Prospekthaftung: Haftung für die Fehler anderer

Warum auch Gründungsgesellschafter genau prüfen sollten, auf welche (Vertriebs-) Partner sie sich einlassen und weshalb Vertrauen gut, Kontrolle aber besser ist.

Wer etwas falsch macht, hat im Regelfall dafür geradezustehen. Dies gilt quer durch alle Rechtsbereiche und der Finanzdienstleistungssektor bildet hier natürlich keine Ausnahme.

Lässt nun jemand einen Dritten für sich bestimmte Aufgaben erledigen und begeht der Dritte einen Fehler, hängt es von den jeweiligen Umständen ab, wer dafür die Verantwortung trägt.

Als Verantwortlicher kommen der Handelnde selbst in Betracht, des Weiteren der Auftraggeber des Handelnden oder aber auch beide. Im Juristendeutsch wird die Verantwortlichkeit einer Person für den Pflichtenverstoß eines Dritten als sog. Erfüllungsgehilfenhaftung bezeichnet.

Es ist das „Eintreten Müssen für ein Verschulden einer Person, derer sich ein Schuldner zur Erfüllung seiner eigenen Verbindlichkeit bedient“.

Was sich in der Theorie nun so einfach und einleuchtend anhört, führt in Praxis gleichwohl immer wieder zu Rechtstreitigkeiten. So musste erst vor Kurzem der Bundesgerichtshof erneut einen solchen Streitfall entscheiden, den er – anders als die Vorinstanz zu Gunsten eines Anlegers beurteilte (BGH, Urteil vom 14. Mai 2012 II ZR 69/12).

Dabei ging um Folgendes: Eine Anlegerin hatte auf Empfehlung eines Vermittlers eine KG-Beteiligung erworben. Diese wurde fremdfinanziert. Die mittelbar über einen Treuhandkommanditisten beteiligte Anlegerin nahm nun im Wege des Schadenersatzes diesen Treuhandkommanditisten, der zugleich Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft war, auf Rückabwicklung in Anspruch.

Die Beteiligung war durch einen Untervermittler vermittelt worden. Dieser hatte behauptet, dass es sich um eine gute Rentenanlage handelt, die „todsicher“ eine gute Rendite erwirtschaftet und keinerlei Risiken aufweist. Im Prospekt waren hingegen zahlreiche Risiken beschrieben.

Vermittler können Sachverhalt schon mal beschönigen

Der Gründungsgesellschafter berief sich einerseits darauf, dass der Prospekt die Risiken aufgezeigt hat und er andererseits, wenn der Vermittler etwas falsch gemacht hätte, für einen möglichen Fehler des Vermittlers und erst recht nicht eines Untervermittlers von vornherein einzustehen habe.

Schließlich habe er ja mit dem Vertrieb der Beteiligung auch gar nichts zu tun. Also sei er für mögliche Fehler im Vertrieb nicht verantwortlich.

Dies sah der BGH allerdings anders und bezog sich in Begründung seiner Entscheidung auf althergebrachte Grundsätze: Ein Gründungsgesellschafter hat die Pflicht, einem Beitrittsinteressenten ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt zu vermitteln und den Anlageinteressenten über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, verständlich und vollständig aufzuklären.

Wenn sich ein solcher Gründungsgesellschafter bei den Gesprächen oder Verhandlungen eines interessierten Anlegers über dessen Beitritt der Hilfe eines Vertriebs bedient, hat er konsequenterweise für unrichtige oder unzureichende Angaben des Vertriebs einzustehen. Dies gilt auch, wenn der Vertrieb seinerseits (weitere) Untervermittler einschaltet.

Ein fehlerfreier Prospekt ist kein Vermittlerfreibrief

Ein Gründungsgesellschafter muss sich also das Fehlverhalten von Personen, die er damit beauftragt hat, dass sie Beitrittsinteressenten werben und zum Beitritt zu einer Gesellschaft animieren, zurechnen lassen. Grundsätzlich kann eine Aufklärung mittels eines vollständigen und fehlerfreien Prospektes erfolgen.

Vermittelt der Prospekt hinreichende Aufklärung, ist dies allerdings kein Freibrief, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit Erklärungen ein Bild zu zeichnen, welches die Hinweise im Prospekt für die Entscheidung des Anlegers wieder entwertet oder mindert.

Ein Verschulden von Untervermittlern ist einem Gründungsgesellschafter, der ja selbst zur vollständigen und fehlerfreien Aufklärung verpflichtet ist und in dessen Verantwortungsbereich der Vertrieb mithin tätig wird, schon dann zuzurechnen, wenn mit ihrem Einsatz gerechnet werden musste. Der Gründungsgesellschafter, der nicht selbst berät, weiß nun genau, dass dies ein anderer tun muss.

Für Fehler des Vertriebs ist ein Gründungsgesellschafter (mit-)verantwortlich

Begeht dann ein Vermittler einen Fehler, egal ob unbewusst oder sogar bewusst, muss sich auch der Gründungsgesellschafter den Fehler zurechnen lassen. Umso wichtiger ist es, bei der Auswahl derjenigen, die im eigenen Pflichtenkreis tätig sein sollen, auf Kompetenz und Redlichkeit zu achten.

Gründungsgesellschafter sind Adressaten der Prospekthaftung im weiteren Sinn. Diese Rechtsprechung knüpft daran an, dass im Vorfeld des Vertragsschlusses ein vorvertragliches Vertrauensschuldverhältnis besteht.

Aufgrund dieses Vertrauensschuldverhältnisses bestehen entsprechende Aufklärungspflichten auch in Bezug auf Prospektmaterialien, Prospektinhalte und Risiken einer vom potenziellen Vertragspartner ins Auge gefassten Kapitalanlage.

Hierbei spielt es keine Rolle, wenn ein Anleger nur mittelbar über einen Treuhandkommanditisten beteiligt ist. In einem solchen Fall wird bekanntlich nicht der Anleger unmittelbarer Vertragspartner eines Gründungsgesellschafters, sondern den Beitrittsvertrag schließt der Treuhandkommanditist ab.

Seite zwei: Prospekthaftung: Hinterher ist man immer schlauer

1 2Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments