„PKV muss sich auf ihre Stärken konzentrieren“

Peter Thomas ist Vorstandsvorsitzender der Inter Versicherungsgruppe aus Mannheim. Mit Cash. hat er über die Zukunftsaussichten der privaten Krankenversicherung (PKV) gesprochen und erklärt, was er vom geplanten Notlagentarif und einer Aufnahmegarantie in die PKV hält.

Cash.: Herr Thomas, zwischen 2002 und 2012 ist der Anteil der Deutschen, die privat krankenvollversichert sind, um 13 Prozent auf knapp neun Millionen Menschen gestiegen. Wie erklären Sie sich diesen Zulauf? 

Peter Thomas, Vorstandsvorsitzender Inter Versicherungsgruppe

Thomas: Die Kunden der PKV wissen, dass die umlagefinanzierte, ohne Rückstellungen arbeitende gesetzliche Krankenversicherung (GKV) auf Dauer nicht demographiefest sein kann und der Gesetzgeber jederzeit den Leistungsumfang verändern beziehungsweise reduzieren kann. Wer heute gesetzlich versichert ist, weiß nicht, welche Leistungen ihm in der Zukunft zur Verfügung stehen. Demgegenüber bietet die PKV mit ihrem generationengerechten Kalkulationsprinzip ein lebenslanges, garantiertes Leistungsversprechen. Die Absicherung kann sich der Kunde je nach persönlichem Bedarf zusammenstellen und ist nicht auf einen „Einheitskatalog“ angewiesen.

Dennoch dürften die Medienberichte über teilweise sehr hoch ausgefallene Beitragssteigerungen des vergangenen Jahres so manchen potenziellen Interessenten abgeschreckt haben…

Zum Thema Beitragsanpassung ist zu sagen, dass viele Unternehmen auf Kritik reagiert haben und keine Billigtarife mit hohen Beitragssteigerungen mehr anbieten. Das ist meiner Meinung nach der absolut richtige Weg.

Dennoch haftet der PKV in weiten Teilen der Bevölkerung ein schlechtes Image an. Wie ist dem Problem beizukommen?

Dass der PKV in weiten Teilen der Bevölkerung ein schlechtes Image anhaftet, kann ich nicht bestätigen. Umfragen zeigen, dass rund 96 Prozent der PKV-Versicherten mit den Leistungen sehr zufrieden sind. Unabhängig davon: Die PKV muss sich auf ihre Stärken konzentrieren, Leistung und Service bieten, dann wird sich das Image in der Bevölkerung weiter verbessern.

Bis zur Bundestagswahl bleibt der PKV jedoch nicht mehr viel Zeit, um mit ihren Stärken für sich zu werben. Die Bürgerversicherung könnte bei entsprechendem Wahlausgang bereits im Jahr 2015 das Ende der PKV in der Vollversicherung herbeiführen. Sind Sie für ein derartiges Szenario gerüstet?

Ein abruptes „Umschwenken“ hin zu einer Bürgerversicherung ist meiner Ansicht nach alleine schon aus den vielfältigen rechtlichen und organisatorischen Gründen nicht realisierbar. Wir befinden uns in einem Wahljahr. Das bedeutet auch, dass von der politischen Opposition immer wieder verschiedene Themen – und seien sie noch so weit hergeholt – auf den Tisch gebracht werden. Zum Beispiel eben die Bürgerversicherung. Jeder, der sich ein wenig damit beschäftigt, kommt zu dem Ergebnis, dass sie ein absoluter Irrweg ist und bleibt.

Also alles beim Alten belassen?

Unser Gesundheitssystem hat sich bewährt, das Nebeneinander der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen funktioniert hervorragend. Insbesondere, wenn man unser Gesundheitssystem mit anderen Ländern vergleicht, wird das sehr deutlich. Es ist deshalb für mich unverständlich, warum die Thematik bei einigen Politikern immer wieder auf der Tagesordnung steht, zumal sich auch die finanzielle Situation der GKV wieder stabilisiert hat – siehe hier auch die Abschaffung der Praxisgebühr. Es gibt ohne Frage dringlichere politische Probleme, die gelöst werden müssen. Die PKV ist mit ihrem generationengerechten Kalkulationsprinzip und der privatrechtlichen Verankerung ein unverzichtbarer Teil der deutschen Krankenversicherung und wird dies in Zukunft auch bleiben.

Das Kalkulationsprinzip kann allerdings dazu führen, dass sich manche Versicherte ihre Beiträge nicht mehr leisten können. Nun sagen Verbraucherschützer, dass weder der Basistarif noch der geplante Notlagentarif gute Alternativen für die Betroffenen seien: Der eine biete schlechte Leistungen zu überteuerten Preisen, während der andere nur im äußersten Notfall greife. Was entgegen Sie dieser Kritik und wie lautet Ihre Position zum Notlagentarif?

Da im Basistarif auch Personen mit Vorerkrankungen aufgenommen werden müssen, ohne dass ein Risikozuschlag erhoben werden kann, ist er zwangsläufig vergleichsweise teuer. Hilfebedürftige zahlen hier aber nur den halben Beitrag, der dann gegebenenfalls vom Sozialhilfeträger auch noch bezuschusst wird. Daher erfüllt dieser Tarif durchaus eine soziale Funktion.

Dem avisierten, sehr preisniedrigen Notlagentarif stehen wir als Unternehmen positiv gegenüber – insbesondere, weil dadurch weitere Verschuldungen von in finanzielle Not geratenen Versicherten weitgehend gestoppt werden. Gleichwohl stehen den Betroffenen ausreichende Notfallleistungen zu.

Um den Vorwurf der Rosinenpickerei entgegenzutreten, verzichten erste Anbieter künftig darauf, bestimmten Angestellten eine PKV-Aufnahme zu verweigern. Was halten Sie davon?

Prinzipiell halten wir eine Aufnahmegarantie in die private Vollversicherung für Alle, die in den versicherbaren Personenkreis fallen und versichert werden möchten, für wünschenswert. Von den Angestellten, die über der Versicherungspflichtgrenze verdienen, sind heute circa zwei Drittel weiterhin in der GKV versichert. Es stellt sich also die Frage, ob dieser Anteil tatsächlich höher sein würde, wenn eine Aufnahmegarantie für Angestellte nach Überschreiten der Versicherungspflichtgrenze existieren würde. Die diesbezüglichen Neuerungen zu diesem Thema haben wir zur Kenntnis genommen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es aber noch zu früh, dies abschließend zu beurteilen. Wir werden die Entwicklung selbstverständlich weiter beobachten und dann auf die Anforderungen des Marktes reagieren.

Welche weiteren Maßnahmen wären erforderlich, um Vertrauen in die PKV zurückzugewinnen?

Ich bin der festen Überzeugung, dass die PKV-Versicherten das Vertrauen in ihren Versicherungsschutz grundsätzlich nie verloren haben. Eine seriöse Geschäftspolitik, leistungsstarke Produkte und geringe Beitragsanpassungen werden das Vertrauen in die PKV weiter steigern. Ich möchte zugleich noch anmerken, dass im Jahr 2012 die Zahl der PKV-Verträge netto um 552.900 auf insgesamt 32,03 Millionen Versicherungen wuchs. Dies zeigt eindeutig, dass der angebliche Vertrauensverlust in die PKV also nicht so groß sein kann, wie des Öfteren behauptet wird.

Interview: Lorenz Klein

Foto: Inter

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