Komfort ja – Kontrollverlust nein: Wie die Deutschen über autonomes Fahren denken

Foto: Smaerterpix

Autonomes Fahren verspricht mehr Komfort und Sicherheit – doch die Deutschen bleiben skeptisch. Laut einer aktuellen Allianz-Umfrage wünschen sich die meisten Fahrer zwar Entlastung im Straßenverkehr, bestehen aber auf die Möglichkeit, jederzeit selbst eingreifen zu können.

Komfort und Kontrolle im Fokus

Beim 13. Allianz Motor Day hat die Allianz Versicherung eine internationale Befragung in sieben europäischen Ländern zum Thema autonomes Fahren vorgestellt. Das Ergebnis: Die Haltung der Deutschen ist zwiespältig. Zwar erkennen viele Befragte den Komfortgewinn durch selbstfahrende Autos, doch zugleich bestehen erhebliche Zweifel an der technischen Reife.

In Deutschland erwarten 45 Prozent der Befragten weniger Stress im Straßenverkehr und 50 Prozent freuen sich auf mehr Freiheit, während der Fahrt anderen Tätigkeiten nachzugehen. Als größten gesellschaftlichen Nutzen nennen 65 Prozent die verbesserte Mobilität für ältere Menschen oder Personen mit Einschränkungen.

Allerdings haben die wenigsten bisher praktische Erfahrung mit der Technologie. Nur 42 Prozent geben an, mit autonomen Fahrsystemen oder deren Vorstufen vertraut zu sein. Entsprechend groß ist das Misstrauen gegenüber der Zuverlässigkeit der Systeme.

Zweifel an der technologischen Reife

„Zwar glauben mehr als die Hälfte der Befragten (57 Prozent), dass autonome Fahrzeuge mindestens genauso sicher oder sogar sicherer sind als menschliche Fahrer. Dennoch bezweifeln 66 Prozent, dass die Technologie bei der Bewältigung von kritischen Fahrsituationen derzeit bereits ausgereift ist“, erklärt Christian Sahr, Leiter des Allianz Zentrum für Technik (AZT).

Negative Schlagzeilen über Unfälle autonomer Fahrzeuge verstärken diese Skepsis. „Die Befragung verdeutlicht, dass in der deutschen Bevölkerung große Unsicherheit bezüglich des autonomen Fahrens herrscht. Viele Menschen äußern generelle Skepsis an der Technologie, andere sehen vor allem die Innovation und den Komfortgewinn“, sagt Lucie Bakker, Schadenvorständin der Allianz Versicherungs-AG.

Die mediale Wahrnehmung spielt dabei eine zentrale Rolle: Während vereinzelte Unfälle sofort in den Schlagzeilen landen, werden die zahlreichen sicheren Fahrten kaum wahrgenommen. Das führt zu einem verzerrten Bild der tatsächlichen Risiken.

Vertrauen als Schlüssel zum Fortschritt

Ein entscheidender Punkt für die Akzeptanz bleibt die Kontrolle. Laut Umfrage halten 81 Prozent der Befragten es für wichtig oder sehr wichtig, beim autonomen Fahren jederzeit selbst eingreifen zu können.

„Die Ergebnisse machen deutlich, dass Vertrauen in autonomes Fahren nicht allein von der Technik abhängt, sondern auch von der psychologischen Dimension der Kontrolle“, so Michael Praxenthaler, Verkehrspsychologe am Allianz Zentrum für Technik und Autor der Studie. „Dieses Misstrauen entsteht weniger durch eigene Erfahrungen, sondern vor allem durch psychologische Faktoren: fehlende Vertrautheit mit der Technologie, die Angst vor Kontrollverlust, Schlagzeilen zu Einzelfällen und eine generelle Tendenz, unbekannte Risiken zu überschätzen.“

Für mehr Akzeptanz brauche es deshalb nicht nur technische Fortschritte, sondern auch Aufklärung, Transparenz und positive Alltagserfahrungen. „Wir sehen, dass über die Hälfte (58 Prozent) der Befragten Fahrzeuge mit Level 2 Ausstattung positiv bis sehr positiv bewerten, wenn sie diese Fahrzeuge bereits nutzen konnten“, erläutert Praxenthaler. Nur sieben Prozent stehen der Technik negativ oder sehr negativ gegenüber.

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