antizipierte starke Signal ausblieb. Für den Anleger ist die Aufregung um den EZB-Entscheid jedoch ohne Bedeutung. Die EZB hat schon seit geraumer Zeit gar keine andere Wahl mehr, als immer mehr Geld in die Märkte zu pumpen.

Der Schein trügt

Auf den ersten Blick scheint die Zentralbankpolitik langsam Erfolg zu haben. Die Konjunkturdaten in der Eurozone haben sich zuletzt nicht so schlecht entwickelt und auch für die Inflation prognostiziert die EZB einen gewollten Anstieg für das kommende Jahr. Die gestrigen Reaktionen der Finanzmärkte zeigen jedoch die Gefahr, die mit der Nullzinspolitik einhergeht. In einem überschuldeten System ist eine immer größere Dosis an billigem Geld notwendig, um es am Leben zu halten. Will die EZB sich selbst erhalten, hat sie keine andere Wahl, als weiter Liquidität in den Markt zu pumpen. Sie zementiert damit ihre gefährliche Nullzinspolitik.

Kein Weg zurück

In allen großen Industrieländern haben die Zentralbanken in der Finanzkrise 2008 die Zinsen auf null gesenkt und ihre Bilanzen aufgeblasen. Trotzdem steigt die Inflation nicht. Die Antwort auf diese geldpolitische Ratlosigkeit hieß bisher, immer mehr Liquidität in die Märkte zu pumpen. Doch es kommt nicht dort an, wo es hin soll – nämlich bei Unternehmen und privaten Haushalten. Dass geldpolitische Entscheidungen nicht verpuffen, zeigt sich auf den internationalen Finanzmärkten. Hier hat das billige Geld die Preise für Aktien, Anleihen und Immobilen nach oben getrieben. Solch kreditgetriebenen Boomphasen waren in der Vergangenheit häufig zu beobachten. Das Problem: die Inflation steigt recht zögerlich an, nämlich wenn Besitzer von Aktien und Immobilien sich reicher fühlen und mehr konsumieren. Bis dahin haben sich bereits große Blasen aufgebaut, die bei Liquiditätsentzug durch die Zentralbanken platzen.

Den folgenden Mechanismus kennen wir: die taumelnden Finanzinstitute werden mit noch mehr billigem Geld gerettet und die Verluste aus Fehlspekulationen sozialisiert. Überkommende Strukturen werden dadurch zementiert, denn eine gesunde Bereinigung fauler Kredite wird nicht nur verhindert, sondern das Schuldenwachstum durch die niedrigen Zinsen sogar noch weiter vorangetrieben. Die aktuellen Zahlen von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) unterstreichen diese Entwicklung. In den Industrieländern hat der gesamte Schuldenstand im Vergleich zum BIP seit 2007 um 36 Prozent zugenommen. Länder wie Japan (+77%), Frankreich (+72%) und Italien (+53%) sind hier die Spitzenreiter. In den Entwicklungsländern stieg die Verschuldung sogar um 50 Prozent an.

Seite zwei: Illusion der Bedienung alter Schulden

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