Exklusiv-Interview mit Eric Bussert (Hanse Merkur) und Eric Huwer (HSV): „Das schafft nur der Fußball“

HSV
Foto: Florian Sonntag
Eric Huwer (links) und Eric Bussert: „Wir haben den Vorteil, hanseatische Vereine zu sein.“

Cash. sprach mit Eric Bussert, Vertriebs- und Marketingvorstand der Hanse Merkur, und Dr. Eric Huwer, Vorstand Finanzen, Partnerschaften und Organisation des Hamburger SV, über Sportsponsoring, gesellschaftliche Verantwortung und die Bedeutung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Herr Bussert, wenn wir richtig informiert sind, sind Sie eigentlich Borusse, oder?

Bussert: Ich bin im Rheinland aufgewachsen und habe dort viele Jahre Fußball gespielt. Mit sieben oder acht Jahren war man entweder Fan des 1. FC Köln oder von Borussia Mönchengladbach. Da mein damaliger Mitspieler Bodo Illgner, der spätere Weltmeister von 1990, schon damals FC-Fan war, bin ich Gladbach-Fan geworden. Das war die Zeit von Berti Vogts und Jupp Heynckes, eine legendäre Mannschaft. Deshalb bin ich seit dieser Zeit Gladbach-Fan, seit vielen Jahren aber auch HSV-Fan. Dadurch, dass meine Familie und ich seit 28 Jahren in Hamburg wohnen, ist meine Leidenschaft für den HSV aber mittlerweile deutlich ausgeprägter als die für Borussia Mönchengladbach. Aber mit einem Auge schaue ich natürlich immer noch nach Gladbach.

Die Hanse Merkur ist seit 2022 Trikotpartner des HSV. Warum haben Sie sich für das Sponsoring entschieden?

Bussert: Das ist eine längere Geschichte. Wir sind schon seit vielen Jahren mit dem HSV im Gespräch. Ich hatte noch zu Erstliga-Zeiten dem damaligen Vorstandschef Bernd Hoffmann gesagt, dass wir gerne zur Verfügung stehen würden, wenn es für den HSV sportlich oder finanziell mal eng werden sollte. So sind wir dann auch ins Gespräch gekommen, als der HSV 2018 aus der Bundesliga abstieg, und haben uns entschieden, den Verein als Exklusivpartner zu unterstützen. Diese Partnerschaft haben wir dann über die Jahre hinweg weiter ausgebaut, weil wir den Eindruck hatten, dass wir gut zusammenpassen, die Partnerschaft wechselseitig sehr gut funktioniert und auch dazu führt, dass wir unsere relevanten Marketingziele erreichen. So sind wir auf unserem gemeinsamen Weg immer noch ein bisschen mehr Partner geworden – bis zum heutigen Tag als Hauptpartner. Als solcher unterstützen wir nicht nur die 1. Herren, sondern auch die 1. Frauen und die Nachwuchsmannschaften des HSV.

Also war der Abstieg des HSV 2018 der wesentliche Impuls für Sie?

Bussert: Beim HSV war die Entwicklung in den Jahren vor dem Abstieg sehr unstet. Wir haben uns damals nicht in einer Partnerschaft in dem Sinne gesehen, dass wir die gleichen Werte haben und die gleichen Themen, die wir gemeinsam vorantreiben können. Beim Abstieg hat man dann gemerkt, wie die ganze Stadt, die ganze Region mitgelitten hat – wir auch. Wir fanden das einen guten Moment, um unsere Sympathie als hanseatischer Versicherer zu bekunden.


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Welche Relevanz hat das Sponsoring für Sie?

Bussert: Sehr große Relevanz. Die Versicherungsindustrie ist ein sehr großer Markt mit vielen Playern. Als mittelständischer Versicherer, dem keine hohen Millionenbudgets für Werbung zur Verfügung stehen, müssen wir andere Wege gehen als größere Mitbewerber und uns sehr genau fragen: Welche Zielgruppen wollen wir erreichen? Wo wollen wir welche Bekanntheit erlangen? Und wer sind dafür die richtigen Partner? Der HSV ist eine unglaublich starke Marke – unabhängig von der Ligazugehörigkeit hat der Verein eine wahnsinnige Strahlkraft. Außerdem haben wir den gemeinsamen Vorteil, hanseatische Vereine zu sein, das verbindet. Von daher war der HSV ein geborener Partner.

Sie sind ja nicht nur Hauptsponsor, sondern mit 6,76 Prozent mittlerweile auch Gesellschafter der HSV Fußball AG. Ihre Gesellschafterrolle hat durchaus für Schlagzeilen gesorgt. Kleinaktionäre haben den aus ihrer Sicht „fehlenden Mehrwert“ des neuen Aktionärs Hanse Merkur bemängelt und sogar gedroht, dass sie den Verkauf ihrer Aktien in Erwägung ziehen würden. Ist dieser Konflikt beigelegt?

Bussert: Ich würde das gar nicht Konflikt nennen. Das waren Meinungsäußerungen einzelner Aktionäre – jeder kann ja seine Meinung äußern.

Warum haben Sie Ihr Engagement über das reine Sponsoring hinaus ausgeweitet?

Bussert: Wir wollen damit zum Ausdruck bringen, dass wir uns auch mittelfristig beim HSV sehen. Wir stehen bereit, einen Beitrag dafür zu leisten, dass sich der Verein gut weiterentwickeln kann. Deshalb haben wir uns entschieden, auch eine Gesellschafterrolle einzunehmen.

Eric Huwer (links) und Eric Bussert: „Wir sind auf unserem gemeinsamen Weg immer noch ein bisschen mehr Partner geworden.“ (Foto: Florian Sonntag)

Dr. Huwer, Sie sind 2014 als Controller zum HSV gekommen, seit Januar 2023 sind Sie Vorstand Finanzen, Partnerschaften und Organisation. Sie waren aber auch schon in der Versicherungsbranche tätig, von 2013 bis 2014 als Vorstandsreferent bei der Allianz. Haben Sie aus dieser Zeit etwas für Ihre jetzige Position mitgenommen?

Huwer: Ja, ganz viel. Nach meiner wissenschaftlichen Laufbahn ging es mir zunächst darum, aus dem akademischen Elfenbeinturm herauszukommen. Ich wollte nicht mehr von der sinnbildlichen Kanzel herab erzählen, wie Unternehmen agieren sollten, ohne selbst praktische Erfahrung in der Unternehmensführung zu haben. Mein Wunsch war, für ein Blue-Chip-Unternehmen zu arbeiten, und die Einstiegsmöglichkeit als Vorstandsreferent im Bereich Strategie und Marktmanagement war verlockend. Die Versicherungsbranche war aus strategischer Sicht unglaublich spannend, die Allianz befand sich damals im disruptiven Moment der Digitalisierung, sie wollte mehr auf digitalen Direktvertrieb setzen und wirklich multikanalfähig werden. Auch die politischen Themen habe ich dort hautnah mitbekommen, das alles war sehr lehrreich für mich. Kommunikativ habe ich in dieser Zeit ebenfalls wichtige Erfahrungen gesammelt. Wenn wir Vertretern mitgeteilt haben, dass wir künftig mehr auf Direktvertrieb setzen, war das Gespräch nicht immer vergnügungssteuerpflichtig. Da kam es auf Klarheit in der Kommunikation in einem respektvollen Korsett an.

Wie haben Sie damals als Außenstehender den HSV wahrgenommen?

Huwer: Ich habe meine Dissertation zum Thema Grundsätze ordnungsgemäßer Finanzberichterstattung, also zu Jahresabschlüssen von Fußballklubs geschrieben. Da hat der HSV schon die ein oder andere Vorlage geliefert, die ich dankend verwertet habe – und zwar nicht durch die HSV-Brille. Ich habe verschiedene Themen sehr kritisch begleitet: Es gab verschiedene Investoren-Modelle und viele Ideen bezüglich möglicher Refinanzierungsmöglichkeiten. Aus meiner damals wissenschaftlichen Perspektive war der HSV schon besonders spannend. Als ich dann 2014 zum HSV kam, hatte der Verein seine Profiabteilung gerade in die AG ausgegliedert. Ich habe schon einen gewissen Kulturschock verspürt, denn ich kam aus der hochprofessionellen, stark regulierten Versicherungsbranche – da gab es schon noch ein paar Unterschiede zur Fußballbranche, was Themen wie Regulierung, Compliance und Risikomanagement anbelangt. Bei der Allianz hat sich niemand gefragt, wie eine Corporate Governance aussehen müsste, denn die bestand dort schon seit Jahrzehnten. Beim HSV hatten wir damals Betriebsprüfungen, bei denen wir vor gewisse Herausforderungen gestellt wurden. Wir waren gezwungen, zu reagieren, um die DFL-Lizenz für die nächste Spielzeit zu bekommen. Wir konnten nur von Lizenz zu Lizenz denken, es ging hauptsächlich um die Sanierung und die Konsolidierung. Meine Anfangszeit beim HSV war davon geprägt, hinter der Welle zu sein.

Wie lange hat es gedauert, bis Sie vor die Welle gekommen sind?

Huwer: Ich kann mich an eine Aufsichtsratssitzung im Frühjahr 2020 erinnern, kurz vor Beginn der Coronakrise. Meine Kernaussage dort war, dass wir zum ersten Mal hoffen dürfen, vom Reagieren ins Agieren zu kommen. Ich war guter Dinge, dass wir eine schwarze Null schreiben werden. Ich betonte aber, dass wir keine ausgeprägte Risikovorsorge für etwaige „schwarze Schwäne“ haben. Dass ein „schwarzer Schwan“ in Form der Coronakrise schon an die Tür klopfte, war uns in dieser Konkretheit und Radikalität bedauerlicherweise noch nicht bewusst. Corona hat uns in einer unglaublichen Vehemenz getroffen, weil wir einer der wenigen Klubs sind, die extrem abhängig von den Spieltagseinnahmen sind. Die Spieltagseinnahmen sind bei uns in einer größeren Dimension anzusiedeln als die TV-Erlöse, was in der Branche eher untypisch ist. Das liegt daran, dass wir ein so großes und tolles Stadion haben, das mit 57.000 Zuschauern aktuell dauerhaft ausverkauft ist. Die Fallhöhe war also extrem hoch – von bis zu 40 Millionen Euro auf null. Wir hatten in der Coronakrise in Summe Umsatzeinbußen von 75 Millionen Euro. Unser Vorteil war, dass wir es schon gewohnt waren, mit dem Rücken zur Wand stehend kreative Wege finden zu müssen. Also haben wir uns kurz geschüttelt und dann gemeinsam mit unseren Partnern zukunftsgerichtete Lösungen gefunden. Mittlerweile haben wir uns freigeschwommen und können mit Fug und Recht behaupten, dass wir schon lange nicht mehr so gesund waren und deutlich vor der Welle agieren können.

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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