Investoren warnen vor KI-getriebener Blase in der humanoiden Robotik

Foto: SmarterPix/phonlamai
Der Robotik-Hype birgt auch finanzielle Risiken.

Der Boom rund um Künstliche Intelligenz treibt immer mehr Investitionen in die humanoide Robotik. Doch Investoren warnen vor überzogenen Erwartungen, hohen Kosten und fehlender Marktreife. Ein Bericht von CB Insights zeigt, warum eine Rückbesinnung auf belastbare Geschäftsmodelle notwendig ist – und weshalb nicht jede Form von Robotik gleichermaßen betroffen ist.

Der KI-Sektor zieht weiterhin den Großteil des weltweiten Venture-Capital-Kapitals an. Aktuelle Reports von KPMG und PitchBook zeigen, dass mehr als die Hälfte aller Investitionen in diesem Jahr in KI-nahe Geschäftsmodelle geflossen ist. Innerhalb dieses Marktes richtet sich der Fokus der Investoren zunehmend auf die industrielle humanoide Robotik.

Daten von CB Insights verdeutlichen diese Verschiebung. Im vergangenen Quartal entfielen siebzehn Finanzierungsrunden auf industrielle humanoide Robotik – mehr als auf jede andere einzelne KI-Kategorie. Andere KI-Felder wie Coding-Agenten, Copiloten oder End-to-End-Softwareentwicklungsagenten verzeichneten zwar ebenfalls zahlreiche Deals, blieben jedoch dahinter zurück.

Mit dem wachsenden Kapitalzufluss mehren sich jedoch auch die Warnungen. Investoren argumentieren, dass der aktuelle KI-Hype die humanoide Robotik in eine spekulative Zone treibt. Viele Start-ups versprechen technologische Durchbrüche, ohne bereits belastbare kommerzielle Nachweise liefern zu können.


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Sorge vor spekulativer Überhitzung

Die Bedenken beschränken sich nicht auf westliche Märkte. Führende chinesische wirtschaftspolitische Planungsinstitutionen warnten jüngst, die humanoide Robotikindustrie müsse „das Tempo gegen die Risiken von Blasen abwägen“, wie Bloomberg berichtete. Auch hier wächst die Sorge, dass Erwartungen schneller steigen als die tatsächliche Marktreife.

Getrieben wird der Investorenappetit vor allem durch den Fortschritt in der Künstlichen Intelligenz. KI verleiht humanoiden Robotern erstmals ein kommerzielles Potenzial, das lange Zeit als unrealistisch galt. Gleichzeitig erhöht sie jedoch auch die Erwartungen an Leistungsfähigkeit und Skalierbarkeit.

Parallelen zur Dotcom-Blase sieht auch Daiva Rakauskaitė, Partnerin und Managerin von Aneli Capital, das einen 35-Millionen-Euro-Fonds für Early-Stage-Start-ups in Mittel- und Osteuropa verwaltet. Sie rechnet damit, dass sich die aktuelle KI-Euphorie innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre deutlich abkühlen könnte.

Humanoide versus klassische Robotik

„Viele KI-Start-ups, die noch keine Umsätze erzielen können, werden scheitern, darüber besteht inzwischen ein breiter Konsens im Markt. Während in der humanoiden Robotik die gleichen Risiken bestehen, neigen viele Investoren dazu, dies zu übersehen“, sagt Rakauskaitė. Zugleich mahnt sie zu einer klaren Differenzierung innerhalb des Robotikmarktes.

Industrie- und Logistikroboter generieren ihrer Einschätzung nach bereits heute Umsätze und liefern messbare Ergebnisse. Humanoide Roboter hingegen hätten ihren kommerziellen Wert bislang nicht überzeugend unter Beweis gestellt. Zwar demonstrieren Unternehmen weltweit Prototypen, die laufen, greifen oder kämpfen können, doch praktische Einsatzmöglichkeiten bleiben begrenzt.

Auch im industriellen Umfeld stoßen humanoide Roboter an Grenzen. Laut CB Insights kämpfen die Unternehmen insbesondere mit Herausforderungen bei Echtzeitentscheidungen, Feinmotorik, Zuverlässigkeit und Kosten. Diese Faktoren beschränken den Einsatz derzeit auf stark standardisierte Umgebungen wie Fabriken oder Lagerhallen mit klar definierten Abläufen.

Forderung nach einer Revenue-first-Strategie

Vor diesem Hintergrund plädiert Rakauskaitė für mehr Disziplin auf Investorenseite. Gerade in einem von Hype getriebenen Markt sollten Venture-Capital-Geber die wirtschaftlichen Grundlagen nicht aus den Augen verlieren und eine konsequente „Revenue-first“-Philosophie verfolgen.

„Investitionen in Robotik und KI sind entscheidend für die zukünftige Entwicklung der Menschheit. Aber Investoren sollten diszipliniert bleiben und Unternehmen unterstützen, die realistische, auf wirtschaftlichen Grundlagen basierende Ziele verfolgen – und nicht auf Hype“, sagt Rakauskaitė. Start-ups sollten frühzeitig auf Einnahmequellen durch Lizenzen und Partnerschaften setzen und ein klares Monetarisierungsmodell für die nahe Zukunft vorweisen.

Trotz der Warnsignale in der humanoiden Robotik zeigt sich Rakauskaitė für den breiteren Robotiksektor optimistisch. Sinkende Hardwarekosten und schnelle Fortschritte in der KI beschleunigten dort den realen Einsatz. Besonders Mittel- und Osteuropa sieht sie gut positioniert: Die Nähe zu Deutschland als größtem Markt für industrielle Robotik in Europa biete strategische Vorteile für die Skalierung, ergänzt durch bislang wenig sichtbares technisches Talent in der Region.

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