Thema „Prognosen“ zurück auf der Agenda

Ein einheitlicher Standard für AIF-Prospekte ist weiterhin nicht in Sicht. Stattdessen setzt sich eine Unsitte durch. Doch zwei aktuelle Vorgänge erfordern, dass die Diskussion neue Dynamik bekommt. Der Löwer-Kommentar

„Spätestens seit dem jüngsten BGH-Urteil geht es um weit mehr als nur um eine Image-Frage.“

Für die Cash.-Ausgabe 6/2018 (ab Donnerstag im Handel) hat die Redaktion Prospekte von aktuellen alternativen Investmentfonds (AIFs) von 15 Anbietern in Hinblick auf Umfang und inhaltliche Elemente untersucht. Ergebnis: Fünf Jahre nach dem Start des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) im Juli 2013 ist die Branche von einem einheitlichen Standard noch immer weit entfernt. Das betrifft sowohl den generellen Aufbau als auch den Charakter der Fondsprospekte.

Lediglich der übliche Umfang hat sich zwischen etwa 100 und 140 Seiten eingependelt. Ansonsten sind die Unterschiede weiterhin groß, wobei mittlerweile der Großteil der Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) Schmalspur-Prospekte produziert, die sich im Wesentlichen auf den Katalog der Mindestangaben im KAGB beschränken.

Inwieweit auch die Generalklausel im KAGB berücksichtigt wurde, wonach der Prospekt unabhängig von den Mindestangaben alle Informationen enthalten muss, “die erforderlich sind, damit sich die Anleger … ein begründetes Urteil bilden können”, ist in diesen Fällen nicht immer unmittelbar ersichtlich.

Nur fünf Prospekte mit Detail-Prognose

So enthalten nur fünf der Prospekte eine Detail-Prognoserechnung, mit lediglich vier Ausnahmen verzichten die KVGen auf Fotos (außer meistens auf der Titelseite), und der bei früheren Fonds obligatorische „Leistungsnachweis“ der KVG (Auszug aus der Leistungsbilanz oder dem Performance-Bericht) findet sich nur bei drei Anbietern. Die Risikohinweise hingegen ufern nicht selten aus und füllen manchmal über 20 eng bedruckte Prospektseiten.

Stattdessen hat sich eine Unsitte durchgesetzt: Neben dem Prospekt eine umfangreiche Werbemitteilung zu veröffentlichen, die vielfach eher den Charakter eines zweiten Prospekts hat. Lediglich ein Anbieter verzichtet ganz auf einen Zweitprospekt, in einem Fall handelt es sich lediglich um einen zweiseitigen Flyer.

Ansonsten hat der Zweitprospekt meistens einen Umfang von etwa 20 bis 30 Seiten und wird mit unterschiedlichen Bezeichnungen wie „Kurzprospekt“, „Kurzexposé“ oder „Informationsbroschüre“ betitelt. Die umfangreichsten Zweitprospekte unter den untersuchten Fonds haben die Angebote von ZBI und Project Investment mit 48 beziehungsweise 52 Seiten.

Seite 2: Praxis problematisch für den Vertrieb

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