Wohngebäudeversicherung künftig nur noch mit Elementarschutz-Baustein?

Foto: GDV
Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV

Drei Monate nach der Flutkatastrophe im Ahrtal legen der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) konkrete Vorschläge für ein Gesamtkonzept zur Klimafolgenanpassung vor. Neubauten in ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten sollen künftig nicht mehr versichert werden.

Damit einher geht auch ein neues System für den Elementarversicherungsschutz. Die Absicherung aller privaten Wohngebäude gegen Extremwetterrisiken steht dabei im Mittelpunkt. Nach GDV-Angaben sind bislang gerade einmal 46 Prozent aller Gebäude versichert.

Im Kern sieht das Konzept des GDV vor, dass es künftig nur noch Wohngebäudeversicherungen geben soll, die auch sogenannte Elementargefahren wie Hochwasser und Starkregen abdecken. Zugleich fordert die Versicherungswirtschaft ein nachhaltiges Umsteuern der öffentlichen Hand, etwa durch klare Bauverbote in hochwassergefährdeten Gebieten.

“Ohne eine konsequente Klimafolgenanpassung wird unsere Gesellschaft gezwungen sein, die schlimmen Auswirkungen verheerender Unwetterereignisse immer wieder zu durchleben. Das kann nicht unser Ziel sein“, sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen am Freitag in Berlin.   

Neuverträge nur noch mit Elementarschadenschutz

Mit Blick auf den Versicherungsschutz für die rund 17 Millionen privaten Hauseigentümer schlägt das Positionspapier der Versicherer vor, in der privaten Wohngebäudeversicherung alle bestehenden Verträge um den Elementarschutz-Baustein zu ergänzen. Neuverträge werden ebenfalls nur noch mit Elementarschadenschutz angeboten. Für beides wäre eine gesetzliche Regelung notwendig.

„Wir können es nicht hinnehmen, dass jedem zweiten Haus der Versicherungsschutz gegen Klimaschäden fehlt. Daher sieht unser Gesamtkonzept nicht zuletzt die risikogerechte Absicherung aller Neu- und Bestandsbauten in der privaten Wohngebäudeversicherung vor“, betonte Asmussen.

Die Prämienhöhe – sowohl beim Abschluss einer neuen Wohngebäudeversicherung mit Elementarschutz als auch bei der Umstellung bestehender Verträge – soll sich wie bisher nach der konkreten Gefährdung des Gebäudes durch Naturgefahren richten. Für Härtefälle soll es individuelle Lösungen geben, zum Beispiel mit Hilfe höherer Selbstbeteiligungen.  

Keine Versicherungsschutz gegen Überschwemmung für Neubauten in Risikozonen

„Darüber hinaus werden wir mit der neuen Bundesregierung alle Optionen prüfen und Wege diskutieren, wie in anderen Härtefällen sozialverträgliche Konditionen für private Hauseigentümer hergestellt werden können“, sagte Asmussen.  

Die Versicherungskunden, so das GDV-Konzept, haben bei Vertragsabschluss bzw. -umstellung auch künftig die Möglichkeit, sich gegen den Elementarschutz zu entscheiden.  Sie müssen das aber aktiv tun. Mit dieser “Opt-Out-Regelung“ verbinden die Versicherer die Erwartung, dass Eigenheimbesitzer künftig nur noch in Ausnahmefällen den Elementarschutz abwählen.  

Ferner sollen Neubauten in amtlich ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten ab einem bestimmten Stichtag künftig keinen Versicherungsschutz für die Risiken Rückstau, Überschwemmung und Starkregen mehr erhalten.  “Dies ist auch ein wichtiges Signal in Richtung Politik, keine Neubauten mehr in stark gefährdeten Gebieten zu genehmigen”, erklärte der GDV-Hauptgeschäftführer.  

Klimafolgenanpassung: Mehr Prävention

Weiterer wesentlicher Bestandteil des Positionspapiers sind Forderungen an Bund, Länder und Kommunen zur Klimafolgenanpassung. „Es ist an der Zeit, das Thema Klimawandel jenseits der Pflichtversicherungsdebatte im Sinne eines wirksamen Gesamtkonzeptes neu zu denken“, so Asmussen. Nötig seien gesetzliche Änderungen und mehr Prävention.  

So fordern die Versicherer unter anderem ein gesetzliches Bauverbot in hochwassergefährdeten Gebieten, die Verankerung der Anpassung an den Klimawandel im Bauordnungsrecht und die Einrichtung eines bundesweiten Naturgefahrenportals.  „Klimafolgenanpassung ist keine abstrakte Aufgabe internationaler Konferenzen mehr, sie ist ein realistisches Szenario. Deshalb sollte unser Land jetzt neue Wege gehen“, sagte Asmussen.

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