Versicherungstarife: Wie Vermittler Haftungsrisiken vermeiden

Erschwert wird die Nachvollziehbarkeit der Bewertung jedoch durch die unterschiedliche Gewichtung einzelner Bereiche der Untersuchung oder einzelner Kriterien. Das Vornehmen von Gewichtungen ist charakteristisch für Ratings. Dieses Vorgehen ist in vielen Fällen sinnvoll und trägt zu einer aussagekräftigen Gesamtbewertung bei, erschwert aber leider die Nachvollziehbarkeit des Bewertungsverfahrens.

Scoring als Produktbewertung

Weniger weit verbreitet ist das Scoring als Bewertungsverfahren. Als Produktbewertungsverfahren ist es nicht zu verwechseln mit dem, beispielsweise von Banken durchgeführten, Kredit-Scoring von Privatpersonen. Das Scoring hat viele Elemente vom Rating.

Hierzu zählen die Darstellung der Scoring-Bewertung durch nicht numerische Symbole, zumeist durch Sterne, sowie die umfangreiche betrachtete Datenmenge, die sich wie beim Rating aus quantitativen und qualitativen Daten zusammensetzt.

Dadurch eignet sich auch das Scoring gut zur Bewertung von komplexen Produkten wie Versicherungstarifen. Die Unterschiede zwischen Scoring und Rating liegen im Bewertungsverfahren. Das Scoring setzt auf das Punktbewertungsverfahren, auch „Score-Verfahren“ genannt. Hierbei wird jedem untersuchten Kriterium ein Punkt (genannt „Score“) zugewiesen, sofern das Kriterium erfüllt wird. Auf Gewichtungen wird komplett verzichtet.

Durch das eindeutige, leicht verständliche Bewertungsverfahren sind die Bewertungen leicht nachzuvollziehen. Der Vermittler kann sich bei diesem Verfahren ein Bild über die fachlichen Inhalte machen, sofern diese und deren Erfüllung einsehbar sind. Durch den Verzicht auf Gewichtungen ist es beim Scoring besonders wichtig, dass die Kombination der untersuchten Kriterien sinnvoll und vollständig ist.

Die Zusammenstellung der untersuchten Kriterien ist ausschlaggebend für ein aussagekräftiges Bewertungsergebnis. Als weiteres Bewertungsverfahren taucht oftmals das Ranking auf, was die Bewertungsergebnisse in numerischer Reihenfolge sortiert.

Dieses Verfahren eignet sich jedoch nicht für komplexe Versicherungsprodukte, da charakteristisch ausschließlich quantitative Kriterien (oft Vergangenheitswerte) in geringem Umfang untersucht werden.

Umfangreiche Bewertungsraster
Bei der Beurteilung des Versicherungstarifes ist es von Bedeutung, sämtliche Produktaspekte zu berücksichtigen. Je nach Produktart und Sparte unterscheiden sich diese Aspekte. Generell sind alle Lebenszyklus-Phasen des jeweiligen Produktes zu berücksichtigen.

Eine fondsgebundene Rentenversicherung lässt sich beispielsweise in die Bereiche der Ansparphase, der Rentenphase, die Kalkulation und die Kapitalanlage unterteilen. Alle Aspekte innerhalb dieser Bereiche bedürfen der Berücksichtigung. In der Ansparphase ist wichtig, welche Zuzahlungs- und Entnahmemöglichkeiten oder Überbrückungsmöglichkeiten bei Zahlungsschwierigkeiten bestehen.

Bei der Rentenphase sind Verrentungsmodelle, Entnahmen nach Rentenbeginn sowie Überschussverwendungen interessant. Die Betrachtung der Kalkulation kann durch einen Vergleich von Garantie- und Gesamtleistungen erfolgen.

Die Kapitalanlagemöglichkeiten bei der fondsgebundenen Versicherung lassen sich durch das angebotene Fondsportfolio, Wechselmöglichkeiten der Anlage sowie integrierte Mechanismen, wie ein Ablaufmanagement, beurteilen. Für jeden Bereich kommen noch zahlreiche zu berücksichtigende Aspekte hinzu.

Je nach Produktart und Sparte sind unterschiedliche Anforderungen an die zu betrachteten Aspekte zu stellen. Bei Tarifen, die vom Leistungsumfang eindeutig auf eine Zielgruppe zugeschnitten sind, sollte auch bei der Bewertung eine Unterteilung nach Zielgruppen vorgenommen werden.

Bei einer privaten Krankenversicherung wäre es sicher nicht hilfreich, ein einzelnes Bewertungsraster auf alle Tarife anzulegen. Sinnvoll ist hier eine Unterteilung, beispielsweise in einen Top-Schutz, einen Komfort-Schutz und einen Basis-Schutz.

Auch bei Pflegerenten wäre ein einheitliches Bewertungsraster ohne Unterteilung nach der Leistung je Pflegestufe wenig sinnvoll, da auch hier mit verschiedenen Leistungsumfängen unterschiedliche Zielgruppen bedient werden.

Gute Produktbewertungsverfahren externer Anbieter berücksichtigen alle Anforderungen bei der Beurteilung des Versicherungstarifes und bieten dem Vermittler teilweise darüber hinaus Dokumentationsmöglichkeiten der Produktauswahl. So erhalten Vermittler gute Unterstützung bei der Produktauswahl und können die gesetzlichen Anforderungen ohne erheblichen Aufwand meistern.

Der Autor Mirko Theine ist Geschäftsführer von ascore Das Scoring GmbH, Hamburg.

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