Herr Husmann, in dieser Woche läuft „Stromberg – Wieder alles wie immer“ in den Kinos an. Was hat Sie gereizt, nach über zehn Jahren noch einmal zur Figur Bernd Stromberg zurückzukehren?
Husmann: In der Pandemie hat mich Christoph Maria Herbst angerufen, weil er Impfspots als Bernd Stromberg machen wollte. Die haben wir dann als Benefizaktion für YouTube gedreht. Da stand er dann wieder mit seinem Klobrillenbart und der Glatze, und das fühlte sich sehr vertraut an. Ein paar Jahre später haben wir im Rahmen eines Comedy-Festivals hier in Köln noch einmal den ersten „Stromberg“-Film gezeigt – und das Kino war innerhalb von fünf Minuten ausverkauft. Das fand ich sehr beeindruckend, und ich habe gemerkt, dass sich unsere Zielgruppe in der Pandemie noch einmal verjüngt hat. Da kamen nicht nur Leute, die von Anfang an dabei waren, sondern auch 20-Jährige, die „Stromberg“ während Corona auf YouTube entdeckt hatten. Dadurch hat die Figur für mich wieder Relevanz bekommen, denn ich hatte den Eindruck, dass wir etwas gemacht haben, das auch heute noch funktioniert. Hinzu kam dann noch das 20-jährige Jubiläum der Serie. Also habe ich mir gedacht: Wenn wir es jetzt nicht machen – wann dann?
Die erste Staffel startete im Jahr 2004 auf ProSieben. Der Grund, weshalb Sie sich damals die Versicherungsbranche als Schauplatz für „Stromberg“ ausgesucht haben, ist relativ banal, oder?
Husmann: Ich habe damals im Mediapark in Köln gewohnt, und gegenüber von meiner Wohnung war eine Versicherung, an der ich jeden Tag vorbeigegangen bin. Ich habe immer in diese Büros geschaut – mit dem vertrockneten Ficus und zehn Jahre alten Urlaubskarten aus Sylt an der Pinnwand – und fand es erstaunlich, dass sich Menschen acht bis zehn Stunden am Tag darin aufhalten, ohne sich Gedanken darüber zu machen, in welchem Umfeld ihre Arbeit stattfindet. Dieses triste, völlig gedankenbefreite Umfeld hat dazu beigetragen, dass wir die Capitol Versicherung in „Stromberg“ auch in diese Richtung gebaut haben. Und ich mochte den Gedanken, dass jeder Mensch schon mal irgendwie mit Versicherungen zu tun hatte.
Sie haben sich dann auch die Arbeitsabläufe in einer Versicherung angeschaut. Welche Eindrücke haben Sie dabei gewonnen?
Husmann: Ich dachte, dass es vielleicht Sinn macht, mal zu gucken, was in einer Versicherung so passiert. Aber ich habe sehr schnell gemerkt, dass das gar nichts bringt, denn wenn man den Zuschauern vermitteln will, wie dort die Arbeitsabläufe sind, verschwendet man wahnsinnig viel Zeit. Eigentlich brauche ich für die Dramaturgie nur Druck: Wenn eine Figur sagt, dass sie bis morgen die „K1-Zahlen“ braucht, ist es ja völlig wurscht, was das ist und ob es die wirklich gibt. Es ist so wie bei Hitchcock: Man braucht einen „MacGuffin“, der die Handlung ins Laufen bringt. Es war also viel einfacher, das alles zu erfinden. Für mich persönlich hätte es nichts gebracht, zu wissen, wie eine Schadensregulierung wirklich arbeitet. Deswegen ist wahrscheinlich alles völlig falsch, was ich inhaltlich da reingeschrieben habe.
Herr Schoeller, die Serie hat das Bild der Versicherungswelt in Deutschland ziemlich stark geprägt – satirisch, aber doch mit realem Kern. Wie hat sich die Branche seither verändert?
Schoeller: Satire neigt natürlich zur Übertreibung, aber es gibt immer einen wahren Kern. Aus der Perspektive von 2004 erkennt man das gut. Wenn man die Übertreibung wegnimmt, bleibt viel Wahres übrig. Bernd Stromberg hat zwei wesentliche Facetten: das „Durchschlawinern“ durch seine Karriere – mal mehr, mal weniger erfolgreich – und die absolute politische Unkorrektheit. Beides hat im Rückblick durchaus einen Wiedererkennungswert. Für uns ist das nicht immer leicht, weil wir bis heute mit diesem Stigma leben.
Husmann: Wobei ich sagen muss: Die Resonanz, die ich aus der realen Arbeitswelt bekomme, ist immer: „Bei uns ist alles genauso, nur noch viel schlimmer.“ Das gilt nicht nur für Versicherungen, sondern auch für andere Branchen. Es heißt dann: „Wir haben auch so einen Chef“ oder „Bei uns gibt es auch so einen Ernie.“ Das passiert mir ganz oft. Satire übertreibt zwar meistens, aber manchmal läuft sie der Wirklichkeit auch hinterher.
Schoeller: „Stromberg“ hat die Branche aber auch zum Nachdenken gebracht. Humor wirkt wie ein Spiegel. Und wenn der Spiegel zeigt, was nicht passt, fängt man an, etwas zu ändern. Heute sind Hierarchien weitgehend verschwunden. Menschen arbeiten eigenverantwortlicher, die Welt ist aber auch komplexer und schnelllebiger geworden. Wenn hier jemand sitzt, der glaubt, er sei der Schlauste im Raum, ist er im falschen Raum. Wir setzen viel stärker auf Teams und geben ihnen die notwendigen Spielräume für eigene Entscheidungen. Arbeit ist agiler geworden, die Rahmenbedingungen haben sich fundamental verändert. Bernd Stromberg würde heute schon mit Blick auf die Geschwindigkeit untergehen – zumindest hier. Aber er wäre im Drehbuch sicher anpassungsfähig und in einer neuen Art kontraproduktiv und gleichsam überlebensfähig. Ich bin gespannt auf seine neue Rolle.
Husmann: Ich habe festgestellt, dass die Branche selbstironischer geworden ist. In den Anfängen haben wir immer mal wieder Versicherungen angesprochen, ob sie nicht Lust hätten, im werblichen Bereich mit uns zusammenzuarbeiten. Die fanden das aber total scheiße. Aber nach ungefähr zehn Jahren fingen die ersten Versicherer an, sich zu fragen, ob sie „Stromberg“ nicht für sich nutzen könnten. Sie wollten zeigen, dass sie Humor haben. Eine Versicherung hat zum Beispiel Kotztüten mit der Aufschrift „Finden Sie Ihren Chef auch so zum Kotzen?“ entworfen. Als wir jetzt den neuen Film gemacht haben, sind die Versicherer von selbst auf uns zugekommen und haben gefragt, ob wir nicht was zusammen machen wollen.















