Renditen auf US-Treasuries könnten sich halbieren

Seit Beginn des Jahres sind die Renditen auf US-Treasuries gefallen. Diese Entwicklung hat sich in den vergangenen Wochen verschärft und beschleunigt und wirft die Frage auf: Wie tief kann das Renditeniveau der US-Staatspapiere sinken?

„Es sprechen mehrere Faktoren dafür, dass die Rendite auf zehnjährige Treasuries in den nächsten sechs bis neun Monaten auf 0,7 Prozent sinken könnte“, sagt Niels Slikker, Senior Portfolio Manager bei Ethenea.

„Safe-Haven-Käufer sprechen eine klare Sprache“ 

Viele Erklärungen und Gründe seien diskutiert worden, warum die Renditen von Staatsanleihen in den USA zuletzt so gesunken wären – von geringeren Inflationserwartungen, über Demografiefaktoren und den Handelsstreit bis hin zu Konjunktursorgen und Rezessionsängsten.

„Dabei haben die niedrigeren Inflationserwartungen auf jeden Fall eine Rolle gespielt, erzählen aber nur einen Teil der Geschichte. Denn die Safe-Haven-Käufe von US-Treasuries sprechen eine klare Sprache: Die Finanzmärkte glauben nicht mehr, dass eine Lösung des Handelsstreits zwischen den USA und China bevorsteht.“

Widerspruch in sich

Die anderen Faktoren, wie die demografische Entwicklung, das geringere globale Wachstum oder die Geldpolitik der Zentralbanken, hätten alle dazu beigetragen, dass es immer mehr Anleihen mit negativer Rendite gebe.

„Laut dem Bloomberg Barclays Global Aggregate Negative Yielding Debt Index gibt es nun Anleihen mit einem Marktwert von mehr als 16,6 Billionen US-Dollar, die mit negativen Renditen gehandelt werden“, sagt Slikker.

„Die ersten Anleihen mit negativen Kupons existieren bereits, was den Namen „Fixed Income“ für diese Anleihen zu einem Widerspruch in sich macht.“ Da globale Investoren auf der Suche nach positiver Rendite seien, gebe es nicht mehr viele Anleihemärkte, in die sie noch investieren könnten. „Der US-Anleihenmarkt ist einer dieser Märkte, da er groß und liquide genug ist und immer noch positiv rentiert.“

Absicherung gegen das Währungsrisiko

Japanische und europäische Investoren hätten bislang auf Treasuries und in US-Dollar denominierte Investment-Grade Anleihen gesetzt und sich gegen das Währungsrisiko abgesichert. „Bei den aktuellen Renditeniveaus verliert dieser Ansatz seinen Sinn, da Hedging-Kosten zu hoch sind und zu negativen Renditen in der konvertierten Währung führen“, erklärt Slikker.

„Viele ausländische Investoren kaufen Dollar-Anleihen daher inzwischen ohne Absicherung. Solange die Möglichkeiten an ihren inländischen Rentenmärkten weiter abnehmen, dürften diese ausländischen Investoren ihre Allokation in Treasuries und Investment-Grade Anleihen weiter erhöhen.“

Nominal und real

Alle diese Faktoren beeinflussten die Renditen der US-Staatsanleihen. „Wenn wir von einem Rezessionsszenario für die US-Wirtschaft ausgehen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Fed die Leitzinsen auf null Prozent senken wird“, sagt der Experte. „Damit ist auch eine zehnjährige US-Staatsanleihe mit einer nominalen Rendite von null Prozent möglich.“

Gehe man von einem Szenario für die US-Wirtschaft mit einem zwar langsameren aber immer noch positiven Wirtschaftswachstum aus, sei mit einer realen Rendite von unter null Prozent für zehnjährige Treasuries zu rechnen. „Die reale Rendite für zehnjährige inflationsgebundene deutsche Staatsanleihen liegt derzeit bei etwa -1,5 Prozent“, sagt Slikker.

 

Seite 2: Welche Rolle Gold dabei spielt

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