Für Klimaschützer und viele Politiker war der Ausstieg der USA unter Präsident Trump aus dem Pariser Klimaabkommen ein Schock. Aber inzwischen zeigt sich eindrucksvoll, wer in die Bresche springt, während sich der Staat zunehmend aus dem Ausbau erneuerbarer Energien zurückzieht: Es sind die Tech-Riesen. Denn der steigende Strombedarf, vor allem durch neue Rechenzentren und KI-Anwendungen, zwingt die Unternehmen zum Handeln. Hier wird deutlich, wo neben der Produktion erneuerbarer Energie die zentrale Stellschraube liegt, nämlich in ihrer Nutzung, Speicherung und Systemintegration.
Wie die Mag7 zu Klimaschützern werden
Laut LBBW Research haben die sogenannten Magnificent 7, also Microsoft, Amazon, Alphabet, Meta, Apple, Nvidia und Tesla, allein bis Ende 2024 rund 50 Gigawatt an Solarstromleistung installiert. Das entspricht etwa der Hälfte der gesamten PV-Leistung in Deutschland, die bei 99 Gigawatt liegt. Dabei sticht besonders Microsoft mit rund 34 Gigawatt Solarkapazität hervor, Amazon kommt auf mehr als 13 Gigawatt. Meta und Alphabet investieren ebenfalls in großem Stil in Solaranlagen und Energiespeicher. Damit entstehen neue, hochskalierte Infrastrukturkapazitäten in privater Hand, bei Unternehmen, die bis vor wenigen Jahren ausschließlich als Plattformbetreiber oder Hardwareentwickler bekannt waren.
Dass ausgerechnet technologiegetriebene Geschäftsmodelle zum Motor der Energiewende werden, mag auf den ersten Blick paradox erscheinen. Schließlich verbrauchen Rechenzentren und digitale Dienste enorme Energiemengen. Doch die Lösung liegt im System, denn durch die Digitalisierung entstehen neue Möglichkeiten, Energieflüsse effizienter zu gestalten, Prozesse smarter zu steuern und Ressourcen gezielter einzusetzen.

Stephan Wittwer, LBBW AM
Green IT: Digitalisierung als Effizienzmotor
Datenzentren sind dafür ein gutes Beispiel, denn ihr Strombedarf ist weltweit inzwischen mehr als doppelt so hoch wie der Gesamtstromverbrauch Deutschlands, Tendenz steigend. Doch mit intelligentem Lastmanagement, moderner Kühltechnik und Abwärmenutzung lässt sich der Energieeinsatz massiv optimieren. Halbleiterhersteller und Softwareentwickler liefern dafür die notwendigen Komponenten, von energieeffizienten Chips bis zu KI-gestützten Steuerungssystemen.
Auch in der Industrie 4.0 eröffnen vernetzte Prozesse neue Einsparpotenziale. Wer digitale Technologien entlang der Wertschöpfungskette einsetzt, reduziert den Materialverbrauch, spart Energie und gewinnt an Resilienz. Intelligente Maschinen und Predictive Maintenance senken nicht nur Ausfälle, sondern auch Emissionen.
Zahlungsdienste: Weniger Papier, weniger Emissionen
Ein weiterer Hebel ist die Digitalisierung von Finanzströmen. Elektronische Zahlungen ersetzen physische Transaktionen, die oft mit Verkehr, Infrastruktur und Papierverbrauch verbunden sind. Zahlungsdienstleister aus den USA, Europa und Asien zeigen, wie automatisierte Abwicklung, Blockchain-Technologien und Cloud-basierte Abrechnungssysteme nicht nur Effizienz, sondern auch CO₂-Reduktion ermöglichen.
Damit wird klar, dass sich die ESG-Relevanz von Technologieunternehmen nicht in Emissionsberichten erschöpft. Vielmehr sind sie aktive Treiber struktureller Veränderungen und haben damit zudem positive Wirkung auf viele andere Sektoren. Investitionen in solche Unternehmen wirken daher wie ein Hebel, da sie nicht nur einzelne Geschäftsmodelle stärken, sondern die Transformation ganzer Volkswirtschaften beschleunigen.
Mehr als nur Big Tech: Chancen weltweit
Auch abseits der Giganten bieten sich interessante Perspektiven. In Asien etwa punkten einige Halbleiterhersteller mit energieeffizienten Produktionsverfahren. In Europa entwickeln mittelständische Softwareunternehmen KI-basierte Optimierungslösungen für den Mittelstand. In Nordamerika entstehen neben etablierten Playern auch spezialisierte Anbieter für Netzinfrastruktur, Sensorik oder Stromspeicherung.
Diese Breite macht den Sektor gerade für Investoren spannend, die nach nachhaltigem Wachstum mit Substanz suchen. Denn technologische Innovation ist nicht nur konjunkturunabhängig, sondern durch den regulatorischen Druck rund um Klimaziele zusätzlich strukturell unterstützt.
Technologie ist Klimastrategie
Wer heute in Technologie investiert, investiert vielfach nicht gegen das Klima, sondern im Gegenteil für das Klima. Denn Digitalisierung, Software und Halbleiter sind keine Nebenschauplätze der Energiewende, sondern ihr Rückgrat. Die Investitionsoffensive der US-Tech-Konzerne im Solarsektor zeigt eindrucksvoll, wie sich der Markt neu formiert. Aus der hohen Dynamik, globalen Reichweite und dem enormen Hebel eröffnen sich Chancen für Anleger, die nicht nur in Wachstum, sondern auch in Wirkung investieren wollen.
Autor Stephan Wittwer, Portfoliomanager des LBBW Global Warming















