Strategiewandel in Köln: Die Gothaer schaut stärker auf Deutschland

Die Neuausrichtung des Gothaer Konzerns nimmt konkretere Formen an: So trennt sich das in Köln beheimatete Versicherungsunternehmen überraschend von seinem polnischen Tochterunternehmen Gothaer Towarzystwo Ubezpieczeń und veräußert seine Anteile zu 100 Prozent an die Vienna Insurance Group (VIG).

 

Der Gothaer Konzern trennt sich von seiner polnischen Tochter und verkauft das Unternehmen an die Vienna Insurance Group, die sich historisch bedingt, sehr stark in Osteuropa engagiert.

 

Ein entsprechender Kaufvertrag sei am 6. Juni unterzeichnet worden, teilten die Gothaer Versicherung und die Vienna Insurance Group mit. Die Transaktion bedarf noch der Zustimmung der lokalen Behörden.

Die Gothaer TU mit Sitz in Warschau vertreibt ihre Nichtlebensversicherungsprodukte vorwiegend über Makler und Agenten. Das Unternehmen verfügt über sechs Zweigniederlassungen und ein breit ausgebautes Netzwerk von Agenten.

Das Prämienvolumen lag 2017 bei rund 150 Millionen Euro. In der Gothaer TU werden rund 2 Millionen Versicherungsverträge verwaltet und mehr als 632.000 Kunden betreut. Derzeit sind 530 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.

Grund für die Gothaer, sich von der polnischen Tochter zu trennen, ist der durch die Digitalisierung getriebene Strategiewechsel: „Im Rahmen der Umsetzung unserer Strategie Gothaer 2020 werden wir uns jetzt stärker auf unser Kerngeschäft in Deutschland fokussieren“, erklärt Dr. Karsten Eichmann, Vorstandsvorsitzender des Gothaer Konzerns. Dabei setzt der Konzern vor allem auf die Digitalisierung des Geschäftsmodells.

 

„Wir werden uns jetzt stärker auf unserer Kerngeschäft in Deutschland fokussieren“, begründet Gothaer-Vorstandsvorsitzender Dr. Karsten Eichmann den Strategiewechsel.

 

Neben einer Vielzahl von Initiativen im Produkt- und Servicebereich und bei der Beratung der Kunden schafft das Unternehmen auch neue Strukturen auf der Konzernebene. Das Spektrum reicht dabei von der Einführung neuer Strukturen und Arbeitsmethoden über den Umbau der IT und die Schaffung neuer Arbeitswelten bis hin zur Weiterqualifizierung und zum Kulturwandel.

Für den Umbau und die Neujustierung des Geschäftes will die Gothaer nach eigenen Angaben rund 100 Millionen Euro in die Hand nehmen. Hinzu dürfte aber auch kommen, dass das Unternehmen im Rahmen der Niedrigzinsphase beträchtliche Finanzmittel der Zinszusatzreserve zuführen muss.

Allein im vergangenen Jahr waren dies 243 Millionen Euro. In diesem Jahr dürfte der Betrag ähnlich hoch liegen. Die steigenden Zuführungsvolumina belasten die Ertragslage erheblich und sind sicherlich auch ein weiterer Grund, sich wieder stärker auf den heimischen Markt zu konzentrieren.

Durch die Übernahme der Gothaer-Tochter baut die Vienna Insurance die Marktpräsenz in Polen deutlich aus. Nach Aussage von Vienna Insurance Group-Vorstand Franz Fuchs ist das Unternehmen die Nummer vier im polnischen Versicherungsmarkt und in der Sparte Nichtleben.

Durch den Kauf erhöht sich der Marktanteil von 6,2 auf nun 7,8 Prozent. Die Österreicher sind mit insgesamt vier Gesellschaften im polnischen Markt tätig und haben, historisch bedingt, – neben Österreich – den Fokus auf Zentral und Osteuropa: So hat der Wiener Versicherer Töchterunternehmen unter anderem in Estland, Lettland, Litauen, Weissrussland, Rumänien, Bulgarien, Serbien, Kroatien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina und Albanien.

Die Gothaer wurde bei der Transaktion von UniCredit beraten. (dr)

Fotos: Shutterstock; Gothaer Versicherungen

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