Krypto-Assets: Welche Auswirkungen der Ethereum Merge haben wird

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Ein wegweisendes Ereignis steht dem Kryptomarkt bevor. Die größte programmierbare Blockchain, Ethereum, wird ein entscheidendes Update durchführen. Was das für Ethereum und den Markt der Krypto-Assets insgesamt bedeutet, erklärt Susanne Fromm, CEO von coinIX

Dieses Update bietet die Grundlage dafür, bekannte Probleme der Ethereum-Blockchain hinsichtlich Nutzerfreundlichkeit und Investierbarkeit zu überwinden und dadurch die Blockchain-Technologie massentauglich zu machen. Ein solcher Vorgang ist im Bereich der Blockchain im Allgemeinen bekannt als Merge.

Worum geht es beim Merge eigentlich?

Der Gründer von Ethereum, Vitalik Buterin, hat 2015 bereits in seiner ursprünglichen Roadmap geplant, dass der Konsensalgorithmus der Ethereum-Blockchain von Proof-of-Work zu Proof-of-Stake an einem bestimmten Punkt wechseln wird. Derzeit läuft im Hintergrund bereits eine Proof-of-Stake Version der Ethereum Blockchain, die allerdings noch keine praktische Relevanz hat. Zum Zeitpunkt des Merges soll die Proof-of-Work Version mit der Proof-of-Stake Version zusammengeführt werden und nur die letztere weitergeführt werden. Daher stammt die Bezeichnung für dieses Ereignis. Auch wenn sich der Zeitpunkt immer wieder nach hinten verschoben hat, steht er nun unmittelbar bevor und ist für den 13. September 2022 angesetzt.

Susanne Fromm, CEO coinIX (Foto: coinIX)

Konsensalgorithmus und Proof-of-was?

Im Gegensatz zu zentralen Netzwerken und Datenbanken, bei denen ein zentraler Wächter, wie z.B. eine Bank, sicherstellt, dass die Daten und Transaktionen korrekt sind, muss ein dezentrales Netzwerk eine andere Möglichkeit finden. Es gibt verschiedene Algorithmen, wie unbekannte Teilnehmer zu einem Konsensus bzw. zu einer Einigung kommen können. Die bekanntesten sind Proof-of-Work und Proof-of-Stake.

Bei Proof-of-Work wird ein mathematisches Rätsel gelöst, um eine Transaktion zu validieren. Derjenige, der es am schnellsten löst, wird dafür belohnt. Dadurch entsteht ein Wettrennen, bei dem welchem jedoch ein Großteil der Teilnehmer nicht für die Rechenarbeit (Work) belohnt wird und Energie “verschwendet”.

Bei Proof-of-Stake hingegen muss man einen gewissen Einsatz (Stake) hinterlegen, und es wird zufällig ausgewählt, wer die nächste Transaktion validiert. Sollte ein Teilnehmer eine unkorrekte Transaktion validieren, um sich beispielsweise einen persönlichen Vorteil zu verschaffen, so wird ihm sein Einsatz entzogen.

Aber was passiert nun?

Der Wechsel des Konsensalgorithmus ist vergleichbar mit dem Austauschen des Motors eines Fahrzeugs bei laufender Fahrt. Da es sich um ein dezentrales Netzwerk handelt, lässt sich das Programm nicht einfach stoppen und ein Update installieren. Ab einer bestimmten Transaktion müssen alle Validatoren des Netzwerks im gleichen Moment auf den neuen Konsensalgorithmus umsteigen. Ansonsten könnte Uneinigkeit darüber herrschen, welche Transaktionen rechtmäßig sind.

Was bedeutet das für Ethereum?

Durch den Umstieg wird der Motor auf einen Schlag wesentlich energieeffizienter, sicherer und hat zudem die Voraussetzungen, um wesentlich schneller zu werden. Der Energieverbrauch verringert sich um fast 100%. Dadurch eröffnen sich große institutionelle Investorengruppen, die zuvor aus ESG-Aspekten vor einem Investment zurückschrecken. War es bisher Spezialisten bestimmt, sogenannte Mining IT-Infrastruktur zu betreiben, so benötigt man nun nur noch Kapital, um ein Validator zu werden. Dementsprechend sollte die Anzahl der Validatoren steigen und das Netzwerk sicherer werden.
Auch wenn keine direkte Vergünstigung der Transaktionsgebühren und Erhöhung der
Transaktionsgeschwindigkeit mit dem Merge einhergehen, so ist dennoch die Grundlage für mehr Effizienz geschaffen. Da im Falle von Proof-of-Work immer darauf gewartet werden muss, bis das Rätsel gelöst ist, gibt es natürliche Grenzen, wie viele Transaktionen in einer bestimmten Zeit validiert werden können. Im Falle von Proof-of-Stake liegt diese wesentlich höher. Zusätzlich wird es durch den Merge möglich, einzelne Aufgaben, die Miner als Validatoren derzeit komplett übernehmen, aufzuschlüsseln und einzeln zu optimieren.

Was kann schief gehen?

Auch wenn sich alle Netzwerkteilnehmer des Netzwerks Ethereum an bestimmte Regeln halten, so gibt es dennoch verschiedene Programme (wie zum Beispiel die dezentrale Börse Uniswap) von unterschiedlichen Herstellern, um es zu nutzen. Um einen erfolgreichen Merge zu vollziehen, sollten alle diese Programme aufeinander abgestimmt werden und alle Kombinationen funktionieren. Des Weiteren kann es passieren, dass ein Teil der Validatoren zu spät ein Update durchführt, wodurch die kritische Masse zu klein wäre, um Transaktionen zu prüfen.

Ist ein fehlgeschlagener Merge wahrscheinlich?

Das Update wurde bisher auf mehreren Testnetzwerken getestet. Zudem wurden immer wieder Momentaufnahmen des tatsächlichen Ethereum Netzwerks gemacht, um damit zu testen (so genannte shadow forks). Vergleichbar ist dies mit einer Laborsituation, bei der Tests mit echten Materialien im Reagenzglas durchgeführt werden. Bei allen wichtigen Tests konnte der Merge erfolgreich durchgeführt werden.

Die oben angesprochenen Risiken sind im Normalfall eher temporärer Art. Da das Netzwerk von Ethereum besonders resilient und dezentral ist und die verwendbaren Programme so divers, wären auch Probleme bei einzelnen Programmen verschmerzbar, solange der Großteil des Netzwerks weiterhin funktioniert. Die zuständigen Teams werden dann so schnell wie möglich ein Update zur Verfügung stellen, um zu den anderen Programmen aufzuschließen.

Was muss ich als Nutzer des Ethereum Netzwerks beachten und sind meine Tokens in Gefahr?

Da sich die Mehrheit der Teilnehmer darüber einig ist, dass ein Wechsel des Konsensalgorithmus Sinn macht, werden auch alle wichtigen Börsen und Anwendungen die Tokens auf der Proof-of-Stake Kette als richtig anerkennen. Demzufolge sollte der Nutzer des Fahrzeugs gar nichts bemerken. Möglicherweise eine kleine Bodenschwelle, aber sie müssen sich um nichts selbst kümmern. Die Apps laufen normal weiter, ohne Stillstandszeit und die Tokens bleiben die gleichen.

Wie geht es zukünftig mit Ethereum und dem Blockchain-Markt weiter?

Laut der Roadmap von Ethereum sind nach dem Merge erst 55% der Ziele umgesetzt. Bitcoin ist im Vergleich schon bei ungefähr 80%. Die bereits angesprochene Möglichkeit, einzelne Aufgaben der Validatoren aufzuschlüsseln, wird dazu führen, dass das Ethereum Netzwerk sich stärker auf die Hauptfunktion konzentrieren wird – die Richtigkeit der Daten sicherzustellen. Alle anderen Funktionen, wie Berechnungen, Datenabfragen oder das Zusammenstellen von neuen Blöcken werden andere Protokollebenen übernehmen. Ethereum ist dann vergleichbar mit der Höchsten Berufungsinstanz, die nur in Ausnahmefällen kontaktiert werden muss.

Die erhöhte Nutzerfreundlichkeit durch erhöhte Transaktionsgeschwindigkeit und geringere
Transaktionsgebühren als auch die verbesserte Investierbarkeit für institutionelle Investoren wird Ethereum und damit dem gesamten Blockchain-Markt enormen Auftrieb geben. Ethereum im Speziellen könnte dadurch in Zukunft auch Bitcoin als größtes Blockchain-Netzwerk gemessen an der Marktkapitalisierung ablösen.

Autorin Susanne Fromm ist CEO von coinIX, einer Beteiligungsgesellschaft, die Kryptowährungen und die Blockchain-Technologie Investoren im Format einer Aktie zugänglich macht.

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