Herr Stone, wie würden Sie den Prime Values Growth Fonds in einem Satz beschreiben? Was ist sein zentrales Anlageversprechen?
Stone: Der Prime Values Growth Fonds stellt ethische Werte konsequent in den Mittelpunkt – wir investieren aktiv in Unternehmen, die Nachhaltigkeit und Verantwortung leben und gleichzeitig langfristig Vermögen aufbauen helfen.
Was sind die Unterschiede zu klassischen ESG- oder Wachstumsfonds?
Stone: Wir verlassen uns nicht auf ESG-Ratings allein. Zwar nutzen wir externe Datenquellen, doch führen wir eine hauseigene ethische Analyse über unser Ethik-Research-Team durch – ergänzt durch ein unabhängiges Ethikkomitee, das jeden Titel prüft und ein Vetorecht hat. Dieser wissenschaftlich fundierte Ansatz gewährleistet Transparenz, schützt vor Greenwashing und sorgt für objektivere Entscheidungen.
Nach welchen Kriterien erfolgt die Titelauswahl?
Stone: Unsere ethische Analyse basiert auf fünf Perspektiven:
1. Verantwortungsbewusstsein: Führungsprinzipien, Corporate Governance, Stimmrechte.
2. Angebot: Nutzen und Legitimität der Produkte oder Dienstleistungen.
3. Prozesse: Qualität, Arbeitsbedingungen, Umgang mit Stakeholdern.
4. Umweltschutz: Betriebsökologie, Ressourcenstrategie, Innovationskraft.
5. Image & Reputation: Transparenz, Kontroversenmonitoring, öffentlicher Ruf.
Gibt es Ausschlusskriterien?
Stone: Ja, und sie sind klar definiert. Bei Staatsanleihen schließen wir Länder mit Atomwaffen, Todesstrafe, systematischen Menschenrechtsverletzungen oder ohne demokratische Legitimation aus. Ebenso solche mit dauerhaft überhöhten Militärbudgets – es sei denn, sie erfüllen humanitäre Standards wie die Ottawa-Konvention. Bei Unternehmen führen Verstöße gegen Menschenrechte, Korruption, Umweltzerstörung, Waffenproduktion oder gesellschaftlich stark umstrittene Technologien wie bestimmte Gentechniken oder Kernspaltung zum Ausschluss.
Welche weiteren Ausschlüsse gibt es?
Stone: Unternehmen, die mehr als zehn Prozent ihres Umsatzes mit Glücksspiel, Pornographie, Alkohol oder Tabak erzielen, schließen wir aus. Auch fossile Energieträger, gefährliche Stoffe, nicht nachhaltige Ressourcennutzung (z. B. Kohleabbau), sowie tierschutzwidriges Verhalten sind Ausschlusskriterien. Trotz aktueller Entwicklungen bleiben Rüstung oder Produkte für militärische Zwecke ausgeschlossen.
Wie ist das Ethikkomitee aufgebaut?
Stone: Es besteht aktuell aus sieben unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen. Interessenten können den monatlichen Bewertungsprozessen beiwohnen. Das Gremium prüft jeden Vorschlag und hat ein Vetorecht – absolute Transparenz ist hier ein zentraler Anspruch.
Wie stellen Sie sicher, dass Greenwashing ausgeschlossen ist?
Stone: Durch unsere interne qualitative Analyse, die fundierten Einschätzungen der Wissenschaftler und ein laufendes Kontroversenmonitoring. So haben wir ein realistisches Bild von jedem Unternehmen im Portfolio.
Wie ist das Portfolio strukturiert – regional, sektoral, nach Unternehmensgröße?
Stone: Wir investieren hauptsächlich in große und mittelständische Unternehmen in Nordamerika und Europa. Zwar orientieren wir uns an globalen Indizes, akzeptieren aber bewusste Abweichungen – etwa, wenn wir zyklische Konsumgüter oder den Energiesektor aufgrund ökologischer Anforderungen untergewichten. Auf der Anleiheseite setzen wir auf Investment-Grade-Anleihen, halten aber auch Hochzins- und nachrangige Anleihen zur Optimierung der Portfoliorendite.
Wie aktiv managen Sie das Portfolio?
Stone: Aktuell halten wir rund 40 Aktien und 27 Anleihen. Wir investieren langfristig, reagieren aber auf neue Daten oder Marktveränderungen. Finden wir attraktivere Titel, tauschen wir diese aktiv ein.
Wie hat sich der Fonds in den letzten fünf Jahren entwickelt?
Stone: Verglichen mit ESG-Benchmarks und Mitbewerbern haben wir uns gut behauptet. Unser konzentriertes Universum hat uns geholfen, die Performance stabil zu halten – unter anderem mit IT-Titeln in den USA, Banken und Versicherungen in Europa sowie nachhaltigen Vorzeigeunternehmen wie Schneider Electric oder Saint-Gobain. Natürlich gab es Rückschläge – etwa durch das Platzen der ESG-Blase nach 2021 oder durch das Fehlen von Verteidigungs- und Energieaktien nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine. Dennoch zeigt unser Fokus auf Qualitätswerte und Ethik solide risikobereinigte Ergebnisse. In den letzten Monaten haben wir unsere Aktienquote stark hochgefahren. Der Prime Values Growth darf als dynamischer Mischfonds bis 80 Prozent Aktiequote gehen – aktuell liegen wir bei 70 Prozent.
Welche Learnings gab es aus dem Marktjahr 2022?
Stone: Geduld bei Anleihen zahlt sich aus. Die rapide Zinswende hat uns überrascht, aber sie zeigt: Die Zentralbanken meinen es ernst mit der Inflationsbekämpfung. Unsere Short-Duration-Strategie hat sich in dieser Zeit bewährt.
Was passiert, wenn ein Unternehmen im Portfolio gegen ethische Prinzipien verstößt?
Stone: In solchen Fällen wird sofort das Ethik-Research-Team aktiviert, eine neue Bewertung erstellt und dem Ethik-Komitee zur Entscheidung vorgelegt. Das Portfolio-Management kann aus Reputationsschutz schnell reagieren und ist verpflichtet, den Titel binnen sechs Monaten zu verkaufen, wenn das Komitee ihn ausschließt.
Führen Sie einen aktiven Dialog mit Unternehmen?
Stone: Ja. Unsere Ethik-Analysten haben Kontakt mit Unternehmen, in die wir investieren, wenn sie Klarstellungen zu bestimmten Themen oder Richtlinien des Unternehmens benötigen oder das Ethik-Komitee eine qualifizierte Rückmeldung – quasi als Investorenfeedback – an das Unternehmen wünscht. Zudem beteiligen wir uns an Engagement-Initiativen mit anderen institutionellen Investoren.
Welche aktuellen Trends fließen in Ihre Anlagestrategie ein?
Stone: Im Februar haben wir das US-Engagement von 60 auf 40 Prozent reduziert – u. a. wegen abnehmender Konjunkturdynamik und überhitzter Tech-Werte. Europa wurde gleichzeitig aufgewertet. Auch die Entwicklungen rund um Verteidigungsausgaben, Inflation und Geldpolitik beeinflussen unsere Entscheidungen. Zudem sehen wir Chancen bei Unternehmen, die sich lösungsorientiert mit dem Konsum- und Problemthema Mikroplastik oder der Alterung der Gesellschaft beschäftigen – wie Tomra, Duolingo oder Sonova. Auch KI spielt eine Rolle: Wir sind u. a. in Oracle, Microsoft und SAP investiert.
Wie messen Sie den tatsächlichen Impact – zum Beispiel im Hinblick auf die UN-Ziele (SDGs)?
Stone: Die Wirkung börsennotierter Unternehmen ist schwer exakt zu quantifizieren. Dennoch vergleichen wir CO₂-Intensität und SDG-Relevanz unserer Portfolios mit konventionellen Fonds – und schneiden dabei regelmäßig besser ab. Die Ergebnisse finden sich in unseren Nachhaltigkeitsberichten. Allerdings sind diese Kennzahlen nicht als absolute Qualitätsgrößen zu verstehen, da die Datenverfügbarkeit noch lückenhaft ist. Die Tendenz spricht allerdings klar für unseren Ansatz.
Interview: Frank O. Milewski, Cash.