BGH-Urteil: Mehr Sicherheit bei Immobiliendeals

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Vormerkungen in Immobilienkaufverträgen können auch für künftige Ansprüche insolvenzfest sein. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden und damit die Position von professionellen Immobilienkäufern gestärkt.

Es vergehen oft Monate oder Jahre, bis eine Immobilien- oder eine Grundstücksübereignung vollständig abgewickelt ist – ein langer Zeitraum, in dem viel passieren kann. Das wird besonders deutlich, wenn wir uns bewusst machen, dass seit Beginn der Corona-Pandemie erst rund anderthalb Jahre vergangen sind. In diesem vergleichsweise kurzen Zeitraum hat sich gleichwohl zum Beispiel der Markt für Büroimmobilien durch das vermehrte Arbeiten von zu Hause aus grundlegend gewandelt. Corona hat den rasanten Boom des Büroimmobilienmarkts ausgebremst, der sich in den vergangenen zehn Jahren gerade in den großen deutschen Städten gezeigt hatte. Aber auch am Markt für Einzelhandelsimmobilien ist die Pandemie nicht spurlos vorübergegangen.

Fakt ist: Gegen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie können sich Immobilienkäufer nur bedingt absichern. Allerdings gibt es auch positive Nachrichten wie das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von Ende März zur Insolvenzfestigkeit von Vormerkungen (Urteil vom 25. März 2021 – IX ZR 70/20). Die Karlsruher Richter haben entschieden, dass Vormerkungen in Immobilienkaufverträgen auch für künftige Ansprüche insolvenzfest sein können. Dies ist gerade für professionelle Immobilienkäufer von großer Bedeutung, da die Vormerkung bei der Übereignung einer Immobilie oder eines Grundstücks eine maßgebliche Rolle spielt.

Zu ihrem Schutz lassen sich Käufer von Immobilien häufig eine Vormerkung im Grundbuch eintragen

In der Regel geht es bei Immobiliendeals um hohe Summen. Da versteht es sich von selbst, dass die Parteien besonderen Wert auf die Absicherung legen. Zu ihrem Schutz lassen sich Immobilienkäufer häufig eine Vormerkung im Grundbuch eintragen. Der Käufer ist dann davor geschützt, daß der Verkäufer die Immobilie oder das Grundstück an einen anderen (Dritten) als den Käufer weiterveräußert oder eine andere dingliche Rechtsänderung vornimmt. Weiterer Vorteil: Der Käufer kann die Immobilie oder das Grundstück auch dann erwerben, wenn der Verkäufer zwischenzeitlich insolvent werden sollte.

In einem solchen Fall können die Geschäfte des insolventen Verkäufers – und damit auch der Immobilien- oder Grundstücksverkauf sowie die Bestellung der Vormerkung – mitunter anfechtbar sein. Für den Käufer bedeutet das, dass er nicht nur ohne Immobilie oder Grundstück dasteht, sondern zudem vergebens Aufwand, Zeit und Geld investiert hat. Besonders bei großen Immobilien- oder Grundstückdeals ist das ein nicht zu unterschätzender Betrag und Faktor.

Der Fall, der im Zusammenhang mit der Insolvenzsicherheit der Vormerkung verhandelt wurde, war durchaus komplex

Doch zurück zur Vormerkung: Die Kaufpreisfälligkeit ist wiederum regelmäßig von der Eintragung der Vormerkung abhängig, da der Eigentumserwerb durch den Käufer erst mit der Eintragung der Vormerkung endgültig gesichert ist. Durch die Entscheidung des BGH hat sich die Situation für den Vormerkungsberechtigten verbessert, der bislang nur eine Erwerbschance, aber keinen vollständigen Kaufvertrag hat – im konkreten Fall vor dem BGH sogar entscheidend.

Der Fall, der im Zusammenhang mit der Insolvenzsicherheit der Vormerkung vor dem BGH verhandelt wurde, war durchaus komplex. Zwar ging es hier nicht um eine Insolvenz, die anfechtungsrechtliche Situation wäre aber im Falle der Insolvenz bei Anwendung der insolvenzrechtlichen Anfechtungsvorschriften die gleiche. Beteiligt waren die Eltern eines Schuldners und dessen Gläubiger. Die Eltern klagten gegen die Gläubiger ihres Sohnes.

Der gegenüber seinen Gläubigern verschuldete Sohn hatte seinen Eltern im November 2012 ein unbefristetes und unwiderrufliches Kaufvertragsangebot über sein Hausgrundstück unterbreitet. In das Grundbuch wurde eine Auflassungsvormerkung eingetragen, um den Anspruch der Eltern auf Übereignung des Grundstücks zu sichern. Auch wenn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts dessen Wert deutlich höher liegt als die Grundpfandrechte, die auf dem Grundstück lasteten, haben die Eltern als Kaufpreis lediglich diese Grundpfandrechte übernommen.

Unternehmen haben auf Basis der Rechtsprechung des BGH im Falle der Insolvenz des Schuldners mehr Sicherheit

Nun gingen fast zwei Jahre ins Land. Im Oktober 2014 erlangten die Gläubiger des Sohnes gegen diesen ein rechtskräftiges Zahlungsurteil über rund 230.000 Euro. Wiederum zwei Monate später, im Dezember 2014, nahmen die Eltern dann das Kaufvertragsangebot ihres Sohnes für sein Hausgrundstück an. Sie wurden im Oktober 2015 als Eigentümer eingetragen. Zwischenzeitlich – im April 2015 – war allerdings zugunsten der Gläubiger des Sohnes bereits eine Zwangssicherungshypothek auf dem Hausgrundstück des Sohnes eingetragen worden.

Die Eltern haben nunmehr aufgrund der zu ihren Gunsten eingetragenen Vormerkung gegen die Gläubiger ihres Sohnes auf Löschung der Zwangssicherungshypothek geklagt. Die Gläubiger des Sohnes fochten daraufhin widerklagend die Auflassungsvormerkung sowie die Auflassung nach den Bestimmungen des Anfechtungsgesetzes an. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage der Gläubiger im Wesentlichen stattgegeben. Die Revision vor dem BGH führte allerdings zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, das nun unter Berücksichtigung der Entscheidung der Karlsruher Richter neu verhandeln muss.

Unternehmen, die regelmäßig Immobilien oder Grundstücke kaufen und/oder verkaufen, haben auf Basis der Rechtsprechung des BGH im Falle der Insolvenz des Schuldners mehr Sicherheit bei ihren Deals – insbesondere im Hinblick auf die Verfügungsbeschränkungen des Schuldners, die durch die Insolvenzeröffnung eintreten beziehungsweise mögliche Insolvenzanfechtungsansprüche hinsichtlich von Verfügungen, die im Vorfeld der Insolvenz vorgenommen wurden.

Dabei muss es sich nicht unbedingt um eine Schenkungsanfechtung (siehe Kasten) handeln. Die Sicherheit gilt auch dann, wenn die Käufer ihrerseits zum Kauf noch nicht verpflichtet sind, sondern ihnen nur eine Option zum Erwerb zusteht – also lediglich eine Vormerkung eingetragen, aber der eigentliche Kaufvertrag noch gar nicht zustande gekommen ist.

Autor Dr. Peter de Bra ist Rechtsanwalt bei Schultze & Braun. Eines seiner Spezialgebiete ist die Insolvenzanfechtung.

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