Fonds-Zweitmarkt: Unter dem Radar

Zweitmarkt Urgestein Dietmar Schloz, Asuco, auf einem braunen Sofa
Foto: Asuco
Dietmar Schloz, Asuco: "Manchmal ist es ein regelrechter Kampf mit den Fondsmanagern."

Der Zweitmarkt für Anteile an geschlossenen Fonds ist eine beliebte Alternative zu dem vielfach überhitzten Erstmarkt für Immobilien und weitere Sachwerte. Doch nur ein Teil der Transaktionen spielt sich in der Öffentlichkeit ab.

Besonders häufig kommt es nicht vor, dass ein Unternehmen über zehn Jahre in größerem Umfang im Markt der Sachwertanlagen aktiv ist, aber der Fachöffentlichkeit – inklusive der Cash.-Redaktion – weitgehend unbekannt bleibt. So sorgte Mitte Februar 2022 eine Pressemitteilung der DVI Gruppe aus Berlin durchaus für Erstaunen.

Vordergründig kam sie in erster Linie als Personalmeldung daher. Demnach hat die DVI Gruppe Thomas Lippert, vormals langjähriger Vorstandsvorsitzender des Aktionsbunds Aktiver Anlegerschutz e.V. (AAA), für den Bereich Fondsbeteiligungen gewonnen. Lippert werde sein Know-how und seine Kontakte in der Fondswelt einsetzen, „um der DVI neue Fondsübernahmen zu ermöglichen“. Upps.

Doch nicht nur das. Laut der Mitteilung gehört die DVI gar „zu den führenden Käufern von Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds in Deutschland“. Nanu? Doch in der Tat: Den Angaben zufolge hat sie seit 2011 Beteiligungen an insgesamt 135 geschlossenen Immobilienfonds erworben, davon in über der Hälfte der Fonds Mehrheitsbeteiligungen von über 50 Prozent. Dabei investiere sie in erster Linie in Wohn- und Büroimmobilien, aber auch in Logistik- und Hotelimmobilien.

Mehrheit an wenigstens 68 geschlossenen Immobilienfonds

Also besitzt oder besaß die DVI die Mehrheit an wenigstens 68 geschlossenen Immobilienfonds. Das ist durchaus eine Hausnummer. Dennoch sind die Aktivitäten in einer breiteren Öffentlichkeit bislang weitgehend unbemerkt geblieben. Der Cash.-Redaktion jedenfalls ist die DVI lediglich im Januar 2020 aufgefallen. Damals informierte sie über die Restrukturierung des Einzelhandels- und Gewerbezentrums „Helle Mitte“ in Berlin-Hellersdorf mit rund 44.000 Quadratmetern Gesamtmietfläche, kein ganz kleines Objekt also.

DVI habe die Immobilie 2018 gemeinsam mit ihrem Partner-Investor Claus Unternehmensgruppe im Rahmen einer Fondsakquisition innerhalb weniger Monate von rund 700 Fondsgesellschaftern erworben. Der Immobilienfonds sei damals notleidend gewesen.

Laut Cash.-Archiv handelte es sich um die MEGA 4 GbR, die 1997 von dem später insolventen Emissionshaus Dr. Görlich mit einem Eigenkapital von 154 Millionen D-Mark (rund 79 Millionen Euro) aufgelegt worden war. Die Anleger waren daran als GbR-Gesellschafter beteiligt, also an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit persönlicher Haftung.

Kein Handel mit 259 Fonds von Dr. Görlich am Zweitmarkt

Fonds in dieser Rechtsform sind im Erstmarkt inzwischen nicht mehr zulässig und spielen am klassischen Zweitmarkt wegen der vielfach unkalkulierbaren und grundsätzlich unbegrenzten Haftung der Anteilseigner keine große Rolle. So sind bei der Fondsbörse insgesamt 259 Fonds von Dr. Görlich, dem einst führenden Anbieter von GbR-Immobilienfonds, gelistet. Davon ist offenbar noch kein einziger jemals auf der Plattform gehandelt worden: Die Spalten „Letzter Kurs“ und „Umsatz 12 Monate“ jedenfalls sind komplett leer. Auch aktuelle Kauf- oder Verkaufsangebote finden sich nicht.

Die DVI hingegen scheint einen Schwerpunkt bei GbR-Fonds zu haben. So weist die Fondsankaufsliste (Stand 11/2021) auf der Website des Unternehmens insgesamt 123 Fonds aus. Darunter sind – sofern die Rechtsform ersichtlich ist – mindestens 50 GbR-Fonds, wahrscheinlich noch einige mehr.

Die DVI-Liste umfasst aber auch eine Reihe von KG-Fonds, überwiegend von einst angesehenen, aber nicht mehr im Neugeschäft aktiven oder gescheiterten Initiatoren wie Gebau, KapHag oder SAB, die teilweise durchaus auch an der Fondsbörse gehandelt werden. „Mit bisher über 12.500 vornehmlich von Privatanlegern erworbenen Immobilienfondsbeteiligungen sind wir deutschlandweit einer der aktivsten Käufer auf dem Zweitmarkt für geschlossene Immobilienfondsanteile“, heißt es auf der Website.

350 Millionen Euro DVI-Anleihe

Vielleicht erklärt die Konzentration auf GbR- und Problemfonds, warum die DVI bislang trotzdem weitgehend unter dem Radar geblieben ist. Doch das könnte sich bald ändern. Nach der aktuellen Mitteilung von Mitte Februar 2022 plant die DVI „große Teile“ einer im Januar platzierten börsennotierten Anleihe mit einem Zeichnungsvolumen von 350 Millionen Euro in neue Fondsübernahmen zu investieren. Das ist in dem recht engen Zweitmarkt eine ansehnliche Summe.

Zur Emission der Anleihe hatte die Cash.-Redaktion kurz zuvor im Februar 2022 ebenfalls eine Mitteilung der DVI erreicht. Demnach war sie an 33 institutionelle Investoren aus 14, vornehmlich europäischen Ländern platziert worden. In dieser Mitteilung hieß es allerdings, der Anleiheerlös werde „vornehmlich der Ankaufsfinanzierung von Wohn- und Büroimmobilien in deutschen Großstädten mit positiver wirtschaftlicher Dynamik dienen“. Darüber hinaus würde „eine ‚Handvoll‘ bestehender Bankenfinanzierungen vorzeitig abgelöst, mit dem Ziel, das Portfolio an unbesicherten Immobilien auszubauen“.

Von Anteilskäufen oder Fondsübernahmen war dort – eine Woche vor der Lippert-Meldung – indes nichts zu lesen. Nun gut, wir wollen nicht kleinlich sein. Jedenfalls ist der Markt um einen Akteur reicher als bisher bekannt, der zudem noch zulegen will. Mit Lipperts Expertise „wollen wir unsere Stellung als einer der führenden Käufer von Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds über die unterschiedlichen Assetklassen hinweg ausbauen“, wird die namentlich nicht genannte „Geschäftsführung der DVI“ in der jüngsten Mitteilung zitiert.

14 Jahre Chef des AAA

Das ist insofern konsequent, als Lippert zuletzt 14 Jahre lang Vorstandsvorsitzender des AAA war, der sich hauptsächlich mit der Bündelung und Vertretung der Interessen von Anlegern in Krisen- und Pleitefonds befasst. Dabei kooperiert der Verein eng mit der Berliner Kanzlei Schirp & Partner und wirbt auf seiner Website unter anderem mit der „Vermittlung von Rabattierungen bei anwaltlicher Vertretung durch Kanzlei Schirp & Partner Rechtsanwälte mbB“ um Mitglieder.

Die Kanzlei wiederum zählt zu den führenden Anlegervertretern in Deutschland und ist auch für Massenklagen bekannt. Ob man die Kooperation für anrüchig oder den AAA nur für eine Mandantenschaufel für Schirp hält, spielt hier keine Rolle. Jedenfalls dürfte Lippert nicht nur umfangreiche Erfahrungen mit Krisenfonds haben, sondern auch damit, sich bei Bedarf mit deren Geschäftsführungen anzulegen.

Diese Fähigkeit nimmt auch Dietmar Schloz für sich in Anspruch. Er gilt als Pionier des Zweitmarkts und bei Zweitmarktfonds für Privatanleger, zunächst als Geschäftsführer bei H.F.S. (heute Wealthcap), seit 2009 als geschäftsführender Gesellschafter von Asuco. Bis einschließlich 2021 hat das Unternehmen nach eigenen Angaben 600 Millionen Euro überwiegend bei Privat­anlegern eingeworben, davon 70 Millionen Euro im abgelaufenen Jahr. Allein 2021 hat Asuco mit 2.646 Einzeltransaktionen 107 Millionen Euro am Zweitmarkt investiert (inklusive Kapitalerhöhungen und Gesellschafterdarlehen bestehender Fonds). Das Unternehmen beziehungs­weise seine Investitionsgesellschaften halten nun Anteile an insgesamt 325 Zielfonds.

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