Wie Angehörige von Rückforderungen der Sozialhilfe für Pflegekosten befreit werden

Haben Pflegezusatzversicherungen als Vermögensschutzpolicen ausgedient? Eine Analyse von Dr. Johannes Fiala und Diplom-Mathematiker Peter A. Schramm.

Pflegepflichtversicherung (PPV) als Teilkasko-Versorgung
„Hilf dir selbst, so hilft dir Gott“ dachte sich der Gesetzgeber, als er die PPV geschaffen hatte – selbst mit „Pflege-Bahr“ nur eine Teilkasko-Versorgung von bis zu weniger als 50% der Pflegekosten. Dies führt regelmäßig dazu, daß erst die eigene Rente bis auf ein Taschengeld, dann das eigene Vermögen
bis auf einen Selbstbehalt von 5.000 € aufzubrauchen ist – danach springt das Sozialamt ein, und sieht zu wie es von Kindern und anderen Angehörigen im Regresswege einen Unterhalt einfordern kann.

Zeitweiliger Schutz durch Schonvermögen im Sozialhilferecht schützt Erben nicht
Beispielsweise eine selbstgenutzte Immobilie gehört zum Schonvermögen – die Sozialhilfe wird dann als Darlehen gewährt. Abgerechnet wird zum Schluss – etwa wenn die Erben erkennen, dass durch die geerbte Darlehensschuld der Nachlass überschuldet sein dürfte. Sofern kein Testamentsvollstrecker dies prüft, kann der Erbe zeitlich befristet ausschlagen, oder eine Nachlassverwaltung zum eigenen Vermögensschutz beantragen – hilfsweise auch die Nachlassinsolvenz.

Reformvorhaben der Bundesregierung entlastet Kinder mit Einkommen unter 100.000 Euro
Ab dem Jahre 2020 sollen nach einem neuen Gesetzesvorhaben nur noch Kinder und Eltern mit einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 € und mehr, von einer Unterhaltspflicht wegen nicht (mehr) selbst aufbringbarer Pflegekosten betroffen sein (Angehörigen-Entlastungsgesetz).
Wer ein höheres Einkommen hat, wird sich ggf. überlegen, ob die eigene Pflicht etwa zum Elternunterhalt deshalb beschränkt oder weggefallen ist, weil der Pflegebedürftige durch sittliches Verschulden bedürftig wurde, oder dieser seine Unterhaltspflicht selbst vernachlässigte, oder gegenüber ihm (ggf. auch gegen nahe Angehörige) eine schwere Verfehlung vorliegt, § 1611 BGB.

Pflegezusatzversicherung entlastet Sozialhilfe und Unterhaltspflichtige
Der Abschluss von Pflegezusatzversicherungen erfolgt oft mit dem Ziel, die Kinder nicht mit Forderungen der Sozialhilfe zu belasten. Oder aber, um ihr (kleines) Vermögen als Erbe für die Kinder dadurch zu erhalten. Es gibt sogar Produktideen von Vermittlern, dass die Kinder eine solche Versicherung gegen die Inanspruchnahme durch die Sozialhilfe abschließen würden (etwa als Versicherung für fremde Rechnung). Eine schriftliche Bedarfsermittlung ist ratsam. Allerdings kann man sich hier massiv verkalkulieren, wenn der Medizinische Dienst beauftragt von den Krankenkasse (MDK) einen zu niedrigen Pflegegrad feststellt. Spötter meinen dann, man könne dagegen klagen – allerdings mit der Aussicht das Ende des Prozesses nicht mehr zu erleben.

Pflegezusatzversicherung oder Stiftungsgeschäft?
Mancher Verbraucherschützer meinte bereits: „Die Pflegezusatzversicherung ist eine Vermögensschutzversicherung. Wer kein Vermögen (und auch keine Hinterbliebenen mit Vermögen) besitzt, braucht keine Pflegezusatzversicherung.“. Ein Irrtum, wenn man bedenkt, dass das übliche Taschengeld bis zu etwas mehr als 110 € monatlich beträgt – oder auch nur ein Bruchteil davon; beispielsweise für Zuzahlungen bei Medikamenten, Friseur, Fußpflege oder eine Sterbeversicherung. Außer, man begnügt sich im Pflegefall damit. Eigenes Vermögen kann man durch rechtzeitige Errichtung einer Stiftung, Zustiftung oder anderes Stiftungsgeschäft tatsächlich sichern. Nach Erreichen des Pfändungsschutzes lassen sich Leistungen
der Stiftung gegenüber dem Stifter gestalten, welche das Leben um Annehmlichkeiten bereichern. Schließlich kann eine Versorgung statt über Leibrente auch durch Sachwerte und Dienstleistungen erbracht werden – eine Frage der Perspektive beim Stiftungsgeschäft.

„Mit warmen Händen schenken“ – auch zum Vermögensschutz
Des öfteren haben Ältere ihr Vermögen irgendwie auf die Kinder übertragen (oder verprasst), um dann erst mittellos ins Pflegeheim zu gehen und Sozialhilfe zu beanspruchen. Dies lässt sich sauber gestalten, etwa durch Geldübertragung gegen Wohnrecht (nicht: Nutzungsrecht) im Haus der Kinder
und (nur häusliche) Pflegeverpflichtung, so dass es keine freigiebige Schenkung ist; vorausgesetzt eine mathematische Kalkulation kann dies beweisen und der Vertrag ist entsprechend sorgsam gestaltet. Handelt es sich jedoch um eine (ggf. gemischte bzw. teilweise) Schenkung, so wird der
Sozialhilfeträger diese wegen Verarmung des Schenkers zurück fordern – soweit sie in den letzten 10 Jahren erfolgt war, §§ 528 f. BGB. Liegt grober Undank vor, gibt es gar keine Frist welche eine Rückforderung ausschließt. Es wäre ein Irrtum zu glauben, man könne als Beschenkter dann so
einfach das Geschenk zurück geben – und der Fall sei damit erledigt. In der Regel werden entsprechend nötige vorsorgliche Vertragsgestaltungen übersehen; dann kann der Beschenkte in Liquiditätsschwierigkeiten kommen, wenn er höhere laufende Geldleistungen aufbringen soll.

Gesetzesvorhaben zur mittelbaren Förderung des Verkaufs von Altersvorsorgeprodukten
Wer kein Vermögen (und auch keine Hinterbliebenen mit Vermögen) besitzt, und das übliche Taschengeld des Sozialhilfeträgers für ausreichend hält, braucht keine Pflegezusatzversicherung. Pflegezusatzversicherungen sind dann bei richtiger Gestaltung des Vermögensschutzes meist zur
Zielerreichung unnötig, weil man damit nur dem Staat Leistungen der Sozialhilfe erspart. Eine Idee, wie bei den oft als unnötig erachteten Riesterrenten für Geringverdiener, die lediglich dazu führt, dass der Staat weniger aufwenden muss, um die immer noch unzureichende Gesamtrente auf die
Mindestsicherung aufzustocken. Insofern ähnlich, weil bei den meisten sich durch das Pflegetagegeld lediglich der Sozialhilfeaufwand mehr oder weniger vermindert, am Ende aber auch nicht mehr als das Taschengeld übrigbleibt.

Volkswirtschaftlich fördert der Gesetzgeber damit den Konsum und stützt somit die Wirtschaft, denn die eigene Vorsorge für Pflegebedürftigkeit wird für die meisten entbehrlich gemacht. Auch kann man dann die durch demografischen Wandel zurückgehenden Versicherungsvermittler und
Mitarbeiter besser zum Verkauf anderer Altersvorsorgeprodukte einsetzen.

Autoren sind Rechtsanwalt Dr. Johannes Fiala und Diplom-Mathematiker Peter A. Schramm.

Foto: Shutterstock

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