Max-Planck-Studie: Grundrente ungerecht

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Rentenfachmann Axel Börsch-Supan sorgt mit seinen Aussagen für eine lebhafte Auseinandersetzung

Die zu Jahresbeginn von der Großen Koalition eingeführte Grundrente leidet nach einer Experten-Analyse an gravierender sozialer Schieflage: Viele Arme gehen demnach leer aus, doch es profitieren viele vermögende Ruheständler.

Demnach haben vor allem viele arme Rentnerinnen keinen Anspruch auf die Grundrente, weil ihnen Beitragsjahre fehlen, wie es in der am Dienstag veröffentlichten Studie des Max-Planck-Instituts für Sozialrecht und Sozialpolitik (MPISOC) in München heißt. Auf der anderen Seite haben demnach viele wohlhabende Menschen Anspruch, deren Vermögen nicht angerechnet wird – beispielsweise das eigene Heim oder eine Lebensversicherung.

„Die Grundrente schafft auf zwei Arten neue Ungerechtigkeiten“, kritisiert Rentenfachmann Axel Börsch-Supan, der das „Center for the Economics of Aging“ an dem Münchner Forschungsinstitut leitet. Demnach hat knapp ein Viertel der als arm eingestuften Rentnerinnen und Rentner keinen Anspruch auf die Grundrente. Auf der anderen Seite aber können laut Studie viele Menschen Grundrente beziehen, die keineswegs arm sind: Fast 70 Prozent der Empfänger hätte demnach keinen Anspruch auf die Grundrente, wenn das eigene Vermögen angerechnet würde.

Ein gutes Fünftel der Berechtigten gehört demnach zur reicheren Hälfte der deutschen Rentnerschaft. Fast zehn Prozent der Grundrentenempfänger sind laut Max-Planck-Studie sogar so wohlhabend, dass ihr Einkommen den Medianwert um das Doppelte übersteigt – also die Einkommensschwelle exakt in der Mitte, die die reichere von der ärmeren Hälfte trennt. Das Fazit der Wissenschaftler: „Das neue Gesetz erreicht zu wenige Personen, die Unterstützung benötigen, und gewährt zu vielen Personen Leistungen, die keine Hilfe benötigen.“

Eines der Hauptprojekte der SPD

Die Grundrente gibt es offiziell seit 1. Januar. Rund 1,3 Millionen Menschen können mit dem Zuschlag rechnen – darunter 70 Prozent Frauen. Die Grundrente war eines der Hauptprojekte der SPD in der Großen Koalition. Gut 1,3 Millionen Menschen sollen davon profitieren, allerdings hatte die Rentenversicherung angekündigt, dass die Auszahlung wegen der komplizierten Berechnung nicht zum Jahresbeginn starten kann. Die Empfänger müssen mindestens 33 Jahre Beiträge eingezahlt haben – ein Grund, warum nach Analyse der Max-Planck-Wissenschaftler so viele Frauen herausfallen.

Börsch-Supan und die Autoren der Studie schätzten die Einkommensverhältnisse deutscher Ruheständler auf Grundlage einer SHARE-RV genannten Untersuchung zur europäischen Bevölkerung im Rentenalter ab, in deren Rahmen seit 2004 bis heute rund 140.000 Menschen im Alter von 50 Jahren oder älter aus 28 europäischen Ländern und Israel befragt wurden. (dpa-AFX)

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