Trump oder Biden? Das ist nicht die entscheidende Frage

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Robert Greil, Merck Finck

Die halbe Welt diskutiert darüber, ob der nächste US-Präsident Donald Trump oder Joe Biden heißen wird. Für die Finanzmärkte ist aus unserer Sicht aber noch wichtiger, ob einer von ihnen nach der Wahl am 3. November die Mehrheit seiner Partei sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat hinter sich weiß – oder ob die Kammern wie heute unter Präsident Trump unterschiedliche Mehrheiten haben.

Die halbe Welt diskutiert darüber, ob der nächste US-Präsident Donald Trump oder Joe Biden heißen wird. Für die Finanzmärkte ist aus unserer Sicht aber noch wichtiger, ob einer von ihnen nach der Wahl am 3. November die Mehrheit seiner Partei sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat hinter sich weiß – oder ob die Kammern wie heute unter Präsident Trump unterschiedliche Mehrheiten haben.

Denn nur wenn die Partei des Präsidenten auch die Mehrheit in beiden Kammern hat, kann er mit einer „vereinten“ Regierung wirklich viel bewirken. Eine „geteilte Regierung“ hingegen würgt viele Vorhaben ab und führt tendenziell zu einem Stillstand der Gesetzgebung, da die Handlungsfähigkeit weiterhin begrenzt wäre.

Für Wirtschaft und Finanzmärkte wäre daher eine vereinte Regierung eine gute Nachricht – auch wenn sie, wie es die Umfragen momentan andeuten, eine „blaue“ Demokraten-Regierung unter einem Präsidenten Biden wäre.

Eine vereinte Regierung unter Trump würde wohl versuchen, das Wachstum mit weiteren Steuersenkungen anzukurbeln. Noch mehr Deregulierung des Finanz- und Energiesektors stünden auch auf der Agenda. Der US-Dollar würde dann wahrscheinlich mindestens stabil bleiben, wenn nicht sogar aufwerten. Die Renditekurve würde relativ betrachtet voraussichtlich steiler werden. Das würde Banken ebenfalls helfen. Jedoch dürften Renditeanstiege der Anleihen gering ausfallen, da die Geldpolitik das Zinspotenzial begrenzt.

Eine vereinte Regierung unter Biden würde wahrscheinlich die Ausgaben steigern. Die marode Infrastruktur und die Gesundheitsdienstleistungen dürften sich verbessern. Eine Verbesserung der Beziehungen zur EU sowie des Gesundheitssystems wären zu erwarten. Die Unternehmenssteuern würden jedoch steigen und damit die Nettogewinne belasten. Der Dollar dürfte seitwärts tendieren. Wie bei einer vereinten Regierung unter Trump dürften Fed-Maßnahmen Zinsanstiege bremsen. Die Zinsstrukturkurve würde wohl nur wenig steiler werden, die Ertragsperspektiven der Banken sich dadurch kaum verbessern. Reformen und Regulierung könnten die Branchen Pharma, Technologie und Finanzen belasten.

Kurzfristige und langfristige Aspekte

Unter dem Strich wäre eine vereinte republikanisch geführte Regierung kurzfristig einer Konjunkturerholung wohl am zuträglichsten. Eine vereinte demokratische Regierung hingegen hätte das Potenzial, die USA längerfristig stärker und wettbewerbsfähiger machen. Für die Finanzmärkte wäre grundsätzlich eine vereinte Regierung mittelfristig besser als eine geteilte und damit von mehr Stillstand geprägte.

Ernennung der demokratischen Vize-Präsidentenkandidatin

Diese Woche steht mit der Ernennung der Vize-Präsidentenkandidatin von Joe Biden bereits die nächste wichtige Entscheidung an. Die populäre Karmala Harris gilt hier als Favoritin für den Job der „Running Mate“. Er ist schon deswegen extrem wichtig, da sie angesichts von Bidens Alter – er wäre beim Amtsantritt bereits 78 – möglicherweise bereits innerhalb der vierjährigen Amtszeit neue US-Präsidentin werden könnte. Vom 17. bis 20. August steht dann der Nominierungsparteitag der Demokraten auf der Agenda.

Autor Robert Greil ist Chefstratege bei Merck Finck Privatbankiers AG.

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