Angesichts der anhaltenden finanziellen Schieflage und der wachsenden gesellschaftlichen Herausforderungen hat der Verwaltungsrat der Barmer ein Positionspapier zur umfassenden Reform der Pflegeversicherung verabschiedet. Die zentrale Forderung: Deutschland braucht nicht nur kurzfristige Stabilisierungsmaßnahmen, sondern eine strukturelle Neuausrichtung der Pflegefinanzierung und -versorgung.
„Die soziale Pflegeversicherung steht seit Jahren unter massivem finanziellen Druck. Es gibt erste positive Zeichen aus der Politik, kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen, um das System zu stabilisieren. Doch Ankündigungen alleine reichen nicht. Um das Pflegesystem in Deutschland zu sichern, ist jetzt schnelles Handeln erforderlich“, betont Sylvi Krisch, Verwaltungsratsvorsitzende der Barmer.
Forderung: Versicherungsfremde Leistungen auslagern
Im Zentrum der Forderungen steht die finanzielle Stabilisierung des Systems. Der Verwaltungsrat plädiert dafür, versicherungsfremde Leistungen künftig vom Bund tragen zu lassen. Dazu zählen etwa die vollständige Rückzahlung der Corona-Hilfen sowie die Übernahme von Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträgen für pflegende Angehörige. Auch die Länder sieht die Krankenkasse in der Pflicht: Sie müssten künftig stärker in Investitionen und die Finanzierung von Ausbildungsstrukturen eingebunden werden.
Finanzausgleich zwischen sozialer und privater Pflegeversicherung
Langfristig sieht das Barmer-Positionspapier zudem die Notwendigkeit eines Finanzausgleichs zwischen der sozialen und der privaten Pflegeversicherung. Trotz gleicher Leistungsansprüche liegen die durchschnittlichen Ausgaben der privaten Pflegeversicherung deutlich niedriger, ein Ungleichgewicht, das aus Sicht der Barmer korrigiert werden muss.
Pflege zu Hause stärken – ambulante Angebote ausbauen
Ein weiterer Reformschwerpunkt liegt auf der ambulanten Versorgung. Die meisten Pflegebedürftigen in Deutschland werden nach wie vor zu Hause versorgt. Daraus leitet die Barmer einen klaren politischen Handlungsauftrag ab: ambulante Strukturen müssen gestärkt, Angehörige entlastet und Versorgungsangebote ausgebaut werden. Dabei solle die geplante Bund-Länder-Kommission rasch konkrete Vorschläge auf den Tisch legen.
Digitalisierung als Hebel zur Entlastung
Auch der Digitalisierung misst das Positionspapier eine entscheidende Rolle zu. Sie könne nicht nur die Versorgung verbessern, sondern auch einen Beitrag zur Entlastung der Pflegekräfte leisten. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass digitale Anwendungen sinnvoll in bestehende Prozesse eingebunden und flächendeckend nutzbar gemacht werden.