Schwarz-roter Harmonieterror gefährdet Alterssicherung

Eine gigantische Schuldenlast, deren Auswirkungen auf die Zukunft durch die jetzigen Mini-Zinsen noch nicht voll überschaubar sind.

Stärkung der privaten Vorsorge

Man darf gespannt sein, ob sich die Partner in spe zu Lösungen zur Stärkung der privaten Vorsorge durchringen. In den Konzepten der SPD vor der Wahl spielte die staatlich geförderte kapitalgedeckte Privatvorsorge so gut wie keine Rolle mehr. Ein Abschied von „Riester auf Raten“ schien programmiert.

Unterstützenswert ist dagegen das von der SPD vor der Wahl ins Gespräch gebrachte Opting-Out-System zur Stärkung der betrieblichen Altersvorsorsorge.

Riester-Revitalisierung statt Abschaffung

Das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) hat den Parteien einen klaren Forderungskatalog vorgelegt.

Die Weiterentwicklung der Altersvorsorgesysteme muss sich danach auf der Grundlage des etablierten Schichtenmodells vollziehen, Riester braucht eine Revitalisierung statt Abschaffung, die Eigenvorsorge muss von einer Anrechnung auf die Grundsicherung im Alter ausgenommen werden und Risikogewinne in der Lebens- und Rentenversicherung sind statt wie bisher zu 75 Prozent mindestens zu 90 Prozent an die Versicherten auszuschütten.

Auf dem Wunschzettel stehen weiterhin die Schaffung für ein die Altersvorsorgeschichten übergreifendes Rentenkonto und die Aufhebung von Marktzugangsbeschränkungen im Bereich der Direktversicherungen, verbunden mit einer Öffnung des Marktes für Banken- und Kapitalgesellschaften.

Das DIA hatte vor der Wahl eine repräsentative Umfrage gemacht. Dreiviertel der Wähler hielten die Altersvorsorge für ein zentrales Zukunftsthema, nur ein Drittel hatte Vertrauen in die Lösungskompetenz der Parteien, am meisten Sympathie hatte noch die Bildung einer Großen Koalition.

Reformmüde Kanzlerin

„Ganz grundlegend neue Sozial- und Wirtschaftsreformen brauchen wir nicht“, erklärte Bundeskanzlerin Merkel jetzt in einem Interview. Die Sozialkassen seien wegen der erfreulich guten Beschäftigungslage finanziell gut ausgestattet.

Das lässt auf eine „Verwalten statt Gestalten“-Philosophie im schwarz-roten Harmonieterror schließen. Zu recht warnt EZB-Direktor Jörg Asmussen: „Wenn man jetzt nicht weiter reformiert, dann ist man in fünf bis zehn Jahren wieder der kranke Mann Europas.“

Reformbaustellen gebe es in Hülle und Fülle. Von 27 auf 37 Prozent wird nach einer Studie der Vereinten Nationen der Anteil der über 60-jährigen bis 2050 steigen. Laut Münchner Ifo-Institut kommen derzeit drei Erwerbstätige für einen Rentner auf, ab 2040 müssen zwei Erwerbstätige einen Rentner finanzieren.

Zwar dürfte der Beitragssatz in der Rentenversicherung 2014 angesichts der niedrigen Arbeitslosigkeit auf 18,4 Prozent sinken, doch ist dies eine trügerische Beruhigungspille. Durch die Alterung der Gesellschaft ist mit einem Anstieg der Lohnnebenkosten und damit einhergehend einer Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit zu rechnen. Auf uns zu kommt schon bald die in die Rente strebende Babyboomer-Generation.

Prof. Dieter Weirich ist neben Klaus Morgenstern Sprecher des Deutschen Institutes für Altersvorsorge (DIA), einer Denkfabrik zur Stärkung der privaten Vorsorge. Der gelernte Journalist war von 1989 bis 2001 Intendant der Deutschen Welle, von 1980 bis 1989 Mitglied des Deutschen Bundestages.

Foto: DIA

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