Autokredit: Landgericht Ravensburg bremst Bundesgerichtshof aus

Das Landgericht Ravensburg hat mit Beschluss vom 07.01.2020 – AZ. 2 O 315/19 – dem Europäischen Gerichtshof im Zusammenhang mit dem Widerruf eines Autokredits Fragen zur Auslegung der Europäischen Richtlinie vorgelegt. Es geht hierbei u.a. um die Frage, ob und wie beispielsweise Verzugszinsen in einem Verbraucherdarlehen anzugeben sind. Ein Kommentar von Oliver Renner, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in der Kanzlei Rechtsanwälte Wüterich Breucker.

Der Bundesgerichtshof hat hierzu bereits am 05.11.2019 – AZ.: XI ZR 650/18 – entschieden, dass die Wiedergabe der gesetzlichen Regelung in den Verbraucherinformationen ausreicht. Dem folgt auch – soweit ersichtlich – die Rechtsprechung bundesweit.

Anders sieht dies die 2. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg. Nach Auffassung des Landgerichts Ravensburg sei die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht zwingend mit den europäischen Vorgaben der Richtlinie so auszulegen und legt daher u.a. diese Frage dem Europäischen Gerichtshof im Wege einer sogenannten fakultativen Vorabentscheidung vor.

Dieser Weg ist dem Landgericht Ravensburg entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs daher möglich, da der Europäische Gerichtshof das Auslegungsmonopol über die Richtlinie hat. Nur so kann auch eine einheitliche Rechtsprechung europaweit erfolgen. Der Bundesgerichtshof kam in dem o.g. Urteil zum Ergebnis, dass seine Auslegung der Richtlinie nicht widerspricht und hat daher nicht dem EuGH vorgelegt.

Das Landgericht Ravensburg bremst mit seinem Beschluss den Bundesgerichtshof aus. Abzuwarten bleibt, wie der Europäische Gerichtshof hierüber entscheiden wird.

Eine Sensation ist dies jedoch nicht. Vielmehr scheint es so zu sein, dass die 2. Zivilkammer des LG Ravensburg nicht konform mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geht. So vertritt bspw. der Bundesgerichtshof zu anderen Rechtsfragen eine andere Auffassung als die 2. Zivilkammer des LG Ravensburg. Das Landgericht Ravensburg ist bspw. der Auffassung, dass ein in AGB enthaltenes Aufrechnungsverbot unwirksam sei und daher der Vertrag widerruflich wäre (LG Ravensburg – Urteil vom 21.09.2018 – 2 O 21/18). Hier ist der Bundesgerichtshof – mit der einhelligen Rechtsprechung bundesweit – anderer Auffassung:

„Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 14. August 2018 wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass eine inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Widerrufsbelehrung nicht dadurch undeutlich wird, dass die Vertragsunterlagen an anderer, drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten (Senatsurteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 443/16, WM 2017, 2248 Rn. 25). Erst recht gilt dies ohne Rücksicht auf die Art ihrer Gestaltung, soweit Zusätze außerhalb der Widerrufsbelehrung zwar eine unzulässige und damit unwirksame Abweichung von Vorschriften des Verbraucherschutzrechts aufweisen, aber nicht in Zusammenhang mit der Unterrichtung über das Widerrufsrecht als solches stehen.

Dass in den Darlehensvertrag einbezogene Allgemeine Geschäftsbedingungen eine unwirksame Regelung zu einer Beschränkung der Aufrechnungsbefugnis enthalten, ist damit für die Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsbelehrung ohne Auswirkung. Das gilt unbeschadet des Umstands, dass im konkreten Fall nach § 1 Abs. 1 Nr. 10, Abs. 4 BGB-InfoV in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung eine Belehrung über die Widerrufsfolgen zu erteilen war. Entsprechend steht die obergerichtliche Rechtsprechung auf dem Standpunkt, eine nach Maßgabe des Senatsurteils vom 20. März 2018 (XI ZR 309/16, BGHZ 218, 132 Rn. 12 ff.) unwirksame Klausel beeinträchtige die Deutlichkeit bzw. Klarheit und Verständlichkeit der Unterrichtung über das Widerrufsrecht nicht (für die Widerrufsbelehrung OLG Schleswig, Urteil vom 9. August 2018 – 5 U 43/18, juris Rn. 45; für die Widerrufsinformation OLG Brandenburg, Urteil vom 18. Juli 2018 – 4 U 140/17, juris Rn. 19 ff.; OLG Frankfurt am Main, Beschlüsse vom 3. Mai 2018 – 23 U 91/17, juris Rn. 26 und ZIP 2019, 166, 167 f.; OLG Köln, Beschlüsse vom 13. September 2018 – 24 U 71/18, juris Rn. 9, vom 18. Oktober 2018 – 4 U 90/18, juris Rn. 4 ff., vom 22. Oktober 2018 – 24 U 106/18, juris Rn. 16 und vom 10. Januar 2019 – 12 U 90/18, juris Rn. 23 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 4. Februar 2019 – 6 U 88/18, juris Rn. 30 ff.).“, so der Bundesgerichtshof ((BGH, Beschluss vom 09.04.2019 019 – AZ.: XI ZR 511/18 –).

Das Landgericht Ravensburg versucht mithin mit seinem Beschluss, den Bundesgerichtshof auszubremsen und stellt sich hierbei gegen die einhellige bundesweite Rechtsprechung.

Es scheint so, als wäre es wie bei Asterix und Obelix und den unbeugsamen Galliern.

Foto: Shutterstock

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