„Ein guter Berater ist auch über ein anderes Medium gut“

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Die Coronapandemie gibt den Takt für die Digitalisierung vor. Was auf die Branche zukommt und wie Berater, Versicherer und Kunden künftig zueinander finden, diskutierte Cash. mit Christian Buschkotte, Managing Director bei andsafe, Stephen Voss, Vertriebsvorstand bei Neodigital, und Christian Wetzel, Geschäftsführer des Maklerpools WIFO.

Herr Buschkotte, Herr Wetzel, Herr Voss, wie sind ihre Unternehmen bislang durch die Pandemie gekommen?

Buschkotte: Für uns war der Umzug ins Homeoffice keine Herausforderung. Das war relativ schnell entschieden. Ob und inwieweit das Jahr ohne Corona verlaufen wäre, kann ich nicht sagen. Es gibt für ein Start-up, dass zu Beginn der Pandemie noch kein Jahr am Markt ist, keine historischen Vergleichswerte.

Dennoch kann man sagen, dass es nach der Frühjahrs-Delle im März sehr vernünftig für uns weiter lief. Ich glaube aber, dass gerade für einen Gewerbeversicherer die negativen Effekte aus der Pandemie wahrscheinlich noch vor uns liegen. Denn Insolvenzen bei Kleinstgewerbetreibenden, Gründern oder Solo-Selbstständigen hat es bislang kaum gegeben. Wie das perspektivisch 2021 aussieht, bleibt abzuwarten.

Wetzel: Wir haben uns sehr schnell darauf vorbereitet und alle Mitarbeiter noch vor dem Lockdown homeofficefähig gemacht. Ziel war es, unsere Kraft darauf zu konzentrieren, den Kollegen die nötigen Mittel an die Hand zu geben, um ihr Geschäft weiter betreiben zu können und gleichzeitig auch Sorgen und Ängste zu nehmen.

Zudem arbeiten wir in den Segmenten Gewerbe, Industrie, Biometrie und sind stark in der digitalen bAV. So wie die Zahlen aussehen, werden wir 2020 trotz Homeoffice mit einem sehr guten Ergebnis abschließen. Obwohl wir einen großen Gewerbebestand haben, hoffe ich, dass es nur wenige Insolvenzen gibt, die uns nur in geringem Maße treffen werden.

Voss: Als Privatkunden-Sachversicherer stellt sich für uns der Jahresverlauf ein bisschen anders dar. Zum einen weil wir nicht von diesen Pleitewellen betroffen sind. Zudem profitieren wir von den Kunden, die nicht zu ihrem Berater gehen konnten und über Online-Plattformen abgeschlossen haben.

Der März war für den gesamten Markt einer der schlechtesten Monate. Glücklicherweise waren viele Makler über unser System angeschlossen und konnten so digital mit dem Kunden in Kontakt treten. Aber dann hat eine massive Erholung stattgefunden.

Zwar ist der stationäre Vertrieb nach Anlaufschwierigkeiten für den gesamten Mark wieder zurückgekommen. Die anfänglichen Verluste hat er über das Jahr aber nicht mehr kompensieren können.

Stephen Voss ist Vorstand für Vertrieb und Marketing bei der Neodigital Versicherung AG

Die Online-Kanäle sind viel stärker gewachsen. Was die Pandemie anbelangt waren wir vorbereitet, ohne dass wir vorbereitet sein wollten. Wir hatten bereits im Herbst 2019 unsere gesamten Mitarbeiterverträge auf 100 Prozent Homeoffice umgestellt und in der Faschingswoche am 28. Februar 2020 den ersten 100-Prozent-Remote-Test gemacht und dann entschieden, jeder, der nicht ins Office muss, kann und soll bitte zu Hause bleiben.

Sie hatten alle ein durchaus gutes Geschäftsjahr, obwohl es ein hartes Jahr für die Wirtschaft war. Haben Sie eine Erklärung?

Voss: Der Kunde hat nach wie vor einen Versicherungsbedarf. Und normalerweise den Berater vor Ort. Das hat so nicht mehr funktioniert wegen der Beschränkungen und auch wegen der Ängste. Bei den einfachen Produkten hat das dazu geführt, dass die Kunden sich online darum gekümmert haben. Dann gibt es noch einen weiteren Grund. Eine Trendverschiebung im Markt. Viele waren im Homeoffice und Sie haben vielleicht gehört, dass es noch nie so viele neue Hunde in Deutschland gab. Wir haben die Entwicklung in den Abschlüssen in der Hausrat- und der Hundehalterhaftpflicht sehr deutlich gemerkt.

Wetzel: Was wir bemerkt haben, ist, dass sich viele Menschen sensibilisiert haben und in Krisenzeiten Versicherungen in den Fokus rücken. Ich glaube, die meisten Haushalte in Deutschland haben den großen Einschlag finanziell noch gar nicht zu spüren bekommen. Zudem haben sie während des Lockdowns viel Zeit, sich Fragen zu stellen: Wo könnte ich sparen? Was muss ich machen, damit ich gut abgesichert bin? Diese Sorgen haben wir deutlich in den Abschlüssen erkannt. Die Bereiche Biometrie und Rechtsschutz sind hervorragend gelaufen. Auch die private Krankenversicherung war überdurchschnittlich gefragt.

Buschkotte: Schaut man auf die Wachstumsraten, muss man auch für Gewerbekunden attestieren, dass sie Zeit hatten, sich mit dem Thema zu befassen. Es ist erstaunlich, wie viel junge Unternehmen sich in dieser Phase mit Versicherungsschutz versorgt haben. Auch wir hatten im März eine Delle und danach kam der entsprechende Anstieg. Wir haben aber deutlich gesehen, dass wir in Kanälen stärker gewachsen sind, die wir so nicht eigeplant hatten. Wenn wir uns unseren Online-Direktkanal anschauen – der ist überproportional gewachsen. Ebenso zugelegt haben wir bei den Aggregatoren Finanzchef 24, Gewerbeversicherung 24 und Verivox. Der deutlich stärkere Impuls scheint in dieser Phase vom Kunden und nicht vom Vertriebspartner ausgegangen zu sein.

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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