Wie demografischer Wandel, KI und Prävention die Versicherungswelt neu formen

Roboter und menschliche Hand machen Fist Bump
© Bildagentur PantherMedia / Andriy Popov
Wenn Berater fehlen: Für viele Kunden wird es in naher Zukunft nur noch die Wahl geben zwischen weniger persönlichen Beratungsterminen oder einem KI-Agenten.

Die alternde Weltbevölkerung verändert bis 2050 Verbrauchsverhalten, Mobilität und Techniknutzung – mit tiefgreifenden Folgen für die Schaden- und Unfallversicherung und deren Geschäftsmodelle. Das zeigt der neue P&C-Report von Capgemini.

Die alternde Weltbevölkerung bringt nicht nur neue Risiken und verändertes Kundenverhalten mit sich – auch die Versicherer selbst geraten zunehmend unter Druck. Während der Anteil älterer Versicherungsnehmer steigt, droht der Branche gleichzeitig ein massiver Wissensverlust durch den demografisch bedingten Rückzug von Vermittlern in den Ruhestand.

„Die Bevölkerung altert, bisher haben wir dabei vor allem an die Kunden gedacht, aber gerade die Versicherer stehen vor einem brain drain. Wenn beide Trends anhalten, wird es für viele Kunden bald nur noch die Wahl geben zwischen weniger persönlichen Beratungsterminen oder einem KI-Agenten. Denn die KI geht nie in Rente“, sagt Florian Gmach, Senior Director Insurance bei Capgemini Invent.

Veränderte Konsumgewohnheiten fordern neue Versicherungsmodelle

Laut dem aktuellen „World Property and Casualty Insurance Report“ des Capgemini Research Institute wird sich das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen weltweit deutlich verschieben. Bis 2050 soll die sogenannte Altersabhängigkeitsquote von 16 auf 26 Prozent steigen – ohne Afrika sogar auf 31 Prozent. Diese Entwicklung verändert das Konsumverhalten spürbar: Ältere Menschen investieren eher in Erlebnisse wie Reisen oder Luxusgüter als in große Anschaffungen wie Immobilien. Bereits heute planen 45 Prozent der Befragten, ihre Lifestyle-Ausgaben zu erhöhen, während 70 Prozent keinen Immobilienkauf oder -umbau mehr anstreben.


Das könnte Sie auch interessieren:

Diese Trends wirken sich unmittelbar auf Schaden- und Unfallversicherer aus. So müssen etwa Kfz-Versicherer ihr Geschäft stärker auf gewerbliche Mobilitätslösungen umstellen, da ältere Menschen zunehmend auf Mitfahrdienste setzen. Gleichzeitig gewinnen altersfreundliche, modulare Produkte für kleinere Haushalte an Bedeutung. Auch im gewerblichen Bereich sind neue Ansätze gefragt: Automatisierung, alternde Belegschaften und veränderte Risikoprofile erfordern ein radikales Umdenken.

Klimarisiken und Urbanisierung verschärfen die Lage

Zusätzlich zur demografischen Entwicklung rückt der Klimawandel in den Fokus. Laut Capgemini sind künftig über 98 Prozent der Weltbevölkerung von Dürren und 80 Prozent von Starkregen betroffen. Die zunehmende Urbanisierung konzentriert Risiken zusätzlich – mit potenziell höheren Schäden durch vernetzte Ereignisse. Versicherer stehen vor der Herausforderung, Klima- und demografische Daten systematisch zu integrieren, um fundierte Underwriting-Entscheidungen treffen zu können.

Technologie als Schlüssel

Die Capgemini-Studie zeigt: Zwar erkennen 88 Prozent der Versicherer die zentrale Rolle von datengetriebenem Underwriting, doch nur 17 Prozent verfügen über reife Fähigkeiten dafür. Künftig braucht es verstärkt Echtzeit-Intelligenz, prädiktive Modelle und dynamisches Portfoliomanagement, um Risiken frühzeitig zu erkennen und effizient zu steuern.

Capgemini empfiehlt eine umfassende Transformation: von der Entwicklung altersgerechter Servicemodelle über den gezielten Einsatz von KI und Automatisierung bis hin zur Modernisierung von Datenarchitekturen. Nur so kann die Branche dem doppelten Druck aus Demografie und Klimawandel standhalten – und weiterhin verlässlicher Partner für ihre Kunden bleiben.

Der World Property & Casualty Insurance Report 2025 von Capgemini basiert auf drei Quellen: einer Umfrage unter 5.016 Kunden in 13 Ländern, Interviews mit 274 Führungskräften aus 15 Märkten sowie makroökonomischen Prognosen für 11 Länder weltweit.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments