Infinus: Rechtsanwalt Norman Wirth beantwortet Vermittler-Fragen

Seit Beginn der Ermittlungen gegen den Dresdener Finanzdienstleister Infinus hat die Berliner Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte eine Vielzahl von Anfragen von Vermittlern erhalten, die mit der Infinus-Gruppe zusammen gearbeitet haben. Wirth hat die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.

Rechtsanwalt Norman Wirth beantwortet die wichtigsten Fragen der Infinus-Vermittler.

Ist an den Vorwürfen gegen Infinus und die verhafteten Personen etwas dran?

Norman Wirth: Das wissen wir nicht. Das werden die Ermittlungen bringen. Wir halten die Unschuldsvermutung für ein hohes Gut. Die Frage an sich ist für Sie und Ihre Kunden leider derzeit auch nicht wirklich relevant. Einige Insolvenzanträge sind bereits gestellt. Konten sind eingefroren und das Geschäft ist zum erliegen gekommen. Es ist schwer vorstellbar, dass die Geschäfte wieder normal aufgenommen werden.

Ich habe gehört, das Haftungsdach hat eine eigene Vermögensschadenshaftpflichtversicherung. Greift diese für einen eventuellen Schaden meiner Kunden?

Norman Wirth: Richtig ist, dass die Infinus Finanzdienstleistungsinstitut (blaue Infinus) – also das Haftungsdach – nach eigenen Angaben überobligatorisch eine Vermögensschadensversicherung hat. Der Gesetzgeber hat derartiges nicht vorgesehen. Insofern ist es keine Pflichtversicherung und Kunden haben auch keinen direkten Anspruch gegen diese Versicherung (anders als es zum Beispiel bei der Kfz-Haftpflichtversicherung der Fall wäre).

Ebenfalls besteht eine überobligatorische Vermögensschadensversicherung für die Tied Agents, also die dem Haftungsdach angeschlossenen Vermittler. Hierauf hatte die Infinus stets selbst hingewiesen. Versicherungsnehmer ist nach diesseitiger Kenntnis jeweils die blaue Infinus.

Inwieweit die Versicherungen für einen eventuellen Schaden der Kunden einzustehen haben, ist derzeit noch völlig offen. Dies hängt davon ab, ob der Leistungsfall im Sinne der Versicherungsbedingungen vorliegt. Hier wird sicherlich eine Einzelfallprüfung vorgenommen werden. Zudem haben solche Versicherungen in der Regel eine Versicherungssumme, die im Vergleich zu der derzeit ständig kolportierten Schadenshöhe eher äußerst gering ist. Wir gehen von einer Gesamtversicherungssumme für beide Versicherungen von maximal 10 Millionen Euro aus. Achtung: Das ist lediglich unsere eigene Schätzung.

An wen leite ich Schadenersatzforderungen der Anleger gegen mich weiter: An das Haftungsdach? ist es vielleicht besser, diese direkt dem Versicherer anzuzeigen?

Norman Wirth: Das Haftungsdach ist der richtige Ansprechpartner. Sollte auch die blaue Infinus Insolvenz anmelden, wäre dann der Insolvenzverwalter der richtige Ansprechpartner. Wenig Sinn macht es sicherlich, sich direkt an die Versicherung oder den zuständigen Makler zu wenden.

Kann ich mir ein neues Haftungsdach suchen?

Norman Wirth: Solange Sie im Register der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als vertraglich gebundenen Vermittler der Infinus stehen, wird Sie kein anderes Haftungsdach aufnehmen.

Wie komme ich dort raus?

Norman Wirth: Das kann derzeit nur die Infinus veranlassen. Wobei nach unserer Kenntnis ein solcher Fall konkret noch nicht vorlag. Wir würden die BaFin unmittelbar in der Pflicht sehen, wenn Sie Ihre Anbindung an die Infinus wegen der aktuellen Geschehnisse fristlos kündigen und die blaue Infinus Ihre Löschung im Register nicht kurzfristig in die Wege leitet.

Kann ich einen 34f GewO beantragen und dann insofern ungebunden tätig sein?

Norman Wirth: Sie bekommen den 34f GewO in der Regel nicht, solange Sie im Register der BaFin als vertraglich gebundenen Vermittler der Infinus stehen. Jedenfalls wäre er maximal für die „Schublade“. Eine Eintragung in das Finanzanlagenvermittlerregister, welches vom DIHK geführt wird, erfolgt erst, wenn Sie nicht mehr im BaFin-Register stehen. Insofern verweisen auf unsere Antwort zur vorhergehenden Frage.

Habe ich als gebundener Vermittler der blauen Infinus überhaupt etwas zu befürchten? Schließlich heißt es doch “Haftungsdach”?

Norman Wirth: Richtiger Gedanke. Wenn Sie die Vorgaben des Haftungsdachs in Bezug auf Visitenkarten, Dokumentation und sonstigen Außenauftritts korrekt befolgt haben, dürfte die Gefahr sehr gering sein. Das schließt nicht aus, dass gelegentlich Kunden beziehungsweise deren Anwälte versuchen werden, auch Sie (oder nur Sie) in die Haftung zu bekommen.

Da spricht dann aber eher für Unkenntnis der konkreten Umstände und Sie können dem in der Regel gelassen entgegen sehen. Aus unserer Erfahrung in solchen Fällen wissen wir, dass – sollte es ernst werden – bei entsprechend fachkundiger Prozessführung in der Regel der Vermittler das Ganze unbeschadet übersteht.

Wir lesen unter anderem aktuell in einem Onlineartikel: „Laut Rechtsanwalt XY können sich die Vermittler durch das sogenannte Haftungsdach, mit dem Infinus die Vermittler ursprünglich geworben hatte, jedenfalls nicht pauschal ihrer Verantwortung entziehen. „Es ist seit Langem gefestigte Rechtsprechung des BGH, dass Vermittler die von ihnen empfohlene Anlage selbst detailliert überprüfen müssen und sie kein Haftungsdach von dieser Pflicht befreien kann. Verletzt der Anlagevermittler in diesem Zusammenhang seine Aufklärungspflicht, macht er sich gegenüber dem Anleger schadensersatzpflichtig und hat dem Anleger die Zeichnungssumme zuzüglich Agio und Zinsen inklusive der Prozesskosten zu erstatten.“, so Rechtsanwalt XY.“ und „Eile ist geboten, betont Rechtsanwalt XY“.

Diese Aussagen sind so nicht richtig und dienen ganz offensichtlich einzig dazu, Mandanten zu finden. Ob diese dann in einen aussichtsreichen Prozess geführt werden oder nur nochmals gutes Geld dem schon gefährdeten Geld hinterher werfen, scheint hier keine Rolle zu spielen.

 

Seite zwei: Brauche ich einen Anwalt?

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