Die alte Debatte „aktiv versus passiv“ ist passé – das sind die Gründe

Foto: PantherMedia/stuartmiles
Die Frage nach passiven oder aktiven Anlageansätzen stellt sich künftig immer seltener.

Da Anleger die Gefahren der Marktkonzentration begreifen und sich zunehmend spezialisierten Anlageinstrumenten und Privatmärkten zuwenden, ist es an der Zeit, dass wir anerkennen, dass es bei aktivem Anlagemanagement um weit mehr geht als um die Auswahl von Aktien.

Wo ist die bekannte Skepsis gegenüber aktivem Management geblieben? Müssten aktive Anlagestrategien, insbesondere in liquiden Märkten wie den USA, nicht eigentlich vor dem Aus stehen?

Das ist erst ein paar Jahre her, aber die Debatte hat sich inzwischen grundlegend verändert. Die beiden Pole „aktiv“ und „passiv“ verlieren zunehmend an Bedeutung. Zum einen gab es in den letzten Jahren eine explosionsartige Zunahme passiver Fonds, die keine breiten Indizes nachbilden, sondern sich stattdessen auf Themen, Stile, Regionen oder andere Unterkategorien konzentrieren. Sie mögen passiv sein, aber der Prozess ihrer Verwendung als Bausteine innerhalb eines Portfolios ist eindeutig aktiv.


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Auch andere Faktoren führen zu einer Neubewertung der stereotypen Konfrontation zwischen aktiv und passiv. So hat die Marktvolatilität der letzten Monate das mit breiten Indizes verbundene Konzentrationsrisiko deutlich gemacht, das mit breiten Indizes verbunden ist, unabhängig davon, ob es sich um globale oder US-Indizes handelt. Fast drei Viertel des MSCI World Index bestehen aus US-Unternehmen, und nur zehn Aktien, vor allem Technologie, machen die Hälfte davon aus.

Fairerweise muss man sagen, dass die passive Beteiligung an dieser Entwicklung für Anleger gut funktioniert hat. Seit 2010 hat der S&P 500 eine jährliche Rendite von fast 14 % erzielt. Mit der Aufwertung des Dollars und der Festigung der Dominanz US-amerikanischer Aktien konnten sie andere Weltmärkte deutlich übertreffen. Die Gefahren wurden jedoch im April durch den Ausverkauf infolge von Trumps Zöllen am „Tag der Befreiung“ deutlich sichtbar. Die Selbstzufriedenheit verflog schnell.

Was wir derzeit bei den Anlegern beobachten, sind ein überlegteres Vorgehen und ein Bedarf an Strategien. In der jüngsten Global Investor Insights Survey von Schroders, die unter 995 professionellen Anlegern aus der ganzen Welt mit einem Vermögen von 67 Billionen US-Dollar durchgeführt wurde, gaben 80 % der Befragten an, dass sie in den nächsten zwölf Monaten eher aktiv verwaltete Strategien anwenden werden. Die Umfrage wurde im April und Mai durchgeführt.

Anleger wollen jetzt ihre Portfolios widerstandsfähiger machen, und sie wollen dies durch eine Diversifizierung über Regionen, Stile und Anlageklassen hinweg erreichen. Viele reduzieren ihr Engagement in US-Dollar. Dies ist eine bemerkenswerte Kehrtwende: Bislang galten in unsicheren Zeiten der US-Dollar und US-Vermögenswerte als sichere Häfen. Nun fließt Kapital nach Europa, Asien oder in Schwellenländer.

Es geht auch um den Stil. Angesichts der Fallstricke eines Index wünschen sich Anleger einen vorausschauenden oder konträren Ansatz. In den letzten zwei Jahrzehnten haben makroökonomische Faktoren (niedrige Zinsen, reichlich Liquidität, die Sonderstellung der USA) alle Vermögenswerte beflügelt. Vor dem Hintergrund erhöhter Volatilität rücken nun mikroökonomische Faktoren (z. B. die Ertragsstabilität einzelner Unternehmen) in den Vordergrund. Die Notwendigkeit, nach vorne zu blicken, ist dringender denn je. Was kommt als Nächstes? Eine Lösung könnte ein Value-Ansatz sein, bei dem unterbewertete Titel eine Sicherheitsmarge bieten. Andere könnten thematisch ausgerichtet sein und sich auf eine Branche oder einen Trend konzentrieren.

Die Nutzung von Vermögenswerten entwickelt sich weiter, und die Nachfrage nach privaten Märkten verändert die Lage

Abgesehen vom heutigen Auf und Ab in der US-amerikanischen Politik gibt es zugrunde liegende globale Probleme, die Trumps Präsidentschaft lange überdauern werden. Eines davon ist die explodierende Staatsverschuldung. Dies ist eine der Hauptursachen für die Unsicherheit an den Anleihemärkten: Die Renditen werden steigen, aber es wird auch eine höhere strukturelle Volatilität geben.

Wenn Anleger also nach Erträgen suchen, können Anleihen die Antwort sein – oder zumindest ein Teil davon. Ein weiteres auffälliges Ergebnis der Global Investor Insight Survey war, dass Private Debt und Kreditalternativen immer beliebter werden. Sie sind heute die attraktivsten Vermögenswerte für Anleger, die Erträge erzielen möchten.

Wenn eine Lösung für künftige Einkünfte sowohl öffentliche als auch private Schuldtitel umfasst, verliert die traditionelle Debatte zwischen aktiven und passiven Strategien an Bedeutung. Gleiches gilt für öffentliche und private Beteiligungen.

Neue Technologien rücken die Bedürfnisse der Anleger wieder in den Fokus

Distributed-Ledger-Technologie, KI und kostengünstigeres Computing treiben uns zu Anlagelösungen, die ausgefeilter und anlegerspezifischer sind als die heute bekannten Fondsstrukturen. Privatanleger werden maßgeschneiderte Portfolios erhalten, die sich an persönlichen Zielen und Zeitvorgaben orientieren. Pensionsfonds werden Nachhaltigkeitspräferenzen in die Portfoliokonstruktion einbeziehen. Die vereinfachenden Pole „passiv“ und „aktiv“ – die weit weniger relevant ist als das Hauptziel, nämlich die Probleme der Anleger zu lösen – gehören nicht zu diesem Bild.

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, und die künftigen Kapitalflüsse werden meine These bestätigen. Der Aufstieg des passiven Investierens war in den letzten 25 Jahren ein Thema in der Investmentbranche. Jedoch war es eine Entwicklung, die von der Investmentbranche geprägt war – nicht unbedingt davon, was für die Anleger am besten ist. Jetzt stehen wir an einem Wendepunkt.

Autor Richard Oldfield ist Group CEO of Schroders.

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