ALH Bilanz 2022: „Unter diesen Rahmenbedingungen sind wir sehr zufrieden“

Christoph Bohn
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Christoph Bohn, Vorstandsvorsitzender der ALH-Gruppe

Trotz Ukraine-Krieg, Corona-Pandemie, strapazierter Lieferketten, galoppierender Inflation und hochnervöser Kapitalmärkte hat die ALH Gruppe eine überzeugende Bilanz für das Geschäftsjahr 2022 vorgelegt.

Trotz Ukraine-Krieg, Corona-Pandemie, strapazierter Lieferketten, galoppierender Inflation und hochnervöser Kapitalmärkte hat die ALH Gruppe eine überzeugende Bilanz für das Geschäftsjahr 2022 vorgelegt.

Trotz eines durch viele Unsicherheiten geprägten Jahres durch Krieg, Inflation und Zinsentwicklung ist die ALH-Gruppe im Jahr 2022 nach Aussage ihres Vorstandsvorsitzenden Christoph Bohn solide gewachsen. „Die gesamte Gruppe konnte mit 5,2 Milliarden Euro um 3,1 Prozent wachsen“, sagte der Vorstandsvorsitzende bei der Vorstellung der Bilanz 2022. „Insgesamt sind wir mit der Entwicklung unter diesen Rahmenbedingungen sehr zufrieden.“

Alte Leipziger Leben: Wachstum in den Beitragseinnahme

Die Beitragseinnahmen der Alte Leipziger Lebensversicherung erhöhten sich gegenüber 2021 um 2,2 Prozent auf 2,97 Milliarden Euro. Entscheidend sei, dass die Branche im gleichen Zeitraum um 6,9 Prozent geschrumpft ist, so Bohn. Bei den Einmalbeiträgen habe man, so Bohn, über die gesamten Jahre ein konstantes Ergebnis halten. Laut Bohn machten die Einmalbeiträge 2022 855 Millionen Euro aus.

Das Highlight waren laut Bohn hingegen die laufenden Beiträge. Sie wurden um 5,1 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro gesteigert. Der Markt habe hier nur um knapp ein Prozent zulegen können. „Wir sind bei den laufenden Beiträgen fünfmal stärker gewachsen als unsere Mitbewerber. Das spiegelt unsere gute Positionierung im Markt wieder“, sagte Bohn. Der laufende Beitrag sei deswegen so wichtig, weil er maßgeblich zur nachhaltigen Stabilität des Unternehmens beitrage. Nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden habe man damit das Ziel, den Marktanteil weiter zu steigern, auch erreichen können.

Das Neugeschäft lag zum vierten Mal oberhalb der Milliarden-Euro-Grenze. Das sei, so Bohn, das zweitbeste Ergebnis. Damit bewegt sich der Lebensversicherer trotz eines Rückgangs gegenüber dem Vorjahr mit 1,07 Milliarden Euro (-7,4 Prozent) weiter auf hohem Niveau. „Wir generieren Neugeschäft auch aus unserem Bestand heraus“, sagt Bohn. Das schaffe die Möglichkeit, deutlich resilienter in Krisenzeiten zu agieren.

Die Kombination aus dem starken Neugeschäft, dem sehr guten Überschuss und dem Wachstum, das deutlich über dem der Branche liegt, macht die Bilanz des Lebensversicherungsgeschäfts für 2022 laut Bohn so bemerkenswert.

Nach Aussage von Alte Leipziger Leben-Vorstand Dr. Jürgen Bierbaum haben die fondsgebundenen Produkte sowie die Arbeitskraftabsicherung haben auch 2022 den Großteil des Neugeschäfts der Alte Leipziger Lebensversicherung ausgemacht: 36,1 Prozent entfielen auf fondsgebundene Rentenversicherungen, 28,4 Prozent auf Berufsunfähigkeits- und Grundfähigkeitsversicherungen.

Laut Bierbaum spielten Nettotarife für Alte Leipziger Leben derzeit keine nennenwerte Rolle: „Die Nachfrage entwickelt sich sehr verhalten. Das ist ein Nischenthema.“ Auch die Provisionsdebatte sieht Bierbaum skeptisch. „Provisionen ermöglichen eine hohe Marktdurchdringung von Altersvorsorgeprodukten in allen Gesellschaftsschichten. Provisionen zu verbieten und stattdessen Honorarberatung vorzuschreiben, würde einer hohen Zahl von Kleinanlegern den Zugang zu Anlageberatung erschweren. Kleinanleger wären im Fall eines Provisionsverbots schlechter gestellt als wohlhabende Kunden. Die Gefahr der Altersarmut wird dadurch umso größer, da die gesetzliche Rente allein nicht ausreicht. Eine ergänzende, lebenslange Absicherung ist wichtig, um den Lebensstandard zu halten – und dies kann nur die Lebensversicherung bieten. Durch Honorarberatung sinken zwar die Kostenquoten der Produkte, aber nicht die Altersarmut“, erklärt der Leben-Vorstand

Hallesche Neugeschäft fast auf Rekordniveau

Die Beitragseinnahmen der Hallesche Krankenversicherung stiegen um 4,4 Prozent auf 1,43 Milliarden Euro. Das Neugeschäft des Unternehmens stieg (inkl. gesetzlichen Zuschlags) um 50 Prozent auf 5,2 Millionen Euro (2021: 3,4 Millionen Euro). Das ist das zweitbeste Neugeschäftsergebnis der Firmengeschichte. Den Hauptanteil am Wachstum trägt die Vollversicherung mit plus 75,4 Prozent. Grund für das herausragende Wachstum ist der seit Jahren erfolgreich im Markt platzierte und erneuerte Tarif NK.

„Die Menschen suchen Zugang zu ärztlicher Versorgung und nicht wie früher eine Upgrade zur First-Class-Medizin. Es sind die Versorgungsengpässe bei Heil- und Hilfsmitteln, die Terminproblematik, was sehr stark der GKV zugeordnet wird. Hinzu kommen die Corona-Erlebnisse. Das erzeugt eine sehr positive Wirkung Richtung PKV“, erläutert Bohn.

Das bereits in den Vorjahren sehr gute Wachstum der bKV setzte sich 2022 weiter fort (+21,0 Prozent). Die Zahl der versicherten Personen in der Voll- und Zusatzversicherung wuchs um 4,4 Prozent auf 877.901 (2021: 841.007).

Die Aufwendungen für Versicherungsfälle stiegen nach Jahren mit sehr geringfügigen Steigerungen nun wieder sehr deutlich an. Sie erhöhten sich um 9,7 Prozent auf 934,1 Millionen Euro. „Ein Teil davon sind Steigerungen bei den gezahlten Leistungen, im Krankenhausbereich, bei Arzneimitteln und in der Pflegeversicherung“, sagt Bohn. Man habe hier ein Plus von fast 25 Prozent wegen der gesetzgeberischen Leistungsausweitung. Und das Thema wird in 2023, vor allem, wie die Frage der Finanzierung in der SBV gelöst werde, so Bohn. Den Bruttoüberschuss bezifferte Bohn auf 180 bis 200 Millionen Euro.

Laut Hallesch Vorständin Wiltrud Pekarek liegt die Hallesche Krankenversicherung auf zum Jahresbeginn 2023 weiter auf Wachstumskurs. In den ersten Monaten des laufenden Geschäftsjahres habe sie an ihr starkes Neugeschäft vom Vorjahr angeknüpft, so Pekarek.

Zweistelliges Wachstum in Gewerbe und Transport

Auch die Alte Leipziger Sachversicherung konnte sich in dem schwierigen Marktumfeld behaupten und hat gegenüber dem Vorjahr ein Umsatzplus von 6,2 Prozent erzielt. Die gebuchten Bruttobeiträge sind von 392,9 Millionen Euro im Vorjahr auf 417,3 Millionen Euro gestiegen. Besonders deutlich sind die Beiträge in den Bereichen Gewerbe mit plus 10,9 Prozent, Transport plus 10,3 Prozent und Privatschutz (+7,0 Prozent) gewachsen.

Allerdings seien die wirksamen Schäden um gut 15 Millionen Euro gestiegen. Gründe sind laut Bohn die Probleme in den Lieferketten. So seien bestimmte Ersatzteile für die Reparatur nicht zu erhalten. So müssten Mietwagen länger angemietet werden, was natürlich höhere Kosten erzeuge. „Wir haben die Inflation bei den Ersatzteilen unmittelbar bemerkt“, so Bohn. Auch bei Schäden an Wohngebäuden hat uns die Inflation im negativen Sinne sofort beeinflusst. Zudem hätten die drei Sturmereignisse zum Jahresbeginn sich ebenfalls auf die Schadenlast ausgewirkt. Die Schaden-und Kostenquote (Netto-Combined-Ratio) ist mit 97,1 Prozent geringfügig höher als im Vorjahr (2021: 96,8 Prozent).

Bausparen wieder gefragt

Das Bauspar-Neugeschäft der Alte Leipziger Bauspar hat sich im Geschäftsjahr 2022 mehr als verdoppelt: Es wuchs um 144,5 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro (2021: 707 Millionen Euro) und stieg damit noch stärker als der Branchendurchschnitt (+46,8 %). Auch das Baufinanzierungs-Neugeschäft konnte um 38,5 Prozent auf 156,5 Millionen Euro gesteigert werden (Vorjahr: 113 Millionen Euro).

Alte Leipziger Trust Investment mit Abflüssen

Das Volumen der durch die Alte Leipziger Trust verwalteten Assets under Management lag 2022 bei 2,4 Milliarden Euro (Vorjahr: 3,2 Milliarden Euro). Damit ist auch die Alte Leipziger Trust von den branchenweiten Abflüssen aus Investmentfonds betroffen. 1,7 Milliarden Euro ihres Fondsvermögens entfielen auf Spezialfonds und 714 Millionen Euro auf Publikumsfonds. Den hauseigenen Alte Leipziger Trust-Fonds flossen Bruttomittel in Höhe von 109 Millionen Euro zu.

Ein wichtiger Baustein der bereits 2016 entwickelten Kapitalanlagestrategie sei der Ausbau der alternativen Investments und hier besonders der Infrastrukturinvestments, betonte Martin Rohm, Kapitalanlagenvorstand der ALH Gruppe. Ende 2022 waren laut Rohm 8,6 Prozent der gesamten Kapitalanlagen – rund 40 Milliarden Euro – in alternativen Investments investiert. Und mehr als die Hälfte davon in Eigen- und Fremdkapitalinvestments in erneuerbaren Energien.

Allein in den vergangenen zwei Jahren seien die Eigenkapitalanlagen in Infrastruktur um rund 650 Millionen Euro erhöht worden. Die Infrastruktur-Investionen wurde um rund 400 Millionen Euro gesteigert. Über die Fremdkapitalinvestments würden europaweit Infrastrukturprojekte in den Bereichen Energie, Kommunikation, Transport, soziale Infrastruktur und Umwelt gefördert. Die Vorteile liegen in einem sehr stabilen Cash-Flow in sonst volatilen Märkten. Hinzu komme, dass die Erträge mit den steigenden Zinsen steigen würden, was auch ein Inflationsschutz sei, so Rohm.

Zudem böten die Investments die Chance, als Versicherer stärker in Richtung Nachhaltigkeit zu investieren. So habe man im vergangenen Jahr deutschlandweit 16 Solarparks erworben, die den energetischen Jahresbedarf von 600.000 Personen decken würden. Weitere Investments seien geplant. Die Zielquote liegt im Bereich von zehn und zwölf Prozent.

Um die Investitionen in erneuerbare Energien zu fördern, erwartet Rohm von der Politik, die CO₂-Reduktion zum Schutz des Klimas voranzutreiben. Hierfür brauche es zusätzliche Anreize sowohl auf Investorenebene wie auf Seiten der Unternehmen. „Wir brauchen deutlich unbürokratischere und schnellere Genehmigungsprozesse, aber auch verlässlichere Rahmenbedingungen“, so Rohm. Es gehe um langfristige Planbarkeit der Erträge. Auch sei die aktuelle Nachhaltigkeitsregulatorik für Verbraucher völlig unverständlich.

„Für Unternehmen wie die ALH ist das mit sehr vielen Unsicherheiten verbunden“, moniert der Kapitalanlagevorstand. Hinzu komme, dass diese Regulatorik einen enormen Aufwand verursache. Die Beschaffung, Speicherung und das Reporting von Nachhaltigkeitsdaten verursache Kosten, die letztlich die Rendite schmälern würde. Das sei ein anderer Punkt, bei dem die Politik nachdenken solle, ob die Rahmenbedingungen für Investitionen richtig gesetzt seien.

So könnten Investitionen in Windkraft oder Solaranlagen nicht per se als nachhaltige Investitionen ausgewiesen werden – weder in den Nachhaltigkeitsberichten noch bei den Kunden. Bevor eine derartige Anlage genehmigt wird, braucht es eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Und trotzdem, wird, um eine Investition als nachhaltig klassifizieren zu können, heute ein Do-not-signifikant-harm-Prüfung gefordert. „Das heißt, es muss nochmals geprüft werden, ob andere Nachhaltigkeitsziele durch diese Investition verletzt werden.“ Diese Daten zu bekommen sei sehr schwer bis nahezu unmöglich.

„Die Projektgesellschaften für diese Wind- und Solarkraftanlagen sind oftmals zu klein und damit nicht verpflichtet, diese Daten zu liefern. Diese überbordende Regulatorik macht Investitionen in dem Bereich zunehmend unattraktiv und gefährdet den ökologischen Umbau der Wirtschaft“, warnt Rohm. Der Manager fordert, Investitionen in erneuerbare Energien sollten ohne weitere Prüfung von Seiten des Investors als nachhaltige Investitionen ausgewiesen werden können, denn jeder interpretiert Investition in Windkraft oder Solar letztlich als nachhaltig.

„Sofern im Genehmigungsverfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung stattgefunden hat“, so Rohm. Das gleiche gelte auch für ESG-Bonds. Die sind nach anerkannten Standards begeben. Insofern sollten diese ohne weitere Prüfung des Investors als nachhaltig gelten. „Es gibt heute einen so genannten ICMA-Standard und große Teile der Green- und Social-Bonds werden nach dem Standard aufgelegt. Der hat sehr strenge Auflagen über die Verwendung der jeweiligen Mittel.“ Investitionen in Erneuerbare und ESG-Bonds sollten durch bürokratische Regeln nicht völlig unattraktiv und für Investoren nahezu uninteressant gemacht werden.“

Herausforderung Fachkräftemangel

Den Fachkräftemangel bezeichnete Betriebsorganisationsvorstand Udo Wilcsek als neue Chance. Man biete den Mitarbeitern zwischen 20 bis 80 Prozent mobiles Arbeiten an. Das gelte für alle Mitarbeiter. Voraussetzung neben der Zustimmung der Führungskräfte sei, dass die betriebliche Notwendigkeit dies auch zulasse.

„Wir sind der Auffassung, dass wir damit die Möglichkeiten erhöhen, neue Mitarbeiter zu gewinnen.“ Zudem investiere man in neue Arbeitsinfrastruktur. So wird die Hallesche im Herbst eine neue Hauptverwaltung in Stuttgart Degerloch ziehen. Parallel würden die Bestandsgebäude in Oberursel umgebaut und an die die neuen Anforderungen, wie geringe Anwesenheiten, angepasst. Den Fachkräftemangel bezeichnete Wilcsek als Herausforderung, die von den operativen Einheiten über den Vertrieb bis hin zur IT das gesamte Unternehmen umspannt.

„Die klassischen Bemühungen reichen nicht mehr aus, um die Lücken zu schließen“, sagt der Vorstand. „Wir müssen stärker am Markt aktiv sein.“ Die Bekanntheit der ALH bezeichnete der Vorstand als „ausbaufähig.“ Neue Mitarbeiter spiegeln uns wider, dass wir ein guter Arbeitgeber mit tollen Angeboten sind. Leider ist das in der Auswirkung noch nicht ganz so bekannt.“ Vor dem Hintergrund soll die Marke ALH als Arbeitgebermarke ausgebaut werden. Denn bei allen Digitalisierungsbemühungen sei man sich bewusst, dass Mitarbeiter der Erfolgsfaktor seien, so Wilcsek.

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