Über sozialen Frieden und heilige Kühe: München diskutiert über Lösungen für das Wohnproblem

„Das Münchner Problem wird nicht nur in München gelöst, sondern in der gesamten Metropolregion bis nach Augsburg und Ingolstadt. Natürlich auch in den Umlandgemeinden. Die haben aber leider nach wie vor wenig Interesse, sich an einer Lösung zu beteiligen. Und vor dem Eingriff in die kommunale Planungshoheit wird gescheut“, kritisiert Aigner.

Preistreiber Anspruchsverhalten und gesetzliche Vorgaben

Nicht an den Bodenpreisen, aber an den Baupreisen sei anzusetzen, betonte Stürzer. Hohe Umweltauflagen sowie pauschale Vorgaben wie zum Beispiel überall Stell- und Kinderspielplätze bauen zu müssen, ob sie dort gebraucht würden oder nicht, mache das Bauen teuer. „Und das Anspruchsverhalten in München an Wohnraum treibt ebenfalls die Preise in die Höhe.“

Auch Kristina Frank (CSU), Leiterin des Kommunalreferats der Landeshauptstadt München, stellte die Frage, wie teuer Bauen tatsächlich sein müsse und verwies auf die Modulbauweise als Möglichkeit, schnell und kostengünstig Wohnraum zu schaffen. „Beim Thema Immobilien muss man sehr langfristig denken“, so Frank. Sie sehe hier durch die technischen Entwicklungen wie zum Beispiel den 3D-Druck in Zukunft die Möglichkeit, wesentlich kostengünstiger bauen zu können.

„Unlogische Ansammlung von Vorschriften“

Auf die Frage, ob Münchens Wohnproblem durch die Verschärfung der gesetzlichen Regelungen gelöst werde, zeigte sich Helmut Thiele, ehemaliger Vorsitzender des Gutachterausschusses München und derzeitiger Vorstand in einer Wohnungsbaugenossenschaft, skeptisch. Er sieht die Gesetzgebung als „unlogische Ansammlung von Vorschriften“ und kritisierte die sich ständig ändernden Prämissen beim Mietspiegel.

Besonders bemängelt er die Beschneidung der Modernisierungsumlage, gerade in Bezug auf billige Wohnungen: „Das macht es schwierig, gleichzeitig Mieten niedrig zu halten und Wohnraum zu erhalten.“ Zurek verteidigte die Regelung und stellte die Frage, ob über die Instandsetzung hinaus zwangsläufig so viel modernisiert werden müsse. Einig waren sich beide in dem Punkt, dass einzelne nicht funktionierende Regularien geändert werden sollten.

Erbschaftssteuer als heilige Kuh?

Um Wohnraum nicht weiter zu verteuern, plädierte Regine Funke-Lachotzki, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin bei der Kanzlei convocat GbR, für eine Abschaffung der Erbschaftssteuer. Durch die hohen steuerlichen Belastungen seien private Eigentümer sehr oft dazu gezwungen, geerbte Mehrfamilienhäuser zu verkaufen.

Meist kauften institutionelle Investoren solche Objekte – „und diese agieren dann auf dem Mietmarkt völlig anders als der Privateigentümer.“ Leider sei aber die Politik bei der Forderung nach Abschaffung taub: „Hier hört keiner zu. Die Erbschaftssteuer ist in der Politik eine heilige Kuh“, bemängelt Funke-Lachotzki. Davon irritiert zeigte sich Frank und verwies darauf, dass das Thema von der CSU sehr wohl angepackt werde.

Zustimmung für den Abschaffungsvorschlag fand Funke-Lachotzki von allen Seiten. Stürzer schlug darüber hinaus vor, dass man zumindest auf regionale Besonderheiten Rücksicht nehmen und zum Beispiel in Hochpreissegmenten die Freibeträge erhöhen könne. Denn mittlerweile sei die Erbschaftssteuer in München zur „Erdrosselungssteuer“ geworden.

Vorkaufsrechts im Erhaltungssatzungsgebiet in der Kritik

Großen Raum nahm das Thema Vorkaufsrechts im Erhaltungssatzungsgebiet ein. Aigner bewertet das kommunale Vorkaufsrecht als eine Form der Enteignung: „Jahrelang hat die Stadt ihr Vorkaufsrecht nicht ausgeübt und jetzt werden 250 Mio. Euro an Steuergeldern dafür ausgegeben. Davon hätte man auch Sozialwohnungen bauen können oder bedürftige Menschen fördern.“

 

Seite 3: Es gibt auch Nachteile

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