Dividendenstrategien gelten in Krisenzeiten traditionell als Königsweg. Denn wer auf überdurchschnittlich hohe Ausschüttungen setzt, hat meist Aktien wenig konjunkturanfälliger Unternehmen im Depot, die in der Regel auch in schwierigen Zeiten einen genügend hohen Cashflow erwirtschaften, um die Dividende zu finanzieren. Ausgerechnet in der Coronakrise hatte dieses Kalkül einen schweren Stand.
Fast jedes dritte Unternehmen hatte im vergangenen Jahr 2020 keine Ausschüttung vorgenommen, um in unsicheren Zeiten das Eigenkapital zu stärken. Ilga Haubelt, Fondsmanagerin bei BNY Mellon Investment Management, sieht einen weiteren Grund, warum die Dividendenstrategie just während 2020 nicht funktionierte: „Angesichts der Pandemie als einer humanitären Katastrophe waren viele Dividenden nicht allein aus finanziellen, sondern sozialen, politischen oder regulatorischen Gründen ausgesetzt worden oder ausgefallen.“
Vieles spricht dafür, dass sich das Blatt bereits gewendet hat. „Der Großteil der Dividenden zahlenden Unternehmen hat nun genauso schnell die Wiederaufnahme von Ausschüttungen beschlossen oder in Erwägung gezogen, wie sie sie letztes Jahr ausgesetzt oder gekürzt haben“, glaubt Haubelt. Insgesamt könnten Dividenden-Anleger wieder optimistischer in die Zukunft blicken. Für Marcus Ratz, Portfolio Manager bei Lupus alpha, hat sich die Lage für Dividendenwerte in diesem Jahr dank der schrittweisen Erholung der Gesamtwirtschaft deutlich entspannt: „Das erste Quartal hat gezeigt: Je weiter wir uns wieder auf diese Normalität zubewegen, desto mehr werden sich auch starke Dividendentitel erholen können.“
Gewinnmargen zurück auf Rekordniveau
Dividendenstarke Aktien zu kaufen, zahlt sich aus. Das zeigt etwa ein Renditevergleich von Firmen aus dem S&P 500-Index. Wer zwischen 1972 und 2012 eine Dividende eingeführt und sie in diesem Zeitraum sukzessive erhöht hatte, der bescherte seinen Aktionären 9,5 Prozent Rendite pro Jahr. Hingegen kamen Unternehmen aus dem US-Vorzeigeindex, die gar keine Ausschüttungen vornahmen oder diese nicht erhöhten, brachten nur auf einen jährlichen Zuwachs von 1,6 Prozent.
„Dividenden bleiben ein integraler Bestandteil der langfristigen Gesamtrendite von Aktien“, bestätigt die „Dividendenstudie 2021“, die von der DSW um dem Institute for Strategic Finance an der FOM Hochschule für Ökonomie & Management veröffentlicht wurde. Danach resultiert die Wertentwicklung des DAX während der vergangenen 20 Jahre ausschließlich aus Ausschüttungen. Bei manchen Firmen sind die Einstandskurse von vor zehn Jahren inzwischen voll durch Dividenden refinanziert. Der Zinseszinseffekt lässt grüßen, den Albert Einstein einst als das achte Weltwunder bezeichnete.
Mit Blick auf die aktuelle Marktlage ein Zeichen der Stärke: Trotz der Corona-Krise kommen noch immer mehr als 60 deutsche Börsenfirmen auf einen Track Record von mindestens zehn Jahren ohne Dividendenkürzung darunter auch einige Nebenwerte.
Arne Rautenberg, Union Investment: Die Gewinnmargen der Unternehmen sind ein Jahr nach dem Ausbruch der Pandemie insgesamt wieder zurück auf Rekordniveau, obwohl einige Sektoren, wie die Reise- und Tourismusbranche, noch immer unter Lockdowns und anderen Beschränkungen zu leiden haben. Für chancenreich hält er vor allem die Schwellenländermärkte, die seit Februar deutlich hinter den Industrieländerbörsen zurückblieben.