Cybermobbing: Kann unser Rechtssystem helfen?

Zunächst einmal muss man zwischen strafrechtlichen und zivilrechtlichen Instrumenten unterscheiden. Während im Strafrecht vor allem auch auf politischer Ebene ein umfassender Schutz aufgrund vorhandener Strafbarkeitslücken immer wieder diskutiert worden ist, knüpft der zivilrechtliche Schutz an das allgemeine Persönlichkeitsrecht und damit die deliktische Haftung an. Cybermobbing erfüllt im strafrechtlichen Bereich häufig die Paragrafen 185 ff. StGB, die einen Ehrschutz formulieren. Wer ehrverletzende Äußerungen in Form einer unwahren Tatsachenbehauptung vornimmt, macht sich wegen übler Nachrede, Verleumdung oder Beleidigung strafbar. Soweit es sich im Umkehrschluss aber um wahre Tatsachen – es sei nur an durch das Opfer selbst übermittelte Videos oder Fotos gedacht – handelt, kommt eine Strafbarkeit nur unter ganz engen Voraussetzungen in Betracht.

Nach Paragraf 201 a StGB kann auch bestraft werden, wer den höchstpersönlichen Lebensbereich durch Anfertigung oder Verbreitung von Bildaufnahmen einer anderen Person verletzt. Hier muss es sich aber um eine die Intimsphäre beeinträchtigende Aufnahme handeln. Eine lediglich peinliche Situation erfüllt den Tatbestand dagegen nicht. Weiteren Schutz bietet zudem Paragraf 33 KUG (Kunsturhebergesetz) hinsichtlich der Verbreitung oder öffentlichen Zur-Schau-Stellung von Bildnissen, wobei es hier am Schutz mangelt, soweit es lediglich um die Herstellung solcher Bildnisse geht. Das Strafrecht hat also nicht die „Patentlösung“, um Cybermobbing auf rechtlicher Ebene ausreichend zu begegnen. Etwaige Strafbarkeitslücken erfordern also die Kombination verschiedener Instrumente.

Kein umfassender Schutz

Aus zivilrechtlicher Sicht ist vor allem der Unterlassungsanspruch ein passendes Instrument, um auf Cybermobbing zu reagieren. Doch bietet unser Rechtssystem auch hier keinen umfassenden Schutz und Betroffene haben nicht selten mit größeren Hürden zu kämpfen. Das kann zum Beispiel den Anspruch auf Geldentschädigung nach Paragraf 823 I BGB i.V.m. Artikel 1 I, 2 I GG betreffen. Zwar erkennt der Bundesgerichtshof den typischen Verlauf von Cybermobbing – eben wiederholte und kumulativ auftretende Verstöße – als Grund für einen Geldentschädigungsanspruch an. Doch beschränkt sich dieser regelmäßig auf die Veröffentlichung von Bildnissen. Soweit es um Wortberichterstattungen geht, muss eine entsprechende Gleichartigkeit gegeben sein.

Lesen Sie hier den zweiten Teil des Gastbeitrags: Wie kann man sich gegen Cybermobbing wehren?

Autor Markus Mingers ist Chef der Anwaltskanzlei Mingers & Kreuzer, Jülich

Foto: Mingers & Kreuzer

 

 

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