Megatrends der Immobilienbranche

Foto: BNP Paribas REIM/Kurt Krieger
Claus P. Thomas, BNP Paribas REIM Germany

Welche Investments, die auch morgen noch starke Renditen bringen, sind heute eine gute Wahl? Diese Frage stellen sich viele Anleger, ganz besonders aber Immobilieninvestoren: Sie haben in der Regel einen langen Anlagehorizont. In dem Versuch, zukünftige Entwicklungen zu erkennen und abzuleiten, hat BNP Paribas Real Estate Investment Management (BNP Paribas REIM) die Megatrends in der Immobilienbranche in einem Report analysiert.

Für Immobilieninvestoren ist es wichtig zu verstehen, welche Entwicklungen die Nutzer von Immobilien über die nächsten Jahrzehnte hinweg prägen werden. Sie beeinflussen unmittelbar, welche Anforderungen Immobilien in Zukunft erfüllen müssen, um attraktiv und wertbeständig zu sein. Dabei geht Zukunftsfähigkeit stark mit Nachhaltigkeit einher. Im Kern beschreibt nachhaltiges Handeln schließlich nichts anderes, als nachfolgenden Generationen eine Welt zu hinterlassen, die auch für sie uneingeschränkt lebenswert ist. Auf den Immobilienbereich übertragen, bedeutet das, dass Gebäude bereits heute auf die Anforderungen kommender Generationen ausgerichtet sein oder sich dahingehend entwickeln lassen müssen. So lassen sich auch Neu- und Umbauten in der Zukunft vermeiden und damit Kohlenstoffemissionen reduzieren: Eine Studie der britischen Empty Homes Agency ergab, dass Neubauten während des Bauprozesses 50 Tonnen CO2 ausstoßen, Häuser in der Renovierung immerhin noch 15 Tonnen.

Wer ein umfassendes Verständnis davon gewinnen möchte, welche Maßnahmen nachhaltige Wirkung haben und welche nicht, muss die übergreifenden Entwicklungen betrachten, die sich in den kommenden Jahren auf alle Bereiche der Gesellschaft auswirken. Sie beeinflussen, wie die Bedürfnisse der kommenden Generationen aussehen.

Megatrends: Wachstumstreiber der Zukunft

Diese Entwicklungen hat BNP Paribas REIM in einem neuen Report analysiert und sogenannte Megatrends als Orientierungshilfen identifiziert. Das Zukunftsinstitut definiert sie als globale Phänomene, deren Entwicklung über mehrere Jahrzehnte andauert, die Auswirkungen in allen gesellschaftlichen Bereichen zeigen und durch Wechselwirkungen unterschiedlicher Subtrends geformt werden.

Damit Immobilien über viele Jahre genutzt werden können und den Bedürfnissen kommender Generationen Rechnung tragen, müssen sie diesen Entwicklungen gerecht werden. Laut Megatrends-Report formen insbesondere die Digitalisierung, der demographische Wandel und der Wandel der Lebensstile die Immobilienbranche.

Die Digitalisierung erscheint unaufhaltsam. Laut des Informationsdienstes des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wird die weltweite Datenmenge von rund 33 Milliarden Terabyte (TB) im Jahr 2018 auf 175 Milliarden TB im Jahr 2025 steigen – ein jährliches Wachstum von rund 27 Prozent. Der vernetzte Mensch mit seinen veränderten Bedürfnissen rückt in den Mittelpunkt. Immobilien müssen sich dem anpassen und dabei die Ansprüche der unterschiedlichen Nutzungsarten beachten.

So ist der Logistiksektor insbesondere von den Fortschritten der Robotik und digitaler Vernetzung betroffen. Ein Beispiel sind sogenannte Smart Factories. Durch sich selbst bedienende und korrigierende Produktionsanlagen, intelligente Transport-Roboter oder künstliche Datenüberwachung werden in Zukunft weniger Fachkräfte benötigt als heute. Immobilien in diesem Sektor passen sich daran beispielsweise mit neuen Sicherheitskonzepten oder weniger Pausenräumen an.

Im Wohn-Bereich nimmt der Trend zu Smart Homes deutlich zu. Intelligentes Energiemanagement und Steuern der Haustechnik per App sind heute keine Seltenheit mehr. Immobilien müssen entsprechend ausgestattet sein. Uneingeschränkter Internetzugang im gesamten Gebäude, von der Tiefgarage bis in die Wartungsräume, ist nur ein Beispiel für eine zukünftige Standardanforderung.

Ähnlichen Bedingungen sehen auch Büroimmobilien entgegen. Digitale Steuerungsoptionen erleichtern in vernetzten Smart Buildings den Büroalltag. So lassen sich beispielsweise Beleuchtung, Zugangskontrollen oder Klimatisierung unkompliziert, je nach aktuellem Bedarf und aus der Ferne steuern.

Demographischer Wandel: Immer älter, immer aktiver

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wird die Zahl der über 60-Jährigen bis 2050 weltweit von rund 900 Millionen auf über zwei Milliarden steigen – ein Wachstum um weit mehr als das Doppelte verglichen mit heute. Dabei erfreuen sie sich einer immer besseren körperlichen und geistigen Fitness, nicht zuletzt auch dank des medizinischen Fortschritts. Das Ergebnis ist eine neue Alterskultur: die Silver Society. Sie will ihren Lebensabend aktiv gestalten und auch in höherem Alter noch möglichst individuell und selbstständig leben – am liebsten in den eigenen vier Wänden. Immobilien der Zukunft müssen diesen Bedürfnissen nachkommen: Eine Lösung stellen generationenkompatible Konzepte dar, die klassische altersgerechte Wohnlösungen in den kommenden Jahrzehnten ergänzen können. Neben Funktionalität und Barrierefreiheit stehen hier auch Design und digitale Vernetzung im Vordergrund.

Alltagsgegenstände und Möbel werden so gestaltet, dass sie von jedem Bewohner intuitiv nutzbar sind und dabei trotzdem modern und ästhetisch aussehen. Durch modulares Bauen ist es außerdem möglich, einzelne Zimmer und Wohnungen an unterschiedliche Lebensphasen und Bedürfnisse anzupassen. So können Bewohner auch bei eingeschränkter Mobilität so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden wohnen, ohne auf unterstützende Vorrichtungen verzichten zu müssen.

Wandel der Lebensstile: Der Wunsch nach personalisierter Freiheit

Damit einhergehend ist der Wandel der Lebensstile laut Megatrends-Report von einer zunehmenden Individualisierung geprägt. Die Menschen stellen die eigenen Bedürfnisse stärker in den Vordergrund. Laut der diesjährigen Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse legt mehr als jede zweite Person in Deutschland großen Wert darauf, unabhängig zu sein und sein Leben frei gestalten zu können.

Der Wunsch nach Freiheit und Individualität prägt vor allem die Immobiliennutzer von morgen: Die Generation Z. Die nach 1997 Geborenen sind in einer Zeit groß geworden, die keine ausschließlich analoge Welt mehr kennt. Die sogenannten Digital Natives sind stark vernetzt und haben konkrete Vorstellungen davon, wie sie in Zukunft leben wollen. Mit ihrem Wunsch, sich bestmöglich alle Optionen offenzuhalten, zieht es sie vor allem in Großstädte. Hier stehen sie jedoch mangelndem Wohnraum gegenüber.

Eine Lösung stellen Micro-Living-Apartments dar. Sie nutzen den vorhandenen Wohnraum eines Apartments so effizient wie möglich und setzen dabei auf raffinierte Multifunktionsmöbel sowie kompakte Techniklösungen, um jeden Quadratzentimeter Wohnfläche ideal zu nutzen. Sie erfüllen die Anforderungen an Funktion und Design, mit schnellem W-Lan und Smart-Home-Technik auf kleinstem Raum.

Megatrends im Portfolio

Immobilien, die diesen übergreifenden Entwicklungen gerecht werden, entsprechen langfristig den sich verändernden Anforderungen von Mietern und Nutzern. Sie müssen so erst sehr viel später oder idealerweise gar nicht ersetzt werden.

Gleichzeitig versprechen Megatrend-gerechte Immobilien langfristige hohe Attraktivität. So kann Leerstand vermieden und nachhaltige Wertsteigerung gefördert werden. Für Investoren bilden sie eine zukunftsfähige Konstante im Portfolio.

Autor Claus Thomas ist CEO bei BNP Paribas REIM Germany.

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