Umfrage zu „Impact Investing“ mit Fragezeichen

Symbolbild Impact Investing Investment
Foto: Shutterstock

Das Institut YouGov hat eine Umfrage zum sogenannten Impact Investing im Auftrag des Asset Managers Commerz Real durchgeführt. Über die Interpretation der Ergebnisse kann man allerdings geteilter Auffassung sein. Ein Kommentar von Stefan Löwer, Cash.

Rund 57 Prozent der Deutschen finden Impact Investing, also Geldanlagen mit messbarer positiver Nachhaltigkeits-Wirkung, entweder ansprechend oder sehr ansprechend, teilt Commerz Real unter der Überschrift „Mehrheit der Bundesbürger will mit Geldanlage positive Wirkung für Umwelt und Gesellschaft erzielen“ mit. Dies habe eine repräsentative Umfrage unter 2.070 Bundesbürgern ergeben, die das Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov Ende März dieses Jahres im Auftrag der Commerz Real durchgeführt hat. Das Unternehmen übersetzt also „ansprechend finden“ mit „will erzielen“. Nun gut, wir wollen nicht kleinlich sein. Doch auch bei der Interpretation der weiteren Ergebnisse sind einige Fragezeichen angebracht.

Gefragt danach, welche Ziele beim Impact Investing besonders wichtig seien, sprachen sich 45 Prozent der Befragten für ökologische Nachhaltigkeit aus beziehungsweise dafür, den Klimawandel zu bekämpfen, so Commerz Real. Ob die Zahl als hoch oder niedrig einzuschätzen ist, lässt das Unternehmen zwar offen. Im Kontext soll sie aber offenbar das Interesse an solchen Investitionen belegen. Doch ein Anteil von 45 Prozent für die Motive Ökologie und Klima ist mit Blick auf die üblichen (Marketing-)Konzepte von Impact-Fonds – wie auch dem Klimavest von Commerz Real – nicht eben viel, zumal bei dieser Frage Mehrfachnennungen möglich waren.

So stellen mit 38 Prozent fast ebenso viele der Befragten die Bekämpfung der Armut in den Vordergrund und 35 Prozent die Gesundheitsversorgung sowie die Erforschung von Therapien. Bildung für alle wird von 31 Prozent als wichtiges Ziel angegeben und 23 Prozent legen den Fokus auf nachhaltige Städte und Kommunen. Diese Punkte indes spielen bei den bisher bekannten Nachhaltigkeits-Konzepten nur selten eine größere Rolle.

„Immer mehr Anhänger“

„Impact Investing findet immer mehr Anhänger und wird sich weiter am Markt durchsetzen“, wird Tobias Huzarski, Head of Impact Investment bei der Commerz Real, in der Mitteilung zitiert. Das hohe Interesse zeige sich auch bei der Frage nach den wichtigsten Faktoren einer nachhaltigen Geldanlage. Wirklich?

So sind für 29 Prozent der Umfrageteilnehmer eine attraktive Rendite bei gleichzeitiger positiver ökologischer Wirkung ein wichtiges Kriterium, während 16 Prozent eine attraktive Rendite und gesellschaftliche Auswirkungen als wichtig erachten, schreibt Commerz Real (siehe Grafik). Damit wolle „nahezu die Hälfte“ aller Befragten sowohl eine attraktive Rendite als auch Einfluss nehmen auf ökologische und soziale Themen. „Nur“ für 21 Prozent zähle allein die Rendite.

Nur für sechs Prozent Rendite nicht entscheidend

Allerdings: Mit sechs Prozent der Befragten entschieden sich bei dieser Frage noch deutlich weniger für die Antwort „Eine attraktive Rendite ist bei nachhaltigen Investments nicht entscheidend“. Daraus ließe sich auch die Schlussfolgerung ziehen: Die übergroße Mehrheit der Deutschen will für Nachhaltigkeit nicht auf eine „attraktive Rendite“ verzichten, was auch immer der Einzelne sich darunter vorstellt.

Das lässt Commerz Real im Text der Pressemitteilung unter den Tisch fallen. Es ergibt sich nur aus der betreffenden Grafik. In diesem Fall waren Mehrfachnennungen offenbar nicht möglich. Die Befragten mussten sich demnach zwischen vier vorformulierten Antworten sowie „Sonstige“ beziehungsweise „Weiß nicht/keine Angabe“ entscheiden. Auf die letzten beiden Alternativen entfielen zusammen 28 Prozent.

Auch diesbezüglich stellt sich die Frage, ob sich daraus wirklich ein „hohes Interesse“ an Impact Investing ablesen lässt, zumal die ersten beiden der vorformulierten Antworten sowohl eine „attraktive Rendite“ als auch Nachhaltigkeitsziele zuließen. Die Befragten konnten also beides haben. Trotzdem entschieden sich insgesamt lediglich 45 Prozent dafür. Das ist eher ernüchternd.

Die weitaus wichtigere Frage, wie sich die Anleger verhalten, wenn sie zwischen Rendite und Nachhaltigkeit wählen müssen, beantwortet die Umfrage hingegen nicht. Ob Rendite oder Nachhaltigkeit wichtiger ist und wie hoch gegebenenfalls der Renditeverzicht gegenüber nicht-nachhaltigen Investments maximal ausfallen darf, hat YouGov anscheinend nicht abgefragt. Offenbar stuft Commerz Real die angestrebte Gesamtrendite ihres Klimavest von 3,0 bis 4,0 Prozent bei jährlichen Ausschüttungen von 1,5 bis 2,0 Prozent als attraktiv ein und sieht insofern keinen Widerspruch. Ob die Anleger das auch so empfinden?

Jeder zweite weiß nicht, was eine nachhaltige Geldanlage ist

Grundsätzlich nachvollziehbar ist, dass Commerz Real „weiterhin großen Aufklärungsbedarf zu nachhaltigen Geldanlagen im Allgemeinen und Impact Investing im Besonderen“ sieht. So wussten der Mitteilung zufolge nur 31 Prozent der Umfrageteilnehmer, dass es Produkte gibt, die Rendite mit ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit verbinden. Das seien zwar neun Prozent mehr als bei einer vergleichbaren Umfrage der Commerz Real im Jahr 2020, doch fast jeder Zweite stimmte weiterhin der Aussage zu, dass er nicht wisse, was überhaupt eine nachhaltige Geldanlage sei.

„Somit gilt es, die Aufklärungsarbeit weiter fortzuführen“, so Huzarski. Deshalb sei es nach Ansicht der Commerz Real auch nicht überraschend, dass gemäß der Umfrage derzeit nur 13 Prozent der Bundesbürger in Anlagen investiert sind, die ökologisch oder sozial nachhaltig sind. „Hier rechnen wir aufgrund des Nachfragepotenzials mit einem sichtbaren Wachstum in den nächsten Jahren“, prognostiziert Huzarski. Das mag wohl sein. Die Umfrage allerdings gibt das nicht her.

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