Exklusiv-Beitrag: Wie die betriebliche Unfallversicherung Versorgungslücken schließt

Günter Schätzle, Bereichsleiter Gruppen-Unfallversicherung bei der Ergo
Foto: Ergo
Günter Schätzle: "Die Gruppen-Unfallversicherung ist auch ein Instrument für intelligentes „Employer Branding“ als attraktive Arbeitgebermarke."

Die Zahl der Unfälle auf dem Weg zur Arbeit ist im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 14,4 Prozent gestiegen. Das geht aus vorläufigen Zahlen der Berufsgenossenschaften und der Unfallkassen hervor. Die Folgen sind nicht nur für die Betroffenen schmerzhaft. Jede Arbeitskraft, die ausfällt, macht sich im Betrieb bemerkbar. In vielen Fällen greift die gesetzliche Unfallversicherung. Warum ein erweiterter Unfallschutz dennoch sinnvoll ist. Von Günter Schätzle.

Die vorläufigen Zahlen zu Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten spiegeln die Entwicklung in der Arbeitswelt nach der Pandemie wider. Die Menschen sind wieder mobiler, die Folge sind zahlreichere Wegeunfälle. Arbeitnehmer sind verpflichtend in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, eine Sozialversicherung, die Unfälle und Berufskrankheiten abdeckt.

Sie schützt während der Arbeitszeit und auf dem direkten Weg zwischen zuhause und dem Arbeitsplatz. Doch nach wie vor gilt: die meisten Unfälle passieren während der Freizeit, wenn die gesetzliche Unfallversicherung keinen Schutz bietet.

Erweiterter Unfallschutz – privat oder durch die Firma?

Wem die gesetzliche Absicherung privat nicht ausreicht, entscheidet sich meist für eine eigene Unfallversicherung, die nicht nur Unfälle bei der Arbeit, sondern auch nach Feierabend oder im Urlaub absichert. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit einer erweiterten Unfallversicherung durch den Arbeitgeber.


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Jedes Unternehmen kann Beschäftigten eine Gruppen-Unfallversicherung anbieten, wenn es eine bestimmte Anzahl von Beschäftigten nachweist, bei der ERGO ab drei Personen. Und das schließt übrigens die Geschäftsleitung ein, die sich ebenfalls so versichern kann. Die Prämien für eine Gruppen-Unfallversicherung sind in der Regel niedriger als für individuelle Versicherungspolicen, da das Risiko auf eine Gruppe von Personen verteilt wird.

Was leistet eine Gruppen-Unfallversicherung?

Das Hauptziel dieser Versicherung besteht darin, verschiedene Unterstützungs-Leistungen im Falle von Unfällen zu bieten. Typischerweise sind das zusätzliche Leistungen für verschiedene Szenarien, wie zum Beispiel:

1. Medizinische Kosten: Diese können Kosten für ärztliche Behandlungen, Krankenhausaufenthalte, Operationen und Rehabilitationsmaßnahmen umfassen, zusätzlich auch für kosmetische Operationen.

2. Invaliditätszahlungen: Falls der Versicherte durch den Unfall dauerhaft oder vorübergehend invalide wird und dadurch sein Einkommen beeinträchtigt ist, kann die Versicherung Invaliditätszahlungen leisten, ab jedem Invaliditätsgrad.

3. Je nach Versicherung können auch Zusatzleistungen wie Krankenhaustagegeld, Unfallrenten oder Rehabilitationsservices übernommen werden. Haushalts- und Pflegeleistungen, Begleitung, Fahrdienste und psychologische Betreuung sind weitere mögliche Zusatzleistungen der Gruppen-Unfallversicherung.

Branchenspezifisch und individuell anpassbar

Während die gesetzliche Unfallversicherung einen genau festgelegten Schutz bietet, ermöglicht die Gruppen-Unfallversicherung individuelle Anpassungen in Bezug auf Deckungsumfang und Deckungsbeitragshöhen. Somit kann die Versicherung dazu verwendet werden, zusätzliche branchenspezifische Risiken individuell abzusichern.

Beispielsweise können in der Gastronomie, im Baugewerbe oder in Produktion und Fertigung bestimmte Gefahren häufiger auftreten. Im Vergleich mit der gesetzlichen Unfallversicherung dehnt die Gruppen-Unfallversicherung zudem ihren Schutz auch auf Unfälle aus, die sich außerhalb der Arbeitszeit und nicht auf dem direkten Weg zur Arbeit ereignen. Zudem bietet sie eine umfassendere Absicherung vor wirtschaftlichen Folgen eines Unfalles.

Unter dem Strich können mittels Gruppen-Unfallversicherung die Versorgungslücken in der gesetzlichen Unfallversicherung geschlossen werden.

Höhere Flexibilität erfordert bessere Absicherung

Das ist die Privatangelegenheit des Arbeitnehmers. Dieses Argument ist vor dem Hintergrund zunehmender Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Arbeitsplätzen nicht mehr so eindeutig, wie es einmal war. Zum Beispiel dann, wenn wesentliche Tätigkeiten für das Unternehmen im Homeoffice erledigt werden und berufliche und private Tätigkeiten oftmals fließend ineinander übergehen.

Denn die Corona-Pandemie hat die Berufswelt vollkommen verändert, digitalisiert und den Anteil mobiler Arbeitsplätze erhöht. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbringen inzwischen einen großen Anteil ihrer Arbeitszeit im häuslichen Umfeld oder unterwegs, zwischen dem klassischen Büro-Umfeld und dem Homeoffice. Die Berufs-Präsenzkultur ist seitdem überholt. Arbeitgeber sind nunmehr in der Pflicht, außerhalb des Unternehmens ebenfalls für die Sicherheit ihrer Mitarbeitenden zu sorgen.

Eine moderne Unfallversicherung sollte daher auch Schutz für Arbeitsunfälle zuhause bieten. Zwar deckt die gesetzliche Unfallversicherung gleichsam die Arbeitsleistung im Homeoffice ab, kurioserweise unterscheidet die Rechtsprechung aber fein säuberlich zwischen dem beruflichen und dem privaten Lebensbereich. Geht ein Mitarbeiter im Homeoffice beispielsweise während der Arbeit zur Haustür, um private Post zu empfangen und stürzt dabei, liegt kein Arbeitsunfall vor. All diese Unsicherheiten schafft eine Gruppen-Unfallversicherung aus der Welt.

Steigende Unfallgefahr durch veränderte Altersstruktur

Die Altersstruktur auf dem Arbeitsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren erheblich gewandelt. Die Erwerbsbeteiligung der 60- bis 64-Jährigen nahm so stark zu wie in keiner anderen Altersgruppe: Sie ist in den letzten zehn Jahren von 47 Prozent (2012) auf 63 Prozent (2022) gestiegen.

Aber auch jenseits des Renteneintrittsalters hat sich der Anteil der Erwerbstätigen in kurzer Zeit stark erhöht. Im Jahr 2012 arbeiteten noch 11 Prozent der 65- bis 69-Jährigen, 2022 lag der Anteil nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bei 19 Prozent. Daher müssen sich Unternehmen auch mit einer erhöhten Unfallgefahr auseinandersetzen, denn statistisch steigt das Risiko von Unfällen im fortgeschrittenen Alter.

Vor diesem Hintergrund ist die Gruppen-Unfallversicherung eine besonders sinnvolle Ergänzung von freiwilligen Sozialleistungen. Sie führt dazu, dass ältere Mitarbeiter sich geschützt und unterstützt fühlen.

Attraktivität nach innen und außen

Insgesamt kann eine Gruppen-Unfallversicherung nicht nur allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens als „Employee Benefit“ zugutekommen, sondern auch für das Unternehmen selbst entscheidende Vorteile bieten, die über aktives Unfallschutz-und Krankheits-Management der Belegschaft hinausgehen. Denn das Angebot des zusätzlichen Sicherheit-Netzes zeigt, dass ein Unternehmen das Wohlergehen seiner Angestellten wertschätzt.

Ein klares Image-Plus für Unternehmen, die eine positive Unternehmenskultur fördern möchten. Damit ist die Gruppen-Unfallversicherung auch ein Instrument für intelligentes „Employer Branding“ als attraktive Arbeitgebermarke. Top-Talente haben heute die freie Auswahl, bei welchem Unternehmen sie arbeiten wollen. Viele entscheiden sich für den Arbeitgeber, der innovative, fürsorgliche Zusatzleistungen anbietet.

Der Autor: Günter Schätzle ist Bereichsleiter Gruppen-Unfallversicherung bei der Ergo.

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