Immobilienprojekte – Das Kind beim Namen nennen

Es ist ein Thema mit klaren Ermüdungserscheinungen: Die Rede ist von der Namensgebung für Immobilienprojekte. Mit Ermüdung meine ich, dass die gewählten Namen ihren eigentlichen Zweck mittlerweile oft verfehlen.

Die Beyerle-Kolumne

Namensgebung
„Es geht mir nicht darum, Immobilienprojekte inhaltlich zu bewerten – es geht mir nur um deren Namen und die Positionierung am Markt.“

Die meisten Namen von Immobilienprojekten wecken keine positiven Gefühle und Assoziationen mehr und werden schlichtweg inflationär gebraucht. Mehr noch: die gegenwärtige Praxis in der Namensfindung ist geradezu kontraproduktiv.

Harter Wettbewerb

Der Markt boomt zwar, aber Immobilienprojekte stehen dennoch in hartem Wettbewerb zueinander. Eine sinnstiftende Namensfindung bei Immobilien sollte sich vom Unikatcharakter des Projekts leiten lassen – also gewissermaßen identitätsstiftend sein.

Aber: Die Namen klingen mehr und mehr austauschbar. Ob „Park“, „Gärten“, „Residenz“ oder „Turm“ – mein Gefühl mag täuschen, aber jedes zweite Projekt scheint sich mittlerweile mit immer wieder den gleichen Namensbestandteilen schmücken zu wollen. Von einer pseudoelitären Positionierung ganz zu schweigen.

Ich beobachte das in Berlin genauso wie in München, Hamburg oder Frankfurt. Sehr frühe – aber damals quasi avantgardistische Beispiele sind das Quartier 206 in der Berliner Friedrichstraße und die (neuen) Hackeschen Höfe, die seinerzeit noch Vorreiter in der Namensgebung waren und den Gedanken des Quartierscharakters Berlins aufgenommen haben.

Heute sind diese Höfe – dem Namen nach – fast überall normal und damit weniger wettbewerbspositionierend.

Anglizismen auf dem Vormarsch

Es geht mir nicht darum, hier Projekte inhaltlich zu bewerten – es geht mir nur um deren Namen und die Positionierung am Markt. Übrigens werden auch englische Begriffe wie „Landmark“ oder Iconic Building immer häufiger eingesetzt – selbst dann, wenn der Begriff „Mainstream“ angebrachter wäre.

Wir brauchen also neue, zündende Ideen. Es gibt bekanntermaßen Standortfaktoren, die ubiquitär sind, also überall vorhanden, und demnach keine positive Wirkung mehr entfalten.

Ähnlich ist es mit der Namensgebung. Sie wird als Teil der Markenbildung ohnehin schon inflationär eingesetzt. Wenn es dann auch noch an Kreativität mangelt und am Ende jeder Baum zwischen vier Außenwänden zum namensspendenden Garten wird, dann kann man es auch gleich sein lassen.

Fragen Sie zur Kontrolle einfach mal den Taxifahrer – wenn er mit einem Namen rein gar nichts anfangen kann oder sie womöglich zum falschen Projekt mit ähnlichem Namen fährt, dann war es wohl verlorene Liebesmüh mit der Namensfindung. Und schade ums Marketingbudget.

Der Autor Dr. Thomas Beyerle leitet den Bereich “Corporate Responsibility & Research” im Managementteam der IVG Immobilien AG, Bonn.

Foto: Christian Daitche

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