„Wir wollen den 75 Prozent, die wir bislang nicht erreichen, ein Angebot machen“

Foto: Worksurance
Worksurance-Gründer Christian Schwalb

Die Berufsunfähigkeitsversicherung gilt als der Premium-Baustein zur Arbeitskraftabsicherung. Doch der Markt stagniert, auch weil die Versicherer das Produkt zu einem High-End-Absicherungs-Modell hochgezüchtet haben, das für viele Berufstätige kaum mehr bezahlbar ist. Nun hat Worksurance mit einer Arbeitsausfallversicherung eine Antwort für eine breite Zielgruppe präsentiert. Der Ansatz ist nicht neu. Aber spannend, zumal hinter Worksurance AKS-Experten wie Philip Wenzel, Patrick Hamacher, Sven Hennig oder Björn Thorben M. Jöhnke stehen. Cash. sprach mit Gründer und Geschäftsführer Christian Schwalb über einen stagnierenden BU-Markt, Fehlanreize des Vertriebs und neue Türöffner bei der Arbeitskraftabsicherung.

Worksurance ist Finanz-StartUp, als Makler registriert und launcht nun Produkte zur Arbeitskraftabsicherung. Wie sieht Ihr Ansatz aus?

Schwalb: Wir sind professioneller Marktteilnehmer, spezialisiert auf das Thema Biometrie und stellen dem Kunden, dem eine Berufsunfähigkeitsversicherung schlicht zu teuer ist oder er sich einfach „do-it-yourself“ darum kümmern möchte, ein einfaches Produkt zur biometrischen Absicherung zur Verfügung – als Mindestdeckung im Self-Service. Worksurance ist 2020 mit der Idee gestartet, eine Informationsplattform aufzubauen – von Praktikern, die auf Arbeitskraftabsicherung spezialisiert sind. Wir sind mit unserer Finanzdienstleistungsgruppe seit über 20 Jahren im Markt unterwegs, haben uns sehr stark auf das Thema Biometrie und biometrische Risiken spezialisiert. Dort sehen wir, dass die Durchdringung seit vielen Jahren stagniert. Wir erreichen ganz viele Kundengruppen nicht mehr. Auch nicht mehr durch die klassischen Vertriebswege. Zudem sind die Produkte so komplex, dass viele Kunden alleine deshalb ausgeschlossen werden.

Unser Ansatz ist, direkt an den Kunden heranzugehen. Wir wollen über eine SEO-Plattform die Interessierten ansprechen. Diejenigen, die sich klar informieren wollen. Diese Zielgruppe soll bei Worksurance als überregionales Infoportal landen – weil wir in Fachbereichen und konkreten longtails sehr gut ranken.

Für unser Angebot haben wir uns mit der Deutschen Rückversicherung und der Nürnberger, der Bayerischen sowie dem Volkswohlbund zusammengesetzt und diskutiert, wie ein AKS-Produkt aussehen müsste, dass einerseits onlinefähig ist, andererseits aber auch einen Mindestbedarf bei der Absicherung von biometrischen Risiken deckt.

Welche Rolle spielen die AKS-Experten Philip Wenzel, Sven Hennig, Patrick Hamacher oder der Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke bei Worksurance?

Schwalb: Wenn Sie sich unsere Homepage anschauen, sehen Sie eine Clusterung nach Berufsgruppen. Wir haben für diese verschiedenen Berufsgruppen jeweils ausgewiesene Spezialisten definiert. Wir wollen einen Kontrapunkt zu den Verbraucherschützern setzen, die auf nahezu alles eine Antwort haben, aber nie Verantwortung für eine echte Empfehlung übernehmen. Wir gehen weiter und beraten durch Informationen, auf Wunsch bis hin zur Absicherungsempfehlung. Dafür brauchen wir echte Spezialisten. Unser größter Stakeholder bei Worksurance ist Gründungsmitglied und Chefredakteur Phillip Wenzel, als inhaltlich verantwortlicher Kompetenzträger.

Wie sind die Bayerische, die Nürnberger und der Volkswohlbund eingebunden?

Schwalb: Wir sind klassischer Makler und können uns an den am Markt verfügbaren Produkten bedienen. Die genannten Gesellschaften sind Gesellschafter und natürlich Kapitalgeber. Aber es geht uns um mehr als Geld, es geht uns um den Austausch, auch bei rechtlichen Fragen und um einen konstruktiven Dialog bei Produktentwicklungsthemen. Natürlich wollten wir Investoren; aber es nutzt wenig, wenn ich nur Geld habe und keinen Zugang zu Know-how. Wir benötigen beides und haben uns daher gezielt an ausgewiesene Versicherer im Bereich der Biometrie als potentielle Partner gewendet.

Und wer ist Ihr Rückversicherer?

Schwalb: Wir haben seit ungefähr einem Jahr eine Kooperation mit der Deutschen Rückversicherung. Die Deutsche Rück profitiert von unserer Marktsicht, von unseren Beratungsaktivitäten mit Endkunden, von unserer Marktexpertise bei Produkten. Und wir profitieren von deren Risikoeinschätzungen und von der Kalkulation. Die Deutsche Rück ist bisher vor allem im Sparkassensegment aktiv, sie zählt zu den größten Rückversicherern in Deutschland. Sie haben für uns den kompletten Tarif kalkuliert und die Risikostatistiken hineingebracht. Zudem übernimmt sie 90 Prozent des Rückversicherungsrisikos. Der echte Risikoträger ist also ein großes deutsches Versicherungs-Unternehmen.

Warum ist es beim Thema BU so schwierig, die Menschen zu erreichen?

Schwalb: Ich war kürzlich erst bei den Versicherungsforen Leipzig auf einer Fachkonferenz zum Thema Arbeitskraftabsicherung. Dort habe ich wieder die Bestätigung bekommen, dass es viele Gründe gibt, warum wir dort stehen, wo wir stehen. Die Versicherer haben den Fehler gemacht und die Produkte immer komplexer werden lassen. Da haben sie sich ein Stück weit vom Vertrieb leiten lassen. Hier eine neue Klausel, dort eine Schleife und dann einen unglaublichen Preiswettbewerb in Gang gebracht, der nur noch über Vergleichsrechner zu bedienen ist. Das ist Gift. Der Vertrieb versucht nur noch über Vergleichsrechner zu platzieren. Und da sind Produktgeber dann wieder gefordert, diesen Wettbewerb mitzugehen, so entsteht ein negativer Kreislauf. Der, um den es letztlich geht, der Kunde, ist dabei leicht der Verlierer. Lassen Sie sich doch von einem Verbraucher mal erklären, was 50 Prozent Berufsunfähigkeit bedeuten. Das kann er nicht erklären. Und selbst Vermittler scheitern hier. Mir nützt es wenig, wenn ich ein Top-Modell habe, dass keiner wirklich versteht und sich keiner mehr leisten kann. Ich brauche „Fahrzeuge“ für die breite Masse. Da ist mir eine Ausschnittdeckung, die der Kunde versteht und die risikorelevante Merkmale abdeckt, alle Male lieber, als ein top-ausgestattetes, überkandideltes Produkt. Leider haben wir die BU dorthin gebracht.

Das Angebot einer Arbeitsunfähigkeitsversicherung ist nicht neu. Es gab bereits jemanden im Markt, der damit nicht so richtig erfolgreich performed hat.

Schwalb: Unser Ansatz ist nicht, dass wir hip und jung sind und hervorragend programmieren können. Wir kommen aus dem Markt – fundiert, mit einer langen Wegstrecke beim Thema Arbeitskraftabsicherung. Das Thema Trust und Social Proof bringen wir in das Modell mit ein. Und wir setzen auf eine klare Zielgruppe: Onlineaffine, kostensensible Kunden, die sich eigenständig und gezielt informieren. Diese Zielgruppe will mit Finanzdienstleistern nicht sprechen. Aber sie wollen sich an den Rechner setzen und nach Fachthemen googeln. Wenn Fachleute mit einer renommierten Stellung im Markt dann die gewünschte Erklärung liefern können, haben wir einen ganz anderen Ansatz und einen anderen Zugang zur Zielgruppe. Sie haben aber recht – wir können das Rad nicht neu erfinden.

Was macht Sie sicher, dass es diesmal klappen könnte?

Schwalb: Es gibt bestimmte Parameter, die sie in einer Arbeitskraftabsicherung stellen können, um günstig und einfach zu sein. Günstig bin ich für einen Versicherer, wenn ich die Barwertversorgung reduziere. Auf der anderen Seite will ich ein Produkt bauen, das auch online abschlussfähig ist. Die BU ist online nicht abschlussfähig, weil sie so viel Dialog führen müssen; den können Sie auch nicht mit 0 und 1 abbilden. Deshalb müssen sie ein einfacher strukturiertes Produkt wählen, wo sie mit 0 und 1 durchkommen. Das ist der Ansatz. Deswegen haben wir uns auf eine Ausschnittsdeckung und ein leistungsschwächeres Produkt eingestellt. Die Funktion des gelben Scheines versteht nun mal jeder.

Sie bieten mit den Produktlösungen Worksurance.Starter und Worksurance.Performer zwei Arbeitsunfähigkeitstarife an. Haben Sie dafür bei Getsurance hingeschaut?

Schwalb: Natürlich sind Anlehnungen von Mitbewerbern da. Womit wir jedoch aus meiner Sicht ganz neue Schritte wagen: Wir prämieren etwa Umschulungen aktiv. Der Tarif Starter richtet sich an echte Einsteiger. Das größte Problem in der BU-Leistung ist, dass die Menschen gar nicht BU sein wollen. Dazu kommt dann die Komplexität der Nachweiserbringung im Leistungsfall gegenüber dem Versicherer, spätestens hier steigen zahlreiche Kunden aus. Wir wollen genau diese Themen einfach und verständlich halten und vor allem auch positiv besetzt unterstützen. Deswegen haben wir uns den Umschulungsbaustein überlegt. Wenn jemand sagt, er kann aus gesundheitlichen Gründen den Job nicht mehr machen und will schnell wieder tätig werden, dann bekommt er vom Rentenversicherungsträger oft eine Umschulung angedient. Hierzu wollen wir motivieren und unterstützen ihn mit drei Rentenleistungen als Anschubfinanzierung. Und wenn er nachweist, dass die Umschulung positiv bestanden wurde, erhält er nochmals drei Rentenleistungen dazu. Damit gehen wir neue Schritte, weg vom Leistungserbringer, hin zum Begleiter und Motivator.

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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