Blackout: Welche Versicherung greift?

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Panik ist nicht angebracht, da insbesondere die Stromversorgung als absolute Daseinsvorsorge des Staates anzusehen ist.

Die Energiekrise, der schnelle Ausbau erneuerbarer Energien sowie der Kohle- und Atomstromausstieg nähren die Diskussion, was die Folgen eines großflächigen und lang andauernden Stromausfalls in Deutschland sein könnten. Gastbeitrag von Rechtsanwalt Udo Pickartz

Die Versorgungssicherheit mit Strom sowie die Stabilität der Stromnetze waren über lange Zeit in Deutschland kein Thema. Wir haben im Vergleich zu andern Staaten wie zum Beispiel Großbritannien die entsprechende Infrastruktur großteils relativ sicher unterirdisch verlegt, so dass Ausfälle selten Ursachen wie umgestürzte Bäume oder Verkehrsunfälle haben. Auch Wind und Regen haben kaum Auswirkungen auf die Versorgung – lediglich außerordentliche Ereignisse wie viele umgestürzte Hochspannungsmasten in Folge von sehr viel Schnee waren in der Lage, einen Blackout hervorzurufen. Die Produktion war zentral in Großkraftwerken organisiert, die wiederum im Bundesgebiet verteilt waren. Außerdem ist Deutschland Teil des sogenannten Europäischen Verbundnetzes, so dass Strom aus anderen Nationen zusätzliche Sicherheit bot.

Die aktuellen wirtschaftlichen und politischen Veränderungen sowie die technischen Notwendigkeiten bei dezentraler Stromproduktion über Photovoltaik und Windräder führen nun dazu, dass die Möglichkeit eines Blackout diskutiert wird. Industrie und Haushalte sind auf Strom angewiesen, für die Bewältigung des Alltags aus Kochen, Waschen etc., aber zunehmend auch zum Heizen mit Wärmepumpen oder dem Laden des Elektroautos.

Unstreitig hätte ein räumlich breiter und lang anhaltender Stromausfall verschiedene Konsequenzen, die am Ende alle auf die Frage hinauslaufen, wer die finanziellen Konsequenzen trägt. Diese können unterschiedlicher nicht aussehen, es geht um Produktionsausfall bei Fabriken, Beschädigungen bei IT-Systemen oder Schäden an verderblichen Gütern bis zu Schimmel in ungeheizten Wohnungen und Häusern. Es geht um Schäden, die in die Milliarden reichen könnten. Hinzu kommt, wie aktuelle Umfragen bei Kommunen ergeben haben, dass es sehr unterschiedliche Qualitäten von Notfallplänen der öffentlichen Hand gibt, wie mit einer solchen Situation zu verfahren ist.

Bei der Frage, wie Schäden abgemildert oder behoben werden könnten, kommen Versicherungen in den Sinn. Aber die mit einem Blackout verbundenen Haftungs- und Deckungsfragen sind bei Weitem nicht trivial.

Eine Frage ist, welche Versicherung greift? Hier ist zu unterscheiden: Im Privathaushalt kann die Hausratversicherung entsprechende Schäden abdecken, allerdings muss die Police einen entsprechenden Baustein enthalten. Ferner kann auch die Wohngebäudeversicherung greifen, wenn die Substanz einer Immobilie beschädigt wurde.

Bedingte Betriebsunterbrechungen auf Höchststand

Für Unternehmen hingegen denkt man zunächst an Betriebsunterbrechung, gegebenenfalls als Folge von Schäden, die in der Sachversicherung abgedeckt sind. Im Allgemeinen leistet eine Betriebsunterbrechungsversicherung auch für Schäden, die durch die Einstellung der öffentlichen Grundversorgung entstanden sind. Oft wird aber die Entschädigung für Abschaltungen von Strom oder Gas aufgrund einer Energieknappheit abgelehnt. Hier kommt es auf die bestehenden Ausschlussklauseln an. Auch bei Krieg, kriegsähnlichen Ereignissen oder höherer Gewalt, beispielsweise einem abrupten Lieferstopp von Gas aus Russland, springt der Versicherer in der Regel nicht ein.

Interessant ist, dass im Jahre 2021 sogenannte bedingte Betriebsunterbrechungen (CBI) einen neuen Höchststand erreicht haben. Von CBI-Schäden spricht man, wenn eine versicherte Gefahr nicht die eigenen Anlagen des Versicherungsnehmers, sondern seinen kritischen Lieferanten oder einen Großkunden betrifft. Es kann also gut sein, dass die Probleme der Lieferketten, die derzeit viele Unternehmen, aber auch Verbraucher erfahren, sich durch einen großflächigen und lang andauernden Stromausfall noch verstärken würden.

Die Versicherer, die die finanzielle Last der Geschädigten zunächst einmal tragen würden, sind natürlich nicht Schuld am Blackout. Die nächste Frage wäre also, ob es Regressmöglichkeiten gibt und wer am Ende haftet.

Eine Haftung des Netzbetreibers scheint auf der Hand zu liegen. Dieser haftet laut der entsprechenden Verordnung für Schäden über 30 Euro durch Stromausfall, wenn der Schaden durch Vorsatz oder einfache Fahrlässigkeit verursacht wurde. Die Obergrenze für Sachschäden beträgt 5.000 Euro je Anschlussnutzer. Hier bleibt damit in vielen Fällen eine Lücke zwischen Schadenhöhe und Haftungsbetrag, der von den Betroffenen oder den Versicherern zu tragen wäre.

Bestehende Versicherungspolicen prüfen

Den Geschädigten (oder dem Versicherer nach Leistung und Anspruchsabtretung) kommt bei der möglichen Inanspruchnahme der Netzbetreiber zugute, dass nach der Verordnung bei Stromausfällen in Bezug auf Vermögens- und Sachschäden vermutet wird, dass der Netzbetreiber fahrlässig gehandelt und dadurch den Stromausfall verschuldet hat. Die Netzbetreiber müssen sich – analog zu den regelmäßig vorkommenden Schäden im lokalen und kleinen Rahmen – dabei das Handeln der eigenen Mitarbeiter sowie das seitens der Netzbetreiber beauftragten Baufirmen zurechnen lassen. Es gelten die allgemeinen Regeln zur Kausalität.

Auch beim Schaden besteht eine Vermutung, dass dieser für den Netzbetreiber vorhersehbar war. Der Netzbetreiber hätte diesen also durch entsprechende Vorsichtsmaßnahmen vermeiden können. Nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts kann der Netzbetreiber dies allerdings aktiv widerlegen.

Wichtig ist noch, dass es selbstverständlich unterschiedliche Ursachen für einen Stromausfall geben kann. Sollte aus Gründen der Netzintegrität oder geplant vom Netzbetreiber der Strom abgestellt werden, wird eine Versicherung in der Regel nicht zahlen, da das auslösende, unvorhergesehene Ereignis fehlt. Eine Unterbrechung der Stromversorgung ist hingegen versichert, wenn diese Folge eines versicherten Ereignisses innerhalb des Vertrags ist. Dabei handelt es sich regelmäßig unter anderem um Brand, Einbruch oder Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, die das versicherte Gut direkt betreffen (und sofern diese Risiken im Vertrag eingeschlossen wurden – Stichwort: Elementarschaden).

Unternehmen und Privatpersonen tun gut daran, ihre bestehenden Versicherungspolicen zu prüfen und soweit möglich auch anderweitig vorzusorgen. Panik ist sicher nicht angebracht, da insbesondere die Stromversorgung als absolute Daseinsvorsorge des Staates anzusehen ist. Daher dürfte die Stromversorgung bei Entscheidungen und Maßnahmen von Staat und Privatunternehmen wie Energieversorgern und Netzbetreibern Priorität haben. Die Möglichkeit von Stromausfällen im Kleinen und Großen, die gravierende Folgen haben können, ist aber nicht von der Hand zu weisen. Stromnetze sind auch gegen Cyber- und andere Angriffe sicherer als andere Netze (siehe zum Beispiel die Deutsche Bahn, die nach dem Brand und Ausfall zweier Kabel in Norddeutschland bundesweit Probleme hatte), da Redundanzen eingebaut sind. Auch der Krieg in der Ukraine und der (bisher erfolglose) Versuch, die dortige Stromversorgung lahmzulegen zeigt, dass Stromnetze relativ sicher sind. Auszuschließen sind auch großflächige und massive Beeinträchtigungen hingegen nicht.

Udo Pickartz ist Rechtsanwalt im Düsseldorfer Büro von Simmons & Simmons und spezialisiert auf Versicherungs- und Compliance-Fragen.

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