Hermann (AOK): „Sicherheit, nicht Klientelpolitik“

‚Bastelpackungen‘ verunsichern Apothekenkunden sagt der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg, Dr. Christopher Hermann. Er plädiert für die Abschaffung der Subventionsquote für Importarzneimittel. Was ihn dazu bewegt.

Die AOK Baden-Württemberg sieht die Versicherten nicht als Testobjekte an.

„Nichts wird besser, wenn man ein ineffektives Bürokratiemonster noch komplexer macht“, kommentiert Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, die geplante Änderung der Subventionsklausel für Importarzneimittel.

„Das ist nicht nur ein bürokratischer Irrweg, es ist vor allem für Patienten schnell gefährlich und finanziell nutzlos.“ Der AOK-Chef warnt davor, jetzt gerade im neuen Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) an jener Klausel festzuhalten, die wiederholt das Haupteinfallstor für die Machenschaften von Hehlerbanden und Arzneimittelfälschern gewesen sei.

Wirtschaftliche Aspekte dürfen medizinische Notwendigkeit nicht übersteigen

„Die Interessen von ein paar Subventionsgewinnlern dürfen nicht schwerer wiegen als die Arzneimittelsicherheit. Es geht um Patienten, nicht darum, einem andauernden Problemmarkt per gesetzlicher Quote Umsatz und Gewinn zu garantieren.“

Das Misstrauen, das in der AOK gegen quotengeförderte Importarzneimittel herrscht, teilen viele Apotheker. Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands und Präsident des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg, beschleicht immer wieder ein ungutes Gefühl, wenn er einen Blick auf die „Bastelpackungen“ wirft, die dank der Quote regulär über den Beratungstisch in der Apotheke wandern können:

„Es verunsichert unsere Kunden, wenn Blisterpackungen schräg ausgeschnitten sind, Schachteln mit irgendwelchen Etiketten überklebt wurden oder widersprüchliche Angaben über die enthaltene Arzneimittelmenge auf der Packung stehen. Wir möchten unsere Arbeit nicht durch unseriös wirkende Produkte diskreditiert sehen.“

Appell für mehr Transparenz in der Lieferkette

Ungern erinnert sich Becker an ein Erlebnis mit einem Kunden zurück, der die Apotheke verlassen hatte, um einige Zeit später in Begleitung der Polizei zurückzukehren: Ihn hatte die Aufmachung eines Importarzneimittels entsprechend verunsichert.

Dr. Christopher Hermann ergänzt, die gesetzliche Quotenförderung reize mutmaßliche Betrüger geradezu an, über lange, intransparente Lieferketten quer durch den Kontinent Arzneimittelfälschungen auf den deutschen Markt zu bringen.

Ihr Geschäft ist gerade in Deutschland dank der gesetzlichen Quotenförderung besonders lukrativ. Der Bundesrat habe diese Mechanik durchschaut und deshalb nur folgerichtig gehandelt, als er Mitte März die Streichung der Importförderklausel gefordert habe, führt Hermann aus.

Politik steht in der Pflicht

„Wir appellieren nun dringend an die Abgeordneten des Bundestags, sich in ihren parlamentarischen Beratungen dieser Forderung anzuschließen!“ So sprach sich zuletzt auch die Taskforce ‚Lunapharm‘ nachdrücklich für die Streichung der Reimportförderklausel aus, als Konsequenz aus dem aufgedeckten Skandal um nach Brandenburg eingeschleuste Problemarzneimittel zur Krebsbehandlung.

„Das ist ein Fall, der in aller Deutlichkeit zeigt, wie gefährlich eine bürokratische Regelung ist, die Interessen der Reimportlobby Vorrang vor der Arzneimittelsicherheit gewährt“, warnt Hermann. „Es ist hohe Zeit, politisch die notwendigen Konsequenzen zu ziehen!“

 

Quelle: Shutterstock

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