Die Ausgaben für medizinische Versorgung in Deutschland steigen seit Jahren kontinuierlich. „Gesundheitskosten kennen keinen Jahreswechsel“, sagt Thomas Brahm, Vorstandsvorsitzender der Debeka. „Auch wenn die allgemeine Teuerung nachlässt, steigen die Ausgaben für Behandlungen, Medikamente und Pflege ungebremst.“ Mittlerweile überschreitet der monatliche Höchstbeitrag in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung die Marke von 1.200 Euro – eine spürbare Belastung für viele Versicherte.
Als zentrale Treiber nennt Brahm die sogenannte medizinische Inflation. Sie entstehe durch steigende Löhne, neue gesetzliche Vorgaben und vor allem durch den Einsatz immer besserer, aber teurerer Therapien. Besonders sichtbar sei dies in den Kliniken: Der Bundesbasisfallwert für Krankenhausleistungen sei in den vergangenen fünf Jahren jährlich um bis zu fünf Prozent gestiegen. Gleichzeitig erhöhte sich der Pflegeentgeltwert von 163 Euro pro Tag im Jahr 2022 auf mittlerweile 250 Euro – eine Steigerung um mehr als 50 Prozent in nur drei Jahren.
Auch einzelne Eingriffe verteuerten sich deutlich. So hätten sich im Raum Koblenz die Kosten für eine Blinddarmoperation binnen fünf Jahren von 3.469 auf 6.943 Euro nahezu verdoppelt. Die Unterbringung im Einbettzimmer koste inzwischen bis zu 250 Euro pro Tag, in Privatkliniken sogar bis zu 350 Euro. Noch dynamischer entwickelten sich die Preise bei Arzneimitteln. Der Gürtelrose-Impfstoff Shingrix habe sich seit 2020 um rund 140 Prozent verteuert. Neue Medikamente für Autoimmunerkrankungen und Diabetes trieben die Kosten zusätzlich: „Der Monatspreis für manche Medikamente wächst von 7.500 auf über 70.000 Euro“, so Brahm.
Internationale Vergleiche und Patientenversorgung
Die Gesamtausgaben im Gesundheitswesen nähern sich laut Statistischem Bundesamt der Marke von 500 Milliarden Euro und liegen damit rund 20 Prozent über dem Niveau vor der Corona-Pandemie. Gleichzeitig profitieren Patientinnen und Patienten in Deutschland von schnellen Zugängen zu Innovationen. „Bei neuen Krebsmedikamenten vergehen durchschnittlich nur 82 Tage zwischen EU-Zulassung und Verfügbarkeit, während Patienten in anderen europäischen Ländern im Schnitt rund 445 Tage warten müssen. Das rettet Leben, treibt aber die Kosten weiter an“, erklärt Brahm.
Neben dem technologischen Fortschritt wirkt die demografische Entwicklung als zusätzlicher Kostentreiber. Eine alternde Bevölkerung führe zu mehr chronischen Erkrankungen, die langfristige und intensive Therapien erfordern. „Die medizinische Inflation lässt sich nicht stoppen, wohl aber steuern“, betont Brahm.
Perspektiven für ein bezahlbares Gesundheitssystem
Als zentrale Stellschrauben nennt der Debeka-Chef Prävention, Digitalisierung und Transparenz. Investitionen in Vorsorge seien im Vergleich zu späteren Behandlungen deutlich günstiger. Digitale Lösungen könnten helfen, Doppeluntersuchungen zu vermeiden, während eine transparente Bewertung des Nutzens neuer Therapien die Preisentwicklung dämpfen könne, ohne Innovationen auszubremsen. „Eine stärkere Eigenvorsorge verteilt die Lasten fairer über die Generationen“, so Brahm.
Zum Abschluss mahnt er: „Unser Gesundheitssystem wird zurecht beneidet – doch diese Qualität hat ihren Preis, und er steigt weiter. Wer die Kosten in den Griff bekommen will, muss Effizienzreserven heben, Innovation gezielt finanzieren und Prävention konsequent fördern. Nur dann bleibt Spitzenmedizin für alle bezahlbar – heute, morgen und übermorgen.“