Wie seriös sind Finanz-Influencer?

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Sie geben Aktientipps bei Tiko-Tok, Youtube & Co.: Der Einfluss von so genannten Finfluenzer ist nicht zu unterschätzen. Doch wie sinnvoll und vertrauenswürdig sind die Tipps der Experten?

Wer mit Finanztipps in den sozialen Medien Reichweite gewinnen möchte, hat zwei Möglichkeiten. Erstens: Die Videos bei Tiktok, Youtube oder auf Instagram sollen hoch seriös wirken.

Dann setzen sich junge Frauen in Blazer und Bluse in leere Büros und halten Vorträge über die Chancen von Batterie-Aktien. Gerne werden dabei kluge Sprüche von Investmentbankern oder Börsen-Gurus zitiert – schließlich kennen sie sich aus, so die Botschaft.

Die zweite Möglichkeit: Der eigene Investment-Erfolg wird sichtbar gemacht. Frei nach dem Motto „Mein Haus, mein Pool, mein Grill“ tun selbst ernannte Experten ihre Börsenweisheiten von der Gartenliege aus kund. Im Hintergrund bewegt der Wind sachte die Wedel einer Palme.

Boom der Finfluencer

Sogenannte Finfluencer haben in den vergangenen Jahren einen wahren Boom erlebt, wie eine Auswertung von Hypeauditor feststellt. Die Agentur analysiert Influencermarketing. Der Bereich Wirtschaft und Finanzen verzeichnete in Deutschland demnach das größte Wachstum. Junge Nutzer informieren sich gerne in den sozialen Medien über Geldanlagen. Ähnliches legte bereits vor einigen Jahren eine Studie der Direktbank Comdirect nahe.

Nicht zufällig trifft dieses Wachstum mit einem wahren Aktien-Boom zusammen. Seit 2020 haben besonders junge Menschen die Börsen für sich entdeckt. Und sie lesen selten gedruckte Ratgeberbücher, stattdessen suchen sie nach Informationen im Internet.

Blogger können gute Ergänzung sein

Annabel Oelmann, Vorständin der Verbraucherzentrale Bremen, hält seriöse Finfluencer für eine gute Ergänzung bei der Recherche, gerade weil sie die junge Zielgruppe erreichen. Über Geld zu reden, sei wichtig.

Sie mahnt aber auch zur Vorsicht und zum Bewusstsein für die schnelle Zugänglichkeit sozialer Medien: „Jeder mit einem Social-Media-Profil kann diese Art von Ratschlägen oft ungefiltert in die Öffentlichkeit tragen – unabhängig davon, wie viel er eigentlich weiß oder wie seriös seine Tipps sind.“

Die Grundlagen der Geldanlage lassen sich auf Youtube oder Instagram prima vermitteln. Wie ein Depot eröffnet wird, was Rendite bedeutet und wie der Aktienhandel funktioniert – all das lässt sich in Blogbeiträgen nachlesen oder in einfachen Videos anschauen. Wer noch nie etwas von ETF gehört hat, Kryptowährungen (ein bisschen) verstehen möchte oder sich für Strategien zur Diversifizierung interessiert, findet seriöse Finanz-Influencer, die solche Themen einfach und sinnvoll aufbereiten.

Auf Seriosität checken

Doch nicht alle sind seriös, warnt die deutsche Finanzaufsicht Bafin. Nicht jeder kenne sich mit Finanzthemen ausreichend aus und bei manchen sei auch die Motivation unredlich. Gerade von ihnen hört Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, immer häufiger. Das Phänomen sei nicht neu, selbst ernannte Finanzexperten hätten schon immer Anleger angelockt.

„In schlechten Börsenphasen verfangen ihre Versprechen besonders gut. Wenn das Depot im Minus steckt, hoffen manche Anleger auf den heißen Tipp und vertrauen nicht mehr auf ihre eigenen Entscheidungen“, sagt Tüngler. Gerade in den sozialen Netzwerken falle es manchen Verbrauchern schwer, die nötige Distanz zu den Influencern zu wahren.

Ein Background-Check kann helfen herauszufinden, wer glaubwürdig ist. Wer ist das, der da Tipps gibt? Wie viel hatte die Person vorher mit Finanzen zu tun? Warum empfiehlt er oder sie das? Wie ist die Interessenlage? Muss ich dafür etwas bezahlen? Diese Fragen sollten sich Nutzer stellen.

Sie sollten auch besser mehreren Finfluencern gleichzeitig folgen, um ein breites Meinungsspektrum zu erhalten. „Man muss immer wachsam sein und kritisch bleiben“, so Tüngler. Er empfiehlt, argwöhnisch zu werden, je konkreter der Tipp wird. Eine bestimmte Aktie, eine bestimmte Kryptowährung – und niemand anders kennt diesen Geheimtipp! Da sollten die Alarmglocken schrillen.

Unabhängig beraten lassen

Oelmann rät, auf das Bauchgefühl zu achten. Auch den Haftungsausschluss sollte man genau ansehen. „Oft steht am Ende des Videos, dass dies keine Beratung, Empfehlung oder Sonstiges ist und keine Haftung übernommen wird. Entsprechend würde ich das Video auch als eine Art Erfahrungsbericht oder Finanztagebuch und nicht mehr werten.“ Vor allem, wenn Werbung für bestimmte Produkte oder Anbieter gemacht wird, empfiehlt die Verbraucherschützerin eine unabhängige Honorarberatung.

Was bei manchen Influencern als Hobby angefangen hat, kann sich zu einem Fulltime-Job entwickeln. Wer genügend Reichweite hat, kann nämlich mit Werbung richtig viel Geld verdienen. Einige verkaufen auch Bücher oder bieten kostenpflichtige Seminare an.

Grundsätzlich ist das nicht verwerflich. Tüngler warnt aber: „Bei manchen kippt das regelrecht, wenn die Community groß genug ist. Da geht das Interesse weg von der Information hin zum Geldverdienen.“ Wer Finfluencern folgt, sollte ihre Motivation also immer wieder hinterfragen. (dpa-AFX/IhreVorsorge)

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