Nachfolgeplanung: „Sehr viele Schlitzohren unterwegs“

Wie können sich Makler auf den Verkauf ihres Bestands bzw. Unternehmens vorbereiten?

Grimm: Am einfachsten, indem sie sich frühzeitig informieren, welche Handlungsoptionen ihnen mit ihrem Betrieb offenstehen. Besonders hilfreich ist es, sich zu informieren, welchen Wert der eigene Maklerbestand denn tatsächlich haben dürfte. Ich möchte aber ganz dringend davor warnen, für eine solche Wertermittlung die Tools von Bestandskäufern zu verwenden. Diese Tools dienen in den wenigsten Fällen dazu, den Inhaber über den wahren Marktpreis seines Maklerunternehmens transparent zu informieren. Zumal es „den einen“ Wert eh nicht gibt. Es ist übrigens auch nicht seriös, vorzugeben, man könne mit ein paar wenigen Angaben den Wert einer Maklergesellschaft zuverlässig und genau ermitteln. Genau so, wie Makler beim Thema Steuern ihren Steuerberater und in Rechtsfragen ihren Anwalt konsultieren, rate ich Maklern, sich den Rat eines auf Unternehmensnachfolgen spezialisierten Beraters zu holen. Diese Beratung braucht der Makler einmal in seinem Leben. Das bisschen Geld sollte es ihm Wert sein. Vorsicht: Nachfolgeberatung bedeutet nicht Rechtsberatung und es bedeutet nicht Steuerberatung. Das sind unterstützende Disziplinen. In der professionellen Nachfolgeberatung beantworten wir für den Makler die Fragen, wie er seinen Betrieb übergabefähig macht, welche Wertetreiber er ernsthaft beeinflussen kann und wie er mit den richtigen Kaufinteressenten an einen Tisch kommt. Wir entwickeln mit ihm Positionierungs- und Verhandlungsstrategien und schaffen „Waffengleichheit“ zwischen einem professionellen Kaufinteressenten und einem unerfahrenen Inhaber, der seinen Betrieb zum ersten und gleichzeitig einzigen Mal verkauft.

Was sind die größten Fallstricke für Verkäufer und Käufer?

Grimm: Wenn sie mit dem falschen Kandidaten am Tisch sitzen, dann können sie noch so intensiv verhandeln, sie werden keine befriedigenden Ergebnisse erzielen. Das größere Risiko trägt hierbei üblicherweise der Verkäufer – er hat ein begrenztes Zeitlimit, ist nicht selten gesundheitlich angeschlagen und ist in der Regel der Unerfahrenere von beiden. „Was zahlt man denn gerade für einen Bestand?“, ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie man als Inhaber auf keinen Fall an das Projekt Nachfolge rangehen sollte. Viel besser ist die Frage: „Wer kann mir für meinen Bestand den besten Preis bezahlen und dabei meine sonstigen Nebenbedingungen so gut als möglich einhalten?“ Die Hauptrisiken sind für Verkäufer also, einen viel zu geringen Preis bezahlt zu bekommen, das Übertragungsrisiko an den Käufer selbst übernehmen zu müssen und von der zukünftigen Bestandsentwicklung abhängig zu sein, ohne dessen Entwicklung weiter beeinflussen zu können. Makler sollten immer bedenken, dass in dieser Branche einfach sehr viele Schlitzohren unterwegs sind, denen man ihre Absichten nicht anmerkt. Viele Verkäufer merken gar nicht, dass sie über den Tisch gezogen worden sind. Eine Regel gilt aber generell: Wer weniger als Faktor zwei für seinen Bestand bekommen hat, kann fast sicher sein, dass er zu wenig für sein Unternehmen erhalten hat. Bei den Bestandskäufern liegt das Hauptrisiko darin, sich mit dem Projekt unternehmerisch zu übernehmen. Wer heute ein kleines Maklerbüro betreibt und mit einem Zukauf seinen Jahresumsatz verdreifacht, der muss auch in der Lage sein, diesen Bestand professionell zu betreuen und Mitarbeiter zu führen. Wer erst nach dem Kauf merkt, dass ihm das Geschäftsfeld oder Mitarbeiterführung nicht liegt, läuft Gefahr, sich finanziell zu ruinieren. Die meisten Übernahmeprojekte scheitern allerdings schon, bevor sie überhaupt beginnen, weil die Interessenten die Finanzierung nicht auf die Beine gestellt bekommen oder sie die Dauer des Kreditgenehmigungsprozesses unterschätzen. Heute muss kein Verkäufer darauf warten, bis der Interessent irgendwann seine Finanzierungszusage bekommt. Dazu ist die Nachfrage nach Beständen zur Zeit viel zu hoch.

Die Fragen stellte Kim Brodtmann, Cash. 

Foto: Gerhard Blank 

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